Mammolshain (as) – Der 28. Mai 1950 war ein besonderer Tag in der Geschichte Mammolshains. Der damalige katholische Pfarrer Bernhard Bendel (1908–1980) gründete an jenem Pfingstsonntag in der Kirche St. Michael die Gemeinschaft der Heilig-Geist-Schwestern. Es geschah auf Auftrag des damaligen Limburger Bischofs Wilhelm Kempf an Bendel, um auf diese Weise Schwestern für kirchliche Aufgaben und Arbeiten zu gewinnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste das Gemeindeleben vielfach erst wieder aufgebaut werden. Bendel habe die Namenswahl damit begründet, weil die Menschen – gerade in dunklen Zeiten – unerschütterlich an den Geist Gottes glauben können. Es war den Aufzeichnungen nach eine eher ruhige Gründung, die aber über die Jahrzehnte eine beinahe weltumspannende und auch vom Vatikan anerkannte apostolische Glaubens- und Lebensgemeinschaft im Orden Opus Spiritus Sancti (Werk des Heiligen Geistes) ermöglichen sollte. Pfarrer Bendel legte auch dafür den Grundstein: Er war selbst missionarisch tätig und entsandte Schwestern nach Rauya in Tansania und in die USA.
75 Jahre später, am 9. Juni 2025, ist die „halbe Welt“ zu Gast am Mutterhaus der Schwestergemeinschaft, um diesen Jahrestag zu feiern. Rund 150 Schwestern aus Afrika, Nordamerika, aus Indien sowie aus weiteren deutschen Diözesen sind gekommen, zudem Priester der sogenannten römisch-katholischen „Weltkirche“, die wichtigsten Vertreter des Bistums und der Pfarrei Maria Himmelfahrt sowie noch einmal so viele geladene Gäste. Sie alle erlebten ein Fest und einen Gottesdienst, der sich so viel lebendiger abspielte als bei normalen deutschen Kirchenfesten – mit Tanz, Bewegung, Gesang, auch Jubel und Klatschen, ohne die gerade bei den Schwestern gelebte Spiritualität und die Liturgie zu vernachlässigen.
Da störte es in keiner Weise, dass Pfingsten in diesem Jahr etwas später liegt und man auf den zweiten Feiertag, auf den Pfingstmontag ausgewichen ist. So war es auch möglich, dass der amtierende Bischof des Bistums Limburg, Dr. Georg Bätzing, der am Sonntag die Pfingstpredigt natürlich im Dom zu Limburg hielt, den Heilig-Geist-Schwestern erstmals einen persönlichen Besuch abstatten konnte. Der Bischof hatte mannigfache ehrenvolle Aufgaben an diesem späten Vormittag – von mehreren Segnungen, über die Pflanzung eines Kirschbaums bis hin zur Leitung des Festgottesdienstes mit heiliger Kommunion für alle Gäste. „Was für ein Wunder des Heiligen Geistes ist es – von Mammolshain ausgegangen kommt nach 75 Jahren die Frucht zurück nach Mammolshain“, sagte Georg Bätzing im Gottesdienst mit Blick auf die vielen und kulturell so unterschiedlich verorteten Vertreter der Weltkirche. Und ergänzte: „Ich bin vom ganzen Herzen froh, heute hier zu Gast sein zu dürfen.“
Dass das beschauliche Mammolshain solcheGäste aus der ganzen Welt begrüßen darf, ist durchaus nichts Neues. Neben dem Gästehaus und dem Wohnhaus der Schwestern sowie dem alten Pfarrerhaus auf dem Areal waren die internationalen Gäste auch privat bei Mammolshainer Familien untergebracht.
Auch das 50. und 60. Jubiläum der Schwesterngemeinschaft wurden groß gefeiert, erinnerte Hans-Dieter Hartwich, vor allem die 825-Jahr-Feier 2016. „Aber das heute ist schon ein ganz besonderes Ereignis und der Besuch des Bischofs eine große Wertschätzung“, so der Ortsvorsteher. Dass es dazu kommen konnte, ist einem Gemeinschaftswerk der Mammolshainer zu verdanken. Den Parkplatz unter dem Schwesternhaus hatte Johannes Schießer mit seiner Gartenbaufirma im Winter so erweitert, dass ein 25 x 10 Meter großes Zelt aufgestellt werden konnte, um den am Ende sicher 350 Gästen wenigstens im Ansatz genügend Sitzmöglichkeiten für den Gottesdienst und das anschließende Mittagessen zu bieten.
Federführend beim Aufbau war Florian Hedwig, fünf Stunden packte er mit rund 15 Mann von der Kolpingfamilie und Familie Schießer, die gemeinsam für die Logistik des gesamten Festes verantwortlich zeichnete, an, um den Holzboden zu verlegen, das Zelt zu stellen und ein Dach darauf zu setzen, damit es über das Wochenende von den Schwestern so festlich ausgeschmückt werden konnte, wie es sich am Montag präsentierte. Auch die Mammolshainer Kerbeborsch halfen mit, ehe sie beim Fest selbst als Grillmeister eingespannt waren. 300 Steaks, 200 Würste und 100 Hähnchenschenkel gingen über den heißen Rost, dazu gab es Salate und für hinterher Kuchen, die von den Schwestern und aus der Gemeinde beigesteuert wurden. Das Essen reichte, auch wenn eher 350 als die geladenen 250 Gäste verköstigt werden mussten. Die Gemeinde lebt doch noch“, sagte Johannes Schießer mit einem Augenzwinkern, aber auch mit ernstem Hintergrund ob der Situation, dass der Erhalt der Kirche St. Michael mittelfristig zur Disposition stehen könnte. Die Vertreter des Bistums, an erster Stelle der Bischof, konnte sich am Pfingstmontag jedenfalls aus nächster Nähe davon überzeugen, dass Mammolshain ein erhaltenswürdiger Kirchort ist.
Der Festgottesdienst
Den Beginn des offiziellen Programms am Sonntag bildete die Segnung der Fahnen jener Länder, in denen die Heilig-Geist-Schwestern tätig sind sowie der des Vatikans durch Bischof Bätzing, in der Hoffnung, „dass das Werk niemals ein Ende fände“. Danach führte die Prozession begleitet von Gesängen, Trommeln und Rasseln der Schwestern einmal um das Haupthaus herum ins Festzelt. Zu sehen war auf großen Bannern auf dem Weg zum Zelt auch und an dessen Wänden selbst eine Fotoausstellung über die Tätigkeitsbereiche der Schwestern in der ganzen Welt – von Tätigkeiten als Krankenschwestern, als Seelsorgerinnen, in der Altenfürsorge, über die Betreuung in Kinderheimen bis hin zu nachhaltigen Umweltprojekten wie etwa den „100.000 Bäumen am Kilimandscharo“.
Den Gottesdienst eröffnete Schwester Theresia Taimo, die internationale Leiterin der Schwesterngemeinschaft und auch „Oberin“ des Mutterhauses mit einem Dank an alle Gästen, insbesondere den Bischof. „Alle die gekommen sind, lasset uns Jesus Christus loben“, sagte Schwester Teresia, ehe sie in einem kurzen Rückblick die wichtigsten Missionen der Heilig-Geist-Schwestern nachzeichnete. Aktuell haben sich 543 Schwestern weltweit in 32 Diözesen der Gemeinschaft angeschlossen. Während Afrika mit heute rund 300 Schwestern in Tansania, Kenia und Malawi und das weitestgehend hinduistische Indien einen guten Nährboden boten, musste sich die Gemeinschaft von den Philippinen aber auch wieder zurückziehen. Das Mutterhaus in Mammolshain sei dabei „die Klammer, die alles zusammenhält“.
Pfarrer Stefan Peter von der heimischen Pfarrei Maria Himmelfahrt betonte das „pfingstliche Ereignis“, schließlich stehen die Schwestern für eine vom Heiligen Geist erfüllte Welt. Die Bedeutung von Pfingsten im Zusammenhang mit Kriegen, Ungerechtigkeit, Ausbeutung und dem Verbrauch der natürlichen Ressourcen auf unserem Planeten stellte der Bischof in den Mittelpunkt seiner Predigt. Er forderte auf zu „einer neuen Gemeinschaft, einem geschwisterlichen Glaubensweg, um in gemeinsamer Verantwortung die Schöpfung für künftige Generationen zu bewahren“.
Auch auf die noch von Papst Franziskus ausgerufene Synodalität nahm Bätzing Bezug. Der Heilige Geist sei ein „Protagonist dieses Prozesses“. Der Weg zum Menschen sei immer „ein Zusammenspiel aus dem Besten, das der Menschen geben kann und dem Besten, was Gott geben kann. Der Heilige Geist und wir zusammen können der Erde ein neues Gesicht geben“. Die erneute Aussendung dieses Geistes Gottes, sei sein Wunsch in einer Zeit, in der die Menschen in der Geschwindigkeit des Wandels verloren wirkten.
Nach Fürbitten und dem Abendmahl ging es mit dem Festmahl weiter. Anschließend führte Schwester Theresia noch in die Plakatausstellung ein und es gab die Glückwünsche der Festredner, unter ihnen Bürgermeisterin Beatrice Schenk-Motzko und der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates Walter Schäfer.
Interessantes zur Geschichte der Heilig-Geist-Schwestern förderte auch noch Wolfgang Buckel, Vorsitzender der Kolpingfamilie, zu Tage: Der erste katholische Kindergarten befand sich in der 50er Jahren noch im Schwesternhaus und dessen erste Leiterin war Schwester Marianne Prein. Schwester Hildegard Graf war später als Religionslehrerin vielen Mammolshainern vertraut. Das zeigte, wie sehr die Schwesterngemeinschaft von Beginn an ins öffentliche Leben des Ortes eingebunden war. Es entstanden die Partnerschaften zwischen Kolping und St. Michael mit den Gemeinden, in die die Heilig-Geist-Schwestern entsandt wurden. Später kamen Schwestern aus Afrika und Indien nach Mammolshain, damit erlebte der Ort „Internationalität und eine bunte Vielfalt“, erinnert sich Wolfgang Buckel. Das sei damals – vor rund 60 Jahren – schon „etwas Besonderes“ gewesen. Und ja, etwas Besonderes sind die Schwestern auch heute noch!