Zeitzeuge berichtet über einen Alltag ohne Meinungsfreiheit in der DDR

Königstein (pit) – Als Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (StU) ist Roland Jahn ein wichtiger Zeitzeuge, der den 9. Klassen des Taunusgymnasiums hautnah schilderte, wie der Alltag in der DDR ausgesehen hat, als es das Ministerium für Staatssicherheit bzw. die „Stasi“ noch gegeben hat, die die Aufgabe eines Geheimdienstes hatte. Roland Jahn erläuterte anknüpfend an den Schwerpunkt seines Vortrages außerdem für die Schüler, wie eine Diktatur funktioniert.

„Viele wissen heute gar nicht mehr so genau, wie das damals war“, setzte Roland Jahn an und hinterfragte in diesem Zusammenhang auch gleich, was er selbst als Heranwachsender über Begriffe wie das „Dritte Reich“ wusste. Der Vergangenheit auf der Spur zu bleiben bedeutet auch, Eltern richtig zu befragen und da können Fragen wie, „Warum war der Opa in der NSDAP?“ der Aufklärung dienen.

„Vor wem habe ich warum Angst?“, „Wann sage ich meine Meinung?“ und „Wann halte ich meinen Mund?“ Auch dies sind wichtige, zum Teil hoch politische Fragen, mit denen sich Roland Jahn im Laufe seines Lebens konfrontiert sah. „Das waren Fragen, die Folgen für das ganze Leben hatten“, weiß Jahn heute, der daraus sehr viel fürs eigene Leben mitgenommen und gelernt hat.

In Zusammenhang mit seiner Studienzeit ist ihm besonders im Gedächtnis hängen geblieben, dass einem eingebleut wurde, „die Partei“ habe immer Recht. Jahn: „Wer von deren Leitlinien abwich, bekam Probleme.“ So habe er die Konsequenz daraus am eigenen Leib erfahren, als er sich für einen Liedermacher eingesetzt habe, der nach einem Konzert im Westen nicht mehr in seine Heimat zurückkehren durfte. „Das fand ich ungerecht, denn auch wenn seine Texte nicht jedermanns Sache waren, so war er ja Kommunist.“ Diese Meinung habe er kundgetan und sei innerhalb kürzester Zeit exmatrikuliert worden, so Jahn. Eine Entscheidung, die seine Seminargruppe, noch einmal zu einer Abstimmung aufgefordert, mit 13:1 bestätigt habe. Eine Gruppe, von der Jahn bis zu diesem Moment gedacht habe, sie würde stets zusammenhalten. Doch ein gewisses Verständnis konnte Jahn ebenfalls aufbringen: „Jeder hatte seine Gründe, sich gegen mich zu entscheiden“, sagt er. Er selbst wisse nicht, wie er in so einer Situation gehandelt hätte. Doch vorgelebt worden sei ein solches Verhalten auch in der Familie. Meistens hätten die Eltern nicht gewagt zu sagen, da mach ich nicht mit. Wichtig sei es daher heute zu überlegen, wie Wiederholungen all solcher Vorkommnisse vermeidbar werden.

Interessiert verfolgten die Schüler des Taunusgymnasiums den Schilderungen von Roland Jahn und hinterfragten diese auch an den für sie relevanten Stellen. Zum Beispiel wollten einige von ihnen wissen, was aus dem Liedermacher geworden ist. „Dem ist nichts passiert, er hat sein Studium abgeschlossen“, sagte Jahn und betonte, dass Willkür und Scheindemokratie ein solches System ausmachten.

Besonders bitter erscheint der weitere Rückblick auf das Leben von Roland Jahn, der selbst außer Landes gebracht wurde. „Mit diesem Extrem der Ausbürgerung wurde mir meine Selbstbestimmung genommen“, sagt er. Denn auch wenn für viele der Weg in den Westen mit Freiheit gleichzusetzen gewesen sei, so habe er lediglich Schmerz dabei empfunden. Der Preis für Nichtanpassung sei somit sehr hoch gewesen. Einer seiner Freunde habe diesen sogar mit seinem Leben bezahlen müssen, erinnert sich der Zeitzeuge. Besagter Freund sei ursprünglich wegen eines absoluten Missverständnisses ins Visier der Stasi geraten. „Ein Spitzel hat einen Bericht über ihn gemacht und er wurde in der Untersuchungshaft derart in die Mangel genommen und kaputt gespielt, dass er nach 48 Stunden mit 23 Jahren tot war“, führte der Gast den Schülern die ganze Tragweite eines solchen Regimes vor Augen.

Roland Jahn gab den Taunusschülern als Zeitzeuge Einblick in das Leben eines Bürgers zu Zeiten der DDR.

Foto: Pfeifer



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