Blick zurück in die Zeit – Geschichte von Mammolshain als Film

Thilo Maier, Katja Metz, Ingrid Reimer und Bernd Hartmann vom Vorstand des Heimatvereins Mammolshain freuten sich auf einen Nachmittag voller wertvoller Erinnerungen.

Foto: Scholl

Mammolshain (gs) – Wer an diesem Sonntag das Heimatmuseum in der Dorfstube Mammolshain besuchte, befand sich in guter Gesellschaft. Es wirkte, als wäre der halbe Ort auf den Beinen, um sich an diesem Tag im Dorfgemeinschaftshaus zu treffen und natürlich gab es einen guten Grund dazu. Zum einen präsentierte der Heimatverein eine kurzweilige wie auch interessante Wechselausstellung von Alltags- und Gebrauchsgegenständen aus der „alten Zeit“. Viele der Besucher, die an diesem Nachmittag den Weg ins Heimatmuseum fanden, kannten die nützlichen Helferlein im Alltag entweder noch aus eigener Erfahrung oder hatten sie „bei der Oma“ schon gesehen. Zu bewundern gab es unter anderem ein Service aus Sammeltassen, die, wie Bernd Hartmann berichtete, früher einzeln als Geschenk überreicht wurden. Verschiedene Kaffeemühlen waren ebenso ausgestellt wie ein seltenes Exemplar des früheren Haushaltshelfers namens „Frauenstolz“, mit dessen Hilfe die engagierte Hausfrau früher angebrochene Weckgläser (passenderweise der Marke „Frauenlob“) wieder luftdicht verschließen konnte. Neben eisernen Bügeleisen, die durchweg kabellos daher kamen, fand sich auch eine alte Waage, die nicht digital, sondern zur Verwunderung der Kinder tatsächlich mit zwei Waagschalen und Gewichten auch heute noch zum Abwiegen taugt. Von den Anwesenden liebevoll „Omas i-pad“ genannt, fand sich unter den Fundstücken der Mammolshainer Bürger auch eine metallene Einkaufsliste mit dem schönen Namen „Was im Haushalt fehlt“, auf der mittels Schiebern alles vermerkt wurde, was eben gerade aufgebraucht war. Eingebettet wurden die geschichtsträchtigen Haushaltsfundstücke in die Dauerausstellung des Mammolshainer Dorfmuseums, die sehr liebevoll und gründlich recherchiert ihren Platz in der Dorfstube gefunden hat.

Jeder Ortsverein hat eine eigene Schublade, die Wäsche einen eigenen restaurierten Schrank und auch die Einrichtung des alten Bürgermeister- und Trauzimmers hat hier ihren Platz gefunden. Stand noch eben das Heimatmuseum im Zentrum des Besucherinteresses, so verlagerte sich dasselbe plötzlich in den unteren Saal, denn hier warteten nun alle Anwesenden mit großer Ungeduld auf das ortsgeschichtliche Highlight dieses Tages. Ulrike Elzenheimer hatte es möglich gemacht, dass zwei Filme, die das Mammolshainer „Urgestein“ Berthold Elzenheimer 1972 mit seiner Schmalfilmkamera im Ort gedreht hatte, digitalisiert und damit für die Nachwelt erhalten werden konnten.

Mit Spannung warteten die Anwesenden in dem voll besetzten Saal auf den Filmstart, hofften doch viele, dass bekannte Gesichter in dem Film zu sehen sein würden. Um es vorwegzunehmen – sie wurden nicht enttäuscht. Der erste Film – es folgte noch ein lustiger Episodenfilm namens „Lachparade“ – nahm die Zuschauer mit auf eine Zeitreise in die frühen siebziger Jahre. Gut zu erkennen (und viel kommentiert) an den Autos (interessierte die Männer), der Bekleidung (interessierte die Frauen) und den Frisuren (darüber lächelten alle). Der Film gab einen Blick auf das Dorf frei, den so wohl auch nur wenige Mammolshainer jemals so wahrgenommen hatten. Beginnend mit einem filmischen Schwenk über die Landschaft und das Dorf selbst ermöglichte er auch einen interessanten Einblick in den Ort, seine Straßen, Gassen und Häuserzeilen. Elzenheimer erzählte und kommentierte in seinem Film die Geschichten einzelner Höfe und Häuser, die heute teilweise gar nicht mehr vorhanden sind. Er berichtete über die Kronthaler Quellen ebenso wie über den Abbau und die Bedeutung des Taunusschiefers. Handwerker und Gasthöfe wurden von ihm vorgestellt und einige Besucher bemerkten mit leichter Traurigkeit, dass vieles, was Elzenheimer beschrieb, heute nicht mehr vorhanden ist. Er porträtierte das Dorfleben auf eine ganz freundliche und persönliche Art, so dass der Zuschauer sich direkt angesprochen fühlte. Somit ist dieser Film nicht nur eine kurzweilige Erinnerung an vergangene Zeiten, sondern auch ein Zeitdokument, das viele Mammolshainer mit Freude, aber auch mit Wehmut erfüllte. Elzenheimer hatte aber, in seiner Eigenschaft als „Urgestein“ des Ortes auch die Möglichkeit, einzelne Personen zu porträtieren und so mancher, den er bei seinem Tagwerk filmte, hobt bei der Arbeit zuprostend seine Bierflasche, um ihn, den Filmer, zu begrüßen. Er beobachtete die Menschen im Alltag und nichts hielt ihn davon ab, die Damen in Kittelschürzen beim „Dorfschwätzchen“ zu belauschen. Zeigte Berthold Elzenheimer zu Beginn seines Filmes den Blick auf den Ort, so beendet er ihn mit einem Blick aus dem Ort heraus auf die Tiefebene. Dieser wunderschöne und einzigartige Blick auf Frankfurt und sein Umland war es wohl auch, der ihn dazu veranlasste, das Ganze mit der Musik „Kein schöner Land“ von Heino zu untermalen.

Sollte nun dem einen oder anderen etwas schwer ums Herz geworden sein, so munterte ihn der zweite Film mit dem Titel „Lachparade“ sicher wieder auf. Mit diesem lustigen Film ist Elzenheimer ebenfalls ein kulturhistorischer Wurf gelungen. Hatte er es doch geschafft, die Mammolshainer Bürger dazu zu überreden, vor seiner Kamera lustige Witze zu erzählen oder gar ganze Sketche aufzuführen. Als Kulisse dienten die Straßen von Mammolshain, die Wohnungen der Darsteller, der Dorfladen oder auch eine Arztpraxis. Nicht nur die gespielten Witze haben die Zuschauer begeistert, sondern in erster Linie die Darsteller. Viele Anwesende konnten sich köstlich über die schauspielerischen Qualitäten ihrer lieben Verwandten amüsieren. Wenn Onkel, Tante oder gar die Eltern vor der Kamera (teils schlüpfrige) Witze erzählten, blieb im Saal kein Auge trocken.

Viele der Witze werden auch heute noch erzählt und somit hat das Ganze zwar Lokalkolorit, aber von seiner Aktualität nichts eingebüßt. Schon der Blick in die Wohnungen der Darsteller, mit groß gemusterten Tapeten, grünen und orangebraunen Vorhängen und den in den 70er-Jahren obligatorischen Eichentischen war den Besuch des Filmes wert. Mit der Aufführung dieses lokalhistorischen Kleinodes hat der Heimatverein Mammolshain seinen Mitbürgern einen wunderbaren Nachmittag beschert, der allen Besuchern sichtlich gefallen hat.



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