1. Branchentreffen „Gastgeber“ – viele gute Ideen für eine interessante StadtHatten ein offenes Ohr für die Belange der Königsteiner Gastgeber: Bürgermeister Leonhard Helm, Jörg Hormann, Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung und Christian Bandy, Kur- u

Königstein
(gs) – Es sind nicht die rosigsten Aussichten, die sich der Beherbergungs- und Veranstaltungsbranche aktuell eröffnen. Schon in seinen Eröffnungsworten wies Bürgermeister Leonhard Helm auf die schwierige wirtschaftliche Gesamtsituation der Stadt Königstein hin, jedoch nicht, ohne den anwesenden Vertretern aus dem Wirtschaftszweig „Gastgeber und Hotellerie“ auch ein wenig Mut für die Zukunft zu machen. Die nächsten Monate, so Helm, werden weiterhin schwierig werden, größere Lockerungen im Alltag wären von politischer Seite nicht in Sicht und man müsse abwarten, wann es „wieder losgehen“ könne. Auch der Stadt wären in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden, was sie aber nicht davon abhalte, die Gewerbetreibenden der Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen. Ein Baustein dieser angestrebten Zusammenarbeit zwischen Gewerbe und Stadt Königstein war das „1. Branchentreffen Hotellerie & Gastgeber“, das auf Initiative von Jörg Hormann, Leiter des Fachbereichs Stadtmarketing, Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftsförderung und Touristik, am vergangenen Mittwoch stattfand.

Die Stadt sei bemüht, so Hormann, mit allen Gewerbetreibenden in einen konstruktiven Dialog zu treten, um gemeinsam Vorschläge und Lösungen zu erarbeiten, die spätestens im Anschluss an die Pandemie beim „Neustart“ umgesetzt werden sollen. Eine sehr vorausschauende Vorgehensweise, die leider noch nicht die wünschenswerte Resonanz bei den Königsteiner „Gastgebern“ fand – lediglich 15% der Betriebe waren beim Branchentreffen vertreten, was angesichts der zukünftigen Herausforderungen auf dem Gebiet der Touristik und des Stadtmarketings mehr als unverständlich war. Diejenigen jedoch, die an dem Treffen teilnahmen, brachten sich mit vielfältigen und teils erfrischenden Ideen in die spätere Diskussion ein und trugen so zur angestrebten Umsetzung eines Zusammenwirkens von Stadt und (Gast-)Gewerbe nicht unerheblich bei.

Den Zahlen ein Gesicht geben

Zur Sachstandsklärung bezüglich der aktuellen Situation in Gastgewerbe und Tourismus hatte die Stadt Lars Bengsch, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts dwif e.V., gewinnen können, der die „nackten Zahlen“ einmal auf den Tisch legte und den dramatischen Auswirkungen der Pandemie auf den Tourismus damit ein Gesicht gab.

Die massiven Einbrüche beim Tourismus schlügen deutschlandweit mit Milliardenverlusten zu Buche, wobei Bengsch den Umsatzausfall der deutschen Tourismusbranche mit ca. 68,7 Mrd. Euro bezifferte. Dabei entfalle jeweils die Hälfte auf den Übernachtungs- bzw. den Tagestourismus. Insgesamt sei, so Bengsch, eine Strukturumkehr zu beobachten – weg vom Städtetourismus und hin zum „Natur“-Tourismus. Während sich die Gesamtzahlen bei den Übernachtungen für Gesamtdeutschland wieder auf dem Niveau von 1992 befänden (-39%), habe Hessen mit der Metropolregion Rhein-Main überdurchschnittlich viele Übernachtungsgäste (-48%) verloren, während Königstein „lediglich“ Verluste bei den Übernachtungsgästen in Höhe von ca. 29% zu verzeichnen habe. Die Stadt komme vergleichsweise glimpflich davon, weil auch die Übernachtungen bei Klinik- und Kuraufenthalten in den Zahlen enthalten seien.

Weniger „gebeutelt“ seien Betreiber von Campingplätzen (-5%) oder auch die Vermieter von Ferienwohnungen (- 18%), besonders schlimm träfe es die Anbieter von Gruppenunterkünften (-60%), zu denen z.B. auch Jugendherbergen zählten.

Mit den ausbleibenden Übernachtungsgästen verliere auch der Jobmotor an Zugkraft, was an dem Minderangebot an Ausbildungsstellen und natürlich dem Abbau von Beschäftigungsverhältnissen ablesbar sei. Viele Beschäftigte, die im Tourismussegment ihre Jobs verlören, orientierten sich um und gingen so für die Zukunft als Fachkraft verloren. Doch die Branche habe auch mit anderen Problemen zu kämpfen: Liquiditätsengpässe, drohende Insolvenzen und fehlende Investitionen in die Zukunft. Alles in allem keine positiven Aspekte, die Mut machen würden, doch Bengsch mochte dieses „Gefühl“ so nicht stehen lassen. Der Tourismus sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und werde nach Beendigung der Pandemie wieder an Bedeutung zunehmen – jedoch wahrscheinlich nicht wie zuvor! Veränderte Rahmenbedingungen werden neue Ideen fordern, die es zu entwickeln gelte, so Bengsch. Die Reiselust der Deutschen sei nach wie vor ungebrochen und auch die finanziellen Mittel seien nach der Pandemie durchaus vorhanden, so dass der Mut, Neues zu wagen, nicht versiegen solle. Wichtige Faktoren für einen erfolgreichen Neustart seien positives Denken, finanzieller Überblick, Mitarbeiterbindung und die Schaffung von Netzwerken, um nach der Pandemie erfolgreich starten zu können.

Meldeschein und Kurtaxe

Bedingt durch eine geänderte Gesetzgebung, die zukünftig keine Vereinnahmung von Geldern für Dritte mehr zulasse, werden die Städte gezwungen sein, ihre Meldeverfahren für Übernachtungsgäste auf eine elektronische Plattform zu überführen. Die Stadt Königstein hat sich zu diesem Zweck für die Nutzung des WELCMpass entschieden, der den Erwerb einer Kurkarte mit dem Meldeverfahren elektronisch verknüpft und dem Gast eine übersichtliche und gut handelbare App zur Verfügung stellt.

Das Meldeverfahren sei, so Dr. Michael Faltis, Geschäftsführer der Guide2 GmbH, in seiner bisherigen Form ein recht aufwändiges Verfahren, das auf Seiten der Gastgeber zeitlich um 90% reduziert werden könne. Die Anwendung, deren Pilotphase bereits abgeschlossen sei, befindet sich bereits im Einsatz und setzt auf eine Direktnutzung durch den Gast. Dieser kauft mit einem Buchungsvorgang auf der einen Seite eine Kurkarte und meldet sich dabei gleichzeitig bei der Stadt als Gast an. Die Gastgeber müssen lediglich noch die Übernachtung bestätigen und haben somit nur noch eine Kontrollfunktion. Die Nutzung der App (alternativ: Webseite) ermögliche dem Gast die Nutzung von Rabatten und Vergünstigungen, die von Seiten der Stadt hinterlegt werden könnten. Ein Angebot, von dem Jörg Hormann überzeugt ist und das in Zukunft städtisch genutzt werden wird. Für die Gastgeber wird in Kürze eine zusätzliche, digitale Informationsveranstaltung angeboten werden, in der Björn Faltis, Projektmanager Guide2 GmbH, aufkommende Fragen näher beleuchten wird.

Touristisches Angebot aufwerten

Welche touristischen Schwerpunkte die Stadt für die Zukunft setzten möchte, erläuterte Jörg Hormann im Anschluss. Wichtig sei, so Hormann, die touristische und kulturelle Positionierung Königsteins am Markt. Ideen wie der Event-Sommer, der ein Highlight in den Monaten Juli und August darstellen soll, seien wichtig und müssten entsprechend beworben werden. Kultur und Musik in den öffentlichen Raum zu bringen sei eine der wenigen Möglichkeiten, unter Pandemiebedingungen überhaupt Events anbieten zu können. Weitere Schwerpunkte sieht er in den Themenbereichen Gesundheit, Kur („Die Kur“) und in der Naherholung. Es werde auch vermehrt über Kooperationen mit den Nachbargemeinden und gemeinschaftliche Projekte nachgedacht. Auch dem Prädikat „Kurort“ möchte Hormann zukünftig mehr Gewicht verleihen, was eine engere Zusammenarbeit mit dem Hessischen Kur- und Heilbäderverband bedeuten könnte.

Aber auch im „Kleinen“ möchte Hormann Königstein deutlich sichtbarer machen. Dazu gehört eine Gemeinschaftsinitiative mit der Nachbarstadt Kronberg zur Aufstellung eines kulturellen Hinweisschildes „Drei-Burgen-Städte“ an den benachbarten Autobahnen. Auch Wohnmobilstellplätze sollen ausgebaut und eine Kooperation mit dem Opel-Zoo angestrebt werden.

Dass Wandern den Städtetourismus abgelöst hat, konnten die Einwohner Falkensteins zum Jahresbeginn leidvoll feststellen, als die schneebedeckten Taunushänge regelrecht „gestürmt“ wurden.

In diesem Segment denkt Hormann über eine Kooperation mit dem Taunusclub, dem Naturpark Taunus und dem Taunus Tourismus Service nach. Der „Drei-Burgen-Weg“ könnte optimiert und ggf. mit geänderter Wegführung auch für Radfahrer ausgewiesen werden, denn auch das Radfahren steht bei den Besuchern Königsteins hoch im Kurs. Ein verbessertes Radwegekonzept, das Angebot von Rad-Servicestationen oder Schlauch- und Werkzeug-Automaten würde touristischen Nutzen bringen, so Hormann. Hier sei man mit dem örtlichen Geschäftsinhaber im Gespräch, um eine sinnvolle Lösung zu finden.

Es gibt viele Projekte, die Jörg Hormann bereits auf dem Schirm hat: Umbau und Umgestaltung der Kur- und Stadtinformation, interessante Werbematerialien, eine repräsentative Warteecke für Wanderer an der KuSi und vieles mehr. Allerdings sei den Ideen auch ein finanzieller Rahmen gesetzt, der zwar im städtischen Budget stetig steigend sei, aber trotzdem begrenzt. Aktuell stünden in 2021 im Haushalt ca. 610.000 Euro zur Verfügung, von denen nach Abzug der Fixkosten 222.000 Euro für Investitionen und Projekte verblieben.

Ideen für eine interessante Stadt

Im Anschluss an das Branchentreffen regte Jörg Hormann, gemeinsam mit Bürgermeister Leonhard Helm und Christian Bandy, Kur- und Stadtinformation, eine Ideenwerkstatt an, zu der jede*r Anwesende einen Beitrag leisten konnte. Die Ideen aus den Reihen der „Gastgeber“ waren vielfältig: Virtual-Reality-App, stärkere Einbeziehung der Burg, Aufwertung des städtischen Erscheinungsbildes, Kombiticket-Angebote für Burgen und Museum, Kreiselgestaltung, thematische Wanderungen mit Geschichtsbezug und Einbeziehung der Vereine waren nur einige Ideen, die Jörg Hormann gerne in seinen Ideenkatalog aufnahm - doch am Schluss stellte Hormann eine essenzielle Frage, die bis zu dem Zeitpunkt wenig Augenmerk erfahren hatte: Wo bleibt das WIR?

Dass die meisten Ideen auf ein Handeln der Stadt abzielten, mag nicht verwunderlich erscheinen, jedoch wird es ganz sicher einer GEMEINSAMEN Anstrengung aller Beteiligten bedürfen, um nach Beendigung der Pandemie GEMEINSAM wieder erfolgreich „durchstarten“ zu können.

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