Königstein (as) – „Gibt es ein Recht auf ein analoges Leben?“. Diese Frage stellte die ALK-Fraktionsvorsitzende Nadja Majchrzak, als in der Stadtverordnetenversammlung im September bereits vor dem Tagesordnungspunkt zur Neufassung der Straßenbeitragssatzung (die KöWo berichtete) das erste Mal lange und kontrovers diskutiert wurde. Es ging um die Änderung der Hauptsatzung der Stadt Königstein, §7 Öffentliche Bekanntmachungen. Was technokratisch klingt, betrifft aber letztlich jeden Königsteiner und jede Königsteinerin. Wo holen sich die Bürger die amtlichen Informationen her, sofern sie Interesse am politischen und gesetzgeberischen Geschehen in ihrer Stadt haben? Haben sie eine Holschuld, oder muss man sie darüber informieren, dass es etwas zu holen gibt? So die Fragen, die in diesem Kontext von Interesse waren.
Die Vorlage des Magistrats sah so aus, den Abdruck der amtlichen Bekanntmachungen in der Taunus-Zeitung (TZ) einzusparen – mit Ausnahme der Veröffentlichungsbekanntmachungen des Baugesetzbuches – und nur noch digital auf der Homepage der Stadt zu veröffentlichen. Damit spare die Stadt 15.000 Euro in normalen Jahren und 20.000 Euro in Wahlen mit Kommunalwahl (wie 2026), wenn die Wahlvorschläge der einzelnen politischen Parteien hinzukommen, rechnete Bürgermeisterin Beatrice Schenk-Motzko (CDU) vor.
Die Vorlage benachteilige Menschen, die nicht das Internet nutzen. Das seien in Deutschland immerhin 2,8 Millionen Menschen, eine Zahl, die man unter dem Thema Inklusion nicht außer Acht lassen dürfe, argumentierte Majchrzak. Die ALK hatte daher bereits im Haupt- und Finanzausschuss die beiden Änderungen 1a) und 1b) beantragt, dass sich die Bürger zum einen in eine Mailing-Liste eintragen lassen könnten, um über neue amtliche Mitteilungen informiert zu werden (1a), und dass zum anderen auf Seite 2 der Königsteiner Woche, der „Stadtseite“, neben dem Abdruck von Sitzungsterminen und Kandidatenlisten über einzelne amtliche Mitteilungen „nachrichtlich“ berichtet wird (1b). Letzteres ist ja bereits der Fall, aber eben nicht Bestandteil einer entsprechenden Satzung.
Schenk-Motzko gab gleich zu Beginn der Debatte die Empfehlung mit, auf die ursprüngliche Vorlage zurückzukommen und die Änderungsvorschläge, von denen im HFA immerhin die 1b eine Mehrheit bekommen hatte, zu verwerfen.
Der konsultierte Hessische Städte- und Gemeindebund (HSGB) rate von Begriffen wie „nachrichtlich“ und „einzelnen öffentlichen Bekanntmachungen“ ab. „Das ist nicht rechtssicher“, so die Bürgermeisterin. Thomas Boller (CDU), der Vorsitzende des HFA, beantragte mit seiner Fraktion die Rückkehr zur Magistratsvorlage ohne die Änderung im HFA. „Die Hessische Gemeindeordnung sieht hier das Internet vor – es ist zeitgemäß und trägt den gesetzlichen Vorgaben Rechnung.“ Schließlich seien ja auch Haushaltspläne und Jahresabschlüsse nur über das Internet veröffentlicht.
Michael-Klaus Otto (FDP) argumentierte, wenn die „Amtlichen“ in der Zeitung abgedruckt würden, dann sollten es auch alle sein und dabei nicht nachrichtlich bearbeitet. Zwischendurch diskutierte die Versammlung auch eine mögliche neue Fassung des Änderungsantrags insoweit, als dass es sowohl eine Komplett-Veröffentlichung im Internet als auch in der Königsteiner Woche geben sollte. Die ALK versuchte daraufhin, Nägel mit Köpfen zu machen und beantragte durch Runa Hammerschmitt, die Satzung mit einer Pflicht-Veröffentlichung in der Taunus-Zeitung – und falls es dafür keine Mehrheit geben sollte, in der Königsteiner Woche – zu ergänzen.
Schenk-Motzko argumentierte in der weiteren Aussprache, dass in der Satzung nur ein Medium genannt werden könne, „um keine Verwirrung zu stiften“. Auch die in erster Linie zum Thema Straßenbeiträge anwesende Juristin Anne-Kathrin Stemberg (LWG Rechtsanwälte & Notare) vertrat diese Auffassung. Es gebe erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der Klausel, wenn man sich nicht für eine Veröffentlichungsform entscheide, zitierte sie die Rechtsauffassung des HSGB. Sie riet allenfalls zu einem „Begleitbeschluss“, dass in der Königsteiner Woche ebenfalls nachrichtlich über die Inhalte der öffentlichen Bekanntmachungen berichtet wird.
Über einen solchen wurde nicht mehr abgestimmt. Der Antrag der ALK hinsichtlich des Verbleibs der Amtlichen Bekanntmachungen in der TZ, respektive der Königsteiner Woche, wurde jeweils mit neun Ja-Stimmen bei 24 Nein-Stimmen abgelehnt. Für die Beschlussvorlage gab es letztlich eine Mehrheit von 24:9 Stimmen.
Die Amtlichen Bekanntmachungen gibt es also komplett nur noch online auf www.koenigstein.de und weiterhin – mal amtlich, mal nachrichtlich, aber unmöglich vollständig – auf Seite 2 dieser Zeitung.
Folgekosten der Innenstadt
Ein ALK-Antrag sollte an diesem Abend aber doch noch Erfolg haben. Seit längerem werden in der Stadtverordnetenversammlung die enormen Kostensteigerungen bei Bau- und Investitionsvorhaben beklagt, die man als Parlamentarier nur noch zähneknirschend abnicken könne. Im Hinblick auf die von ihr in der beschlossenen Form abgelehnte Neugestaltung der Innenstadt hatte die Aktionsgemeinschaft beantragt, dass die Stadt die jährlich entstehenden Folgekosten der Maßnahme auflistet und über den HFA den Stadtverordneten zur Beschlussfassung vorlegt. Dazu zählten laut der Begründung von ALK-Mitglied Regina Krachowitzer-Galle Abschreibung, Betrieb, Unterhalt, Zins und Tilgung – es gehe darum, „Transparenz herzustellen“. Auch wenn es an einigen Punkten Zweifel an der Praktikabilität des Antrags gab, wollte das Parlament bei Tagesordnungspunkt 18 um Mitternacht nicht mehr groß in die Diskussion einsteigen. 16 Stadtverordnete stimmten für den Antrag, zwölf dagegen, bei einer Enthaltung.
Kurort ohne Sirenen
Obwohl unter römisch III (mit Aussprache) aufgeführt, wollte auch über die Erhöhung des Königsteiner Kurbeitrags von 1,50 auf 2,50 Euro pro Übernachtung kein Parlamentarier mehr diskutieren. 24 votierten dafür, zwei waren gegen die Erhöhung, sechs enthielten sich.
Eine Frage, die die Menschen mit Wohnsitz Königstein mehr interessieren dürfte, war die Tatsache, dass es am landesweiten Warntag in Königstein (abgesehen von den Mobiltelefonen in den Hosen- und Handtaschen) komplett still blieb. Eine Sirene war erneut nicht zu hören, obwohl bereits vor Jahresfrist in der Stadtverordnetenversammlung darüber gesprochen worden war, diese Lücke im Warnsystem zu schließen. Arno Schneider (AfD) fragte deshalb den Stand der Dinge an. Es habe eine Begehung gegeben, so die Bürgermeisterin, um die Standorte für Dachsirenen festzulegen, für die sich die Stadt entschieden habe.
Mastsirenen zu bauen, sei im Vergleich aufwendiger und teurer. Als nächstes müssten die statischen Prüfungen der betreffenden Dächer erfolgen, bevor die Ausschreibung in Angriff genommen werden könne. Bleibt zu hoffen, dass Königstein in unruhigen Zeiten – in denen durchaus schon über Bunkeranlagen in der Stadtmitte und beim Neubau von Feuerwehrhäusern gesprochen wurde – so schnell keine echte Warnlage erlebt, am besten nie …