Die Apotheken machen dicht!Auch die Königsteiner Apotheken positionieren sich gemeinsam

Königstein (mk) – Am Mittwoch, 14. Juni 2023, wird es einen bundesweiten Protesttag der Apotheken geben und auch in der Königsteiner Kernstadt bleiben die vier Apotheken an diesem Tag für den Alltagsbetrieb geschlossen. Wobei „geschlossen“ nicht ganz richtig ist: Viele Apotheken werden den Protesttag nutzen, um sich gegebenenfalls vor den Geschäften zu positionieren und über die Situation aufklären zu können. Die Arzneimittelversorgung soll am 14. Juni durch den Notdienst aufrechterhalten bleiben.

Gründe hierfür gibt es viele

Die Apothekerschaft protestiert bundesweit an dem Tag gegen die gesundheitspolitischen Entscheidungen der Bundesregierung, den die deutschen Apothekerverbände und Apothekerkammern im Schulterschluss unter dem Dach der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (ABDA) initiieren. Dabei kann jede Apotheke selbst entscheiden, ob sie die Tür schließt oder offenhält.

Im direkten Gespräch mit Inhaber Dr. Thomas Weeber (Alte Apotheke Königstein) und Inhaber Uwe-Bernd Rose (Burg-Apotheke Königstein) wird deutlich, wie ernst und dramatisch die Lage ist. Beiden ist klar: So kann es nicht weitergehen. Lieferengpässe, überbordende Bürokratie, Fachpersonalnot, eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung und, besonders durch die Inflation befeuert, keinerlei Anpassung des Fixzuschlags – seit über 13 Jahren nicht. Das sind die Hauptgründe, die die Apotheker beim Namen nennen müssen. Rose hierzu im Gespräch: „Wussten Sie, dass eine Apotheke für jedes verschreibungspflichtige Präparat aufgrund der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) bloß 8,51 Euro (Stand: 2022) erhält? Und es dabei egal ist, ob der Einkaufspreis für die Arznei bei einem Euro oder 1.000 Euro oder noch höher liegt. Hinzu kommt ein “Lagerwertausgleich“ von 3 Prozent. Dieser Wert ist schon allein bei den jetzigen Inflationszahlen als lächerlich zu bezeichnen!“

Häufig wird allerdings in der öffentlichen Diskussion nicht zwischen dem Apothekenanteil am Verkaufspreis der Arzneimittel und dem tatsächlichen Gewinn der Apotheken unterschieden. Aus dem Apothekenfestzuschlag sind nämlich die gesamten Betriebskosten der Apotheke zu decken. Die Arzneimittelabgabe ist sehr beratungsintensiv. Eine große Zahl hoch qualifizierter Mitarbeiter/innen schlägt sich deshalb auch in den Personalkosten nieder. Trotzdem hat der Gesetzgeber die Apotheken verpflichtet, zusätzlich einen Apothekenabschlag einzuräumen, wenn Arzneimittel an Versicherte im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegeben werden. Dieser beträgt seit neuestem 2 Euro!

Inhaber Uwe-Bernd Rose: „In meiner über 30jährigen Laufbahn als Apotheker und Geschäftsführer war die Lage noch nie so dramatisch. Diese Gesundheitspolitik lässt keine Perspektive zu. Über 600 Medikamente sind zurzeit nicht lieferbar.“ Hinzu käme der enorme Aufwand bei der Dokumentation. Mittlerweile benötige das Personal zwischen 30 und 40 Prozent der Gesamtarbeitszeit für die erforderliche Bürokratie. Diese sei aber schon allein deswegen nötig, damit die Apotheken überhaupt ihr Geld bekämen. Denn schon der kleinste Formfehler auf einem Rezept könne schon zu „Nullretaxation“ führen, d.h. der Apotheker bekommt gar kein Geld, obwohl er seine Patienten ordnungsgemäß versorgt hat.

Das gemeinsame Ziel

Für Uwe-Bernd Rose und der Burg-Apotheke in Königstein seien vor allem auch die Sekundäreffekte ausschlaggebend. Damit sei gemeint, dass durch die völlig verfehlte Gesundheitspolitik der Regierung der Beruf des Apothekers so unattraktiv werde, dass ihn kaum noch jemand ergreifen wolle. Seit Monaten würde auf die brisante Lage in persönlichen Gesprächen, Interviews und PR-Kampagnen hingewiesen – jetzt „sei Schluss“. Die Patientinnen und Patienten sollten im Mittelpunkt stehen, bekundet die Burg-Apotheke. Dies sei durch die bereits viel zu lange andauernden, aktuell miserablen Rahmenbedingungen nicht mehr gewährleistet. Die Apotheken sähen sich buchstäblich „kurz vor dem Abgrund“.

Auch die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening erklärte bereits Mitte Mai in Berlin: „Weil die Bundesregierung in ihren Gesetzesvorhaben immer wieder die Probleme der öffentlichen Apotheken übergeht, destabilisiert sie die Arzneimittelversorgung in Deutschland (...)“ Weiter heißt es: „Die Apothekenteams retten jeden Tag Leben, in dem sie alternative Präparate für nicht verfügbare Arzneimittel beschaffen. Anstatt die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln über die Apotheken vor Ort zu stabilisieren, wird sie geschwächt. Jeden Tag müssen Apotheken schließen. Hochschulabsolventinnen und -absolventen unseres Faches können sich immer seltener den Gang in die Selbstständigkeit vorstellen, vor allem, weil die wirtschaftliche Perspektive fehlt.“

Wie groß die Bedeutung der Apotheken vor Ort für die Versorgung ist und wie dramatisch es wäre, wenn noch mehr Apotheken als verlässliche, soziale Anlaufstellen für immer verschwinden würden – dies möchten die Apotheken am 14. Juni demonstrieren, um sich gegenüber der Politik nachhaltig Gehör zu verschaffen.

Apotheke Kreisel, Bischof-Kaller-Straße 1a

Alte Apotheke, Limburger Straße 1a

Burg-Apotheke, Frankfurter Straße 7

Marien-Apotheke, Hauptstraße 11-13



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