Beim Rhein-Main-Link wird es im März spannend

Königstein (as) – Kaum ein Thema hat die Königsteiner trotz Bürgermeisterwahl in den vergangenen zwei Wochen mehr aufgewühlt als der Rhein-Main-Link. Hierbei handelt es sich um eine bis zu 75 Meter breite unterirdische Stromtrasse, über die Windenergie als Gleichstrom durch zwölf oberschenkeldicke Kabel von der Nordsee ins Rhein-Main-Gebiet gebracht werden soll. Der Baubeginn ist für das Jahr 2028 geplant, in weniger als zehn Jahren soll alles fertig und ein weiterer wichtiger Schritt zur Energiewende in Deutschland gemacht worden sein.

Grundsätzlich wird eine große Mehrheit einem solchen Projekt positiv gegenüberstehen, doch die Zustimmungsrate geht in dem Moment in den Keller, in dem die eigene Kommune von einem solchen Megaprojekt betroffen sein könnte. Und so ist es auch bei Königstein. Denn der Kurort liegt innerhalb des sogenannten Präferenzraums, den die Bundesnetzagentur als Auftraggeber und Amprion als Netzbetreiber im November 2023 erstmals veröffentlicht haben. Vorher hatte auch die Stadtverwaltung – genauso verhält es sich in den Nachbarkommunen – keine Kenntnis von dem Megaprojekt.

Dass Königstein innerhalb des Präferenzraums liegt, heißt zunächst nur, dass es grundsätzlich möglich ist, dass auf Königsteiner Gemarkung die rund zwei Meter tiefen Trassen gegraben werden. So sind auch in der potenziellen Flächenübersicht von Amprion sämtliche Flurstücke Königsteins einschließlich seiner Stadtteile aufgeführt. Es muss aber nicht so kommen, denn der Präferenzraum ist mehr als zehn Kilometer breit und erstreckt sich vom Westen des Main-Taunus-Kreises bis zu den westlichen Frankfurter Stadtteilen. Fest steht, dass die vier Endpunkte von Rhein-Main-Link, der vier ursprünglich eigenständige Stromtrassen bündeln soll, in Hofheim-Marxheim, Kriftel, im hessischen Ried und in Bürstadt realisiert werden sollen. Hier entstehen sogenannte Konverterstandorte, an denen der Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt wird, wie er im deutschen Stromnetz benötigt wird.

Erste genauere Angaben soll es laut Jonas Knoop, Projektleiter Rhein-Main-Link bei Amprion, Mitte März in der KW 11 oder 12 geben. „Dann werden wir den ungefähren Verlauf der Trasse mit einem gewissen Puffer vorstellen“, sagt der Sprecher und ergänzt ob der leicht aufgewühlten Stimmungslage: „Uns ist bewusst, dass wir damit nicht bis Ende Juni warten können.“ Zu diesem Zeitpunkt ist der Einstieg ins Planfeststellungsverfahren geplant, in dessen Verlauf es für die Kommune und auch jeden einzelnen Bürger noch zwei Beteiligungsphasen – sprich Einspruchsmöglichkeiten – geben wird, ehe laut Knoop 2026/27 die Bundesnetzagentur abschließend entscheidet. Klar ist, dass für deutsche Verhältnisse und für ein Projekt dieser Größenordnung mit einer Trassenlänge von mehr als 500 Kilometern relativ schnell Baurecht geschaffen werden soll, denn Amprion macht sich ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren nach der EU-Notfallverordnung zunutze – das Netzausbaubeschleunigungsgesetz.

Fakt ist laut Knoop, dass noch keine Fakten geschaffen worden sind seitens der Bundesagentur. Es habe keine Verhandlungen mit Königsteiner Grundstücksbesitzern gegeben – „das wäre auch viel zu früh“. Im Übrigen habe es trotz anderslautender Zeitungsberichte auch in anderen Kommunen noch keine Verhandlungen in Bezug auf den Trassenverlauf gegeben. Es sei lediglich mit Anliegern der Umspannanlage in Marxheim für deren notwendige Erweiterung verhandelt worden. Im Übrigen seien für das Projekt auch keine Grundstückskäufe geplant, man erwerbe gegen finanzielle Entschädigung nur „Leitungsrechte“. Was bedeutet, dass das betreffende Grundstück aufgegraben und auch später betreten werden darf.

Königsteins Antwort

Eine erste Frist für die im Präferenzraum liegenden Kommunen endete bereits zu Beginn dieser Woche, am 29. Januar. Entgegen verschiedentlicher Befürchtungen hat auch Königstein eine Stellungnahme abgegeben, und zwar datiert auf den 30. November. Bürgermeister Leonhard Helm sagt, dass er diese Stellungnahme auch auf der letzten Stadtverordnetenversammlung des Jahres verlesen hat und versteht nicht, dass sich zuletzt maßgebliche anwesende Stadtpolitiker daran nicht erinnern wollten. „Das ärgert mich ein bisschen“, so Helm.

Seine Stellungnahme an die Bundesnetzagentur ist diplomatisch formuliert. „Grundsätzlich bestehen von Seiten der Stadt Königstein in Taunus keine Bedenken“, heißt es eingangs, gleichwohl weist er darauf hin, dass die Stadt aufgrund des sehr breiten Präferenzraums keine detaillierte Stellungnahme abgeben könne. Helm weist in seiner Antwort auch darauf hin, dass auf dem Gebiet der Stadt Königstein die Raumwiderstandsklassen I-III und die Bauwiderstandsklassen I-III eingehalten werden und auch der Denkmalschutz im Stadtbereich zu beachten ist. Unter den Widerstandsklassen I bis III „sehr hoch bis mittel“ sind im Wesentlichen die Siedlungsräume (Wohn-, Misch- und Gewerbegebiete), siedlungsnahe Freiräume, Sportstätten, Natur- und Wasserschutzgebiete, Biotope und Vogelschutzgebiete, Fließgewässer und UNESCO-Welterbestätten eingeordnet, ja sogar Wälder. Bauwiderstandsklassen betreffen etwa extreme Hangneigungen von mehr als 15 Grad und schwer grabbare Böden – was beides am Taunushang Kriterien sein könnten. Knoop bestätigte, dass Amprion diese Widerstandsklassen beachte, sagte aber auch, dass es wegen des als ungefährlich geltenden Wechselstroms keine Abstandsregeln etwa zur Wohnbebauung geben werde.

Helm schließt sein Schreiben an die Bundesnetzagentur folgendermaßen: „Wir behalten uns vor, wenn die Trassierung genauer erfolgt ist, eine konkretere Stellungnahme abzugeben.“ Soll heißen, dass mit der Bekanntgabe des möglichen Trassenverlaufs bzw. der Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens der Zeitpunkt zum Handeln für die Kommune gekommen sein könnte: „Das ist dann der Punkt, an dem Königstein eventuell gegen das Projekt vorgehen muss“, so der Bürgermeister. Das große Thema Rhein-Main-Link ist also im Moment auf Eis gelegt. Ob es nochmal heiß wird oder sich für Königstein schon erledigt haben wird, wird sich in einigen Wochen zeigen.



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