Bekanntmachung: Zisternensatzung

Aufgrund der §§ 5, 51 Nr. 6 der Hessischen Gemeindeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 2005 (GVBl. I, S.142), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 07.05.2020 (GVBl. S 318) und § 37 (4) des Hessischen Wassergesetzes (HWG) vom 14.12.2010 (GVBl. I S.548), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22.08.2018 (GVBl. S 366) hat die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Königstein im Taunus in ihrer Sitzung am 03.09.2020, die folgende Satzung beschlossen.

Die in dieser Satzung genannten Personenbezeichnungen umfassen alle geschlechtlichen Formen. Lediglich aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde auf die ausdrückliche Nennung der einzelnen Formen verzichtet.

§ 1 Ziel der Satzung

Ziel dieser Satzung ist die Errichtung von Regenwasseranlagen für das Sammeln und Verwenden von Dachflächenablaufwasser, um hiermit den Wasserhaushalt zu schonen, die Abwasseranlagen zu entlasten und Überschwemmungsgefahren zu vermeiden. Das gesammelte Regenwasser ist zur Bewässerung des Gartens vorzuhalten. Die Nutzung des Wassers als Brauchwasser ist freiwillig, wird aber empfohlen.

§ 2 Geltungsbereich

Diese Satzung gilt im gesamten Gebiet der Stadt Königstein im Taunus. Festsetzungen im Bebauungsplan haben Vorrang, insoweit sie von dieser Satzung abweichende Regelungen zum Sammeln von Niederschlagswasser treffen.

§ 3 Begriffsbestimmungen

1) Brauchwasser ist Dachflächenablaufwasser, das nach einer Zwischenspeicherung in der Zisterne für den Wasserbedarf des Haushaltes genutzt wird, wie z.B. für die Toilettenspülung, die Waschmaschine und die Gartenbewässerung. Das Brauchwasser wird mittels eines separaten, vollständig von der Trinkwasserversorgung getrennten Leitungssystems transportiert. Hierzu ist ein eigener Wasserzähler einzubauen.

2) Dachfläche ist die senkrechte Projektion der Oberfläche eines Gebäudes oder Gebäudeteils, auf der Niederschlagswasser anfällt, gesammelt und abgeleitet wird. Die Oberfläche unterhalb einer Höhe über Grund von 2 m wird nicht als Dachfläche im Sinne dieser Satzung gesehen. Garagen sind bei der Berechnung zu berücksichtigen.

3) Dachflächenablaufwasser ist Wasser, das von Dächern im Niederschlagsfall abläuft, gesammelt und einem Sammelbehältnis zugeführt wird.

4) Regenwassersammelanlage ist die vollständige Anlage zum Auffangen, Speichern, gedrosselten Ableiten und Nutzen von Niederschlagswasser als (Teil)-Ersatz für Trinkwasser. Die Anlage besteht aus der Dachfläche, Fallrohr, Filter, Zisterne, Speicherüberlauf, Pumpe, Verbrauchs- und Zapfstellen und – bei Nutzung in Gebäuden – Druckerhöhungsanlage, Trinkwassernachspeisung und Brauchwassernetz.

5) Zisterne ist ein lichtgeschütztes Sammelbehältnis, welches geeignet ist, mittels Zuführung über ein Leitungssystem Dachflächenablaufwasser aufzunehmen. Das Sammelbehältnis befindet sich im Erdreich oder innerhalb einer baulichen Anlage.

6) Die Trinkwassernachspeisung (bei Brauchwasserzisternen) dient der Nachspeisung von Trinkwasser in Zeiten, in denen Regenwasser nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht und ist als freier Trinkwasser-Auslauf (FTA) gemäß DIN EN 1717 1988 herzustellen.

7) Der Speicherüberlauf führt Regenwasser bei Vollfüllung des Regenwasserspeichers aus der Zisterne in eine Versickerungsanlage bzw. in die städtische Kanalisation. Der Überlauf ist rückstaufrei gem. DIN 1986 an die Kanalisation anzuschließen.

§ 4 Herstellungspflicht

Jeder Eigentümer oder sonstige dinglich Berechtigte eines baureifen Grundstückes im Gebiet der Stadt Königstein im Taunus hat eine Regenwassersammelanlage nach Maßgabe dieser Satzung zu errichten, sofern folgende Voraussetzungen vorliegen:

a) Es wird ein zu Wohnzwecken dienendes Gebäude, eine Gebäudeerweiterung oder eine zugehörige Nebenanlage errichtet, dessen Grundfläche mehr als 50 m² beträgt. Berechnungsmaßstab ist die Grundfläche gemäß des § 19 der Baunutzungsverordnung (BauNVO),

b) oder es wird ein gewerbliches oder sonstigen Zwecken dienendes Gebäude oder eine Gebäudeerweiterung errichtet, dessen Grundfläche mehr als 50 m² beträgt,

c) oder der rechtskräftige Bebauungsplan schreibt die Errichtung einer Regenwassersammelanlage vor.

§ 5 Ausnahmen von der Herstellungspflicht

1) Auf Antrag kann vom Magistrat der Stadt Königstein eine Befreiung von der Herstellungspflicht erteilt werden. Der Antrag ist schriftlich zu begründen.

2) Eine Befreiung ist dann zu erteilen, wenn schwerwiegende Gründe gegen den Bau und Betrieb einer Zisterne sprechen. Solche Gründe sind insbesondere

a) ein erheblich über das normale Maß hinausgehender baulicher Aufwand (z.B. Bodenbeschaffenheit). Entsprechende Nachweise sind vorzulegen

b) ein temporäres Bauvorhaben (z.B.: Traglufthallen, Container etc.)

3) Von der Herstellungspflicht kann befreit werden, wenn die Erfüllung der Herstellungspflicht zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Befreiung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist oder die Baugenehmigung befristet ist. Entsprechende Nachweise sind vorzulegen. Die Befreiung soll mit Auflagen versehen werden.

4) Von der Herstellungspflicht kann befreit werden, wenn die gesamte Dachfläche des Gebäudes oder Gebäudeteils begrünt wird. Die vegetationsfähige Substratauflage muss dabei mindestens 6 cm stark sein. Die Begrünungsmaßnahme muss spätestens mit Aufnahme der Gebäude- oder Gebäudeteilnutzung abgeschlossen sein. Die Dachbegrünung ist dauerhaft zu unterhalten.

5) Von der Herstellungspflicht kann befreit werden, wenn das Grundstück weniger als 50 m² Freifläche aufweist.

6) Ein Anspruch auf Befreiung besteht nicht.

§ 6 Bemessungsvorschriften für das Zisternen-Volumen

1) Die Mindestgröße des nutzbaren Zisternenvolumens beträgt 50 l/m² Auffangfläche, mindestens jedoch 2 m³.

2) Nicht zu berücksichtigen sind dabei Auffangflächen, die mit einer vegetationsfähigen Substratauflage von mindestens sechs cm Stärke (Gründächer) versehen sind. Die Begrünungsmaßnahme muss spätestens mit Aufnahme der Nutzung der Gebäude oder Gebäudeteile abgeschlossen sein. Die Dachbegrünung ist dauerhaft zu unterhalten.

3) Ebenfalls nicht zu berücksichtigen sind Auffangflächen, die nicht, auch nicht indirekt in ein öffentliches Abwassersystem entwässern.

§ 7 Bau und Inbetriebnahme

1) Die Zisterne muss in ihrer Ausführung dem Stand der Technik unter Beachtung aller einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, DIN-Normen und sonstigen verbindlichen technischen Richtlinien entsprechen. Der einwandfreie und bestimmungsgemäße Betrieb der Anlage ist sicherzustellen und zu überwachen. Die Grundstückseigentümer haben Eigenkontrollen durchzuführen und eine einwandfreie Nutzung zu gewährleisten.

2) Die Zisterne ist im Antrag zum Anschluss der Grundstücksentwässerung an die öffentliche Entwässerungsanlage mit einzuplanen. Das hierfür notwendige Formblatt kann der Homepage der Stadt Königstein im Taunus entnommen werden.

3) Bei der Errichtung von Dachflächen gemäß § 3 sind der Stadt geeignete Planunterlagen zur Herstellung von Regenwassersammelanlagen vorzulegen und im Antrag auf Anschluss an die öffentliche Entwässerungsanlage einzuplanen.

4) Folgende Grundsätze sind bei der Errichtung der Regenwassersammelanlage zu beachten:

a) Jede Verbindung zwischen Betriebswasseranlage und Trinkwasseranlage ist unzulässig. Eine Trinkwassernachspeisung darf nur durch einen sogenannten „freien Trinkwasser-Auslauf” (gemäß DIN 1988, Teil 4) erfolgen.

b) Die Regenwassersammelanlage darf nur von Auffangflächen im Sinne von § 3 ablaufendes Regenwasser zugeführt werden. Hofabläufe dürfen wegen nicht auszuschließender Verunreinigungen nicht angeschlossen werden.

c) Der Überlauf von Regenwasserspeichern ist einer Versickerungsanlage gemäß ATV A 138 zuzuführen. Falls dies aus baulichen Gründen nicht möglich ist, ist der Überlauf rückstaufrei an die Kanalisation anzuschließen

d) Betriebswasserleitungen sind eindeutig dauerhaft zu kennzeichnen, so dass eine spätere Verwechslung mit Trinkwasserleitungen ausgeschlossen ist (durch Klebefahnen, Farbe, Materialien, Schilder).

e) Zapfstellen sind mit einem Schild mit der Aufschrift „Kein Trinkwasser” oder einem Piktogramm dauerhaft zu kennzeichnen. Frei zugängliche Zapfstellen sind durch abnehmbare Drehgriffe gegen unbefugte Benutzung zu sichern.

§ 8 Betrieb

Der einwandfreie und bestimmungsgemäße Betrieb der Anlage ist sicherzustellen.

§ 9 Ordnungswidrigkeiten

1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen

a) § 4 der Herstellungspflicht nicht nachkommt;

b) § 6 einen Regenwasserspeicher mit einem die vorgeschriebene Mindestgröße unterschreitenden Volumen errichtet;

c) § 7 Abs. 4 Nr. a) eine direkte Verbindung zwischen Betriebswasseranlage und Trinkwasseranlage herstellt;

d) § 7 Abs. 4 Nr. b) den Regenwassersammelanlage anderes als von Auffangflächen im Sinn von § 3 Abs. 2 (Dachfläche) ablaufendes Regenwasser zuführt und/oder Hofabläufe anschließt;

e) § 7 Abs. 4 Nr. c) den Überlauf des Regenwasserspeichers nicht einer Versickerungsanlage gemäß ATV A 138 zuführt oder ihn nicht rückstaufrei an die Kanalisation anschließt;

f) § 7 Abs. 4 Nr. d) Betriebswasserleitungen nicht oder nicht dauerhaft kennzeichnet;

g) § 7 Abs. 4 Nr. e) Zapfstellen nicht oder nicht ausreichend kennzeichnet und/oder frei zugängliche Zapfstellen nicht gegen unbefugte Benutzung sichert.

2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von 5 € bis zu 1.000 € geahndet werden. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das satzungsmäßige Höchstmaß hierzu nicht aus, kann es überschritten werden.

3) Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten in der jeweils geltenden Fassung findet Anwendung. Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ist der Magistrat der Stadt Königstein im Taunus.

§ 10 Inkrafttreten

Diese Satzung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Die Satzung wird hiermit öffentlich bekanntgemacht.

Ausfertigungsvermerk:
Es wird bestätigt, dass der Inhalt dieser Satzung mit den hierzu ergangenen Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung übereinstimmt und dass die für die Rechtswirksamkeit maßgebenden Verfahrensvorschriften eingehalten wurden.

Die Satzung wird hiermit ausgefertigt.

Königstein im Taunus, den 09.09.2020

Der Magistrat

Leonhard Helm

Bürgermeister



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