Burgpflegewerk: Letzter Ziegeneinsatz für dieses Jahr und Ausblick auf 2020

Die alten Ritter hätte es sicherlich auch gefreut: Ziegen haben am Burgberg bereits eine „lichte Struktur des Waldes“ herausgearbeitet. Foto: Stadt

Königstein (kw) – Das Jahr 2019 neigt sich dem Ende zu, so auch die Arbeit auf der Königsteiner Burg. Selbst das Burgpflegewerk geht in die letzte Runde. Zum letzten Mal in diesem Jahr haben die Ziegen rund um die Burg „gegrast“ (oder „geholzt“? – Anm. d. Red.), nachdem sie schon erfolgreich im Innenbereich gemäht haben. Die Tiere haben unter anderem den Brunnenbereich an der großen Festwiese wieder sichtbar gemacht, der komplett überwuchert war. „Der Käs‘ is ‘gesse“, sagt der Hesse und bringt damit Ernährung und Erzeugnisse der „Gaaße“ gleichzeitig auf den Punkt.

Seltene Tiere an den Mauerfüßen

Nun arbeiteten sie sich noch einige Tage auf festgelegten Flächen durch die immer wieder aufwachsende Pflanzendecke. „An einigen Stellen ist die lichte Struktur an den Mauern und im angrenzenden Wald bereits zu erkennen, und das ist gewünscht. Nur so wird es an den Mauerfüßen trockener, seltene Tiere und sonnenliebende Pflanzen können sich ansiedeln. Auch der Samenanfall auf den Mauerkronen und den Mauerwänden könnte auf diese Weise eingedämmt werden. Denn ein – im wahrsten Sinne „gewichtiges“ und schwer zu beseitigendes – Problem sind die kräftigen Gehölze, die sich inzwischen in den Fugen und auf den Kronen der Mauern eingenistet haben“, erläutert Gabriela Terhorst, die als ehrenamtliche Dezernentin von Stadtseite das Burgpflegewerk begleitet.

Zusätzlich kamen den Vierbeinern die Zweibeiner zur Hilfe. Auf einem Hubsteiger rückten Mitarbeiter einer Fachfirma den hartnäckigen Bäumchen und Sträuchern in luftiger Höhe zu Leibe. Die Wurzeln der Gehölze und leider auch des Efeus wurden durch jahrelanges ungestörtes Wachstum oder durch ständiges Schneiden kräftiger und drückten sich immer tiefer in das Gemäuer. An der West- und der Südseite der Burg wurden daher vier Hubsteigerplätze eingerichtet, um schnell und sicher dem Bewuchs in größerer Höhe Einhalt gebieten zu können. Dabei wurden leider auch neue Schäden entdeckt. „Um die Mauerkronen zu schützen, wurde im Rahmen des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Burgpflegewerkes mit unterschiedlichen Mörtelsubstraten und Moosen experimentiert. Hier haben sich über die vergangenen zwei Jahre interessante Erkenntnisse ergeben, die nun in die weitere Umsetzung gehen und als Beispiel für andere Burgen und historische Gebäude dienen können“, erklärt der Projektleiter Dr. Gerd Strickhausen vom Burgenbüro Dr. Strickhausen.

Lehrveranstaltungen der Hochschule Rhein Main haben sich für die Burg als Glücksfall erwiesen. Mit umfangreichen Vermessungen des Pulverturms und des Ostzwingers konnten die Studierenden nicht nur üben, sondern sie haben in Bauschadensgutachten gleichzeitig auch Vorschläge für anstehende Sanierungsmaßnahmen gemacht. Bauschadenskartierungen rundeten die Arbeiten ab. Eine win win Situation für Stadt und Hochschule!

Eine Fachfirma, die gleichzeitig regionaler Partner für zertifiziertes Saatgut ist, welches speziell in unserer Region gedeiht und mit denen die Stadt auch bei dem Projekt „Blühwiese“ am Kurbad zusammenarbeitet, hat die Flächen rund um die Burg an den Mauerfüßen unter die Lupe genommen. Hier gilt es, nachhaltig zu entwickeln und zu begrünen.

Ausblick ins Jahr 2020

Eine große Fachtagung, die am 13. Mai 2020 im Haus der Begegnung stattfinden wird, rundet das dreijährige Projekt ab. Die ganztägige Veranstaltung wird in Fachbeiträgen und bei einer Exkursion auf die Burg die Erkenntnisse beleuchten. Ein Tagungsband wird die gewonnen Informationen zusammenfassen und weitere Handlungsempfehlungen geben.

Das Burgpflegewerk ist das erste seiner Art, das denkmalspezifische und ökologische Ansprüche gleichermaßen betrachtet und damit ein gutes, erfolgreiches Beispiel dafür ist, dass es gemeinsam besser funktioniert als gegeneinander. Zudem wird es übertragbar auf ähnlich geartete Fragestellungen anderer Burgen, Kirchen und anderweitig historisch wertvoller Gebäude sein.



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