„Contra spem in spem – Hoffen wider aller Hoffnung“ Vor 45 Jahren starb Weihbischof Dr. Adolf Kindermann

Von links nach rechts: Landrat Ulrich Krebs, Pfarrer Stefan Peter, Weihbischof Gerhard Pieschl und Teilnehmer an der Feierstunde Fotos: Colloseus

Königstein (kw) – Weihbischof Dr. Adolf Kindermann, Gründer, Leiter und Seele des Königsteiner Albertus-Magnus-Kollegs, verstarb am 23. Oktober 1974. Seine letzte Ruhe fand er an der Seite von Flüchtlingsbischof Maximilian Kaller auf dem Kirchhof von St. Marien.

Wer aber war dieser außergewöhnliche Theologe, der 1959 von der Deutschen Bischofskonferenz mit der Seelsorge der Sudetendeutschen beauftragt, 1962 von Papst Johannes XXIII. zum Apostolischen Protonotar und 1966 von Papst Paul VI. zum Weihbischof von Hildesheim mit Sitz in Königstein ernannt wurde? Der gleiche Papst würdigte den 1969 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichneten Träger des Karls-Preises der Sudetendeutschen Landsmannschaft anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums als „Anwalt der Kirche“ und „Vater der Vertriebenen“.

Geboren am 8. August 1899 im nordböhmischen Neugrafenwalde wurde Adolf Kindermann am 5. April 1924 in Rom zum Priester geweiht. Im Laufe seiner Studien in Leitmeritz und Rom promovierte er in vier Disziplinen. Nach kurzer Seelsorgetätigkeit in Aussig lehrte Professor Kindermann zunächst an der Theologischen Hochschule des Priesterseminars in Leitmeritz und dann an der Theologischen Fakultät der Deutschen Universität in Prag. Hier gab es eine zweite theologische Fakultät an der tschechischen Karls-Universität. Das Priesterseminar der Erzdiözese Prag besuchten die Studenten beider Nationalitäten und Muttersprachen bis 1938 gemeinsam. Erst 1939 entstand ein eigenes Konvikt für deutsche Theologen, das Kindermann aus der Not der Zeit heraus gründete. In den Jahren des Nationalsozialismus erlebte er zahlreiche Schikanen und Verhöre durch die Gestapo.

Nach dem Krieg fand er seine Lebensaufgabe als Seelsorger der Vertriebenen, gemäß dem von ihm oft zitierten Wort des Propheten in der Babylonischen Gefangenschaft: „Tröstet, tröstet mein Volk.“

Sein Wahlspruch als Weihbischof „Contra spem in spem – Gegen alle Hoffnung hoffend glauben“ war seine Maxime. Dr. Kindermann war seit 1946 bemüht, aus dem Osten vertriebene Priester und Theologiestudenten zu sammeln. Bischof Maximilian Kaller als Sonderbeauftragter des Papstes für die Heimatvertriebenen und der Leiter der Kirchlichen Hilfsstelle in Frankfurt, Prälat Albert Büttner, waren auf die ehemaligen Kasernen in Königstein aufmerksam geworden. Im Mai 1946 kam es zu einer Besprechung zwischen Prälat Büttner, Prälat Kindermann, dem Königsteiner Pfarrer Aloys Geis und Bürgermeister Hubert Faßbender. In der Königsteiner Pfarrchronik schrieb Pfarrer Geis am 4. Juli 1946: „Erhalte heute die Nachricht, dass das ganze Kasernengelände durch die Kirchl. Hilfsstelle (Prälat Büttner) gepachtet ist mit Vorkaufsrecht …“. Die Besitzeinweisung durch das damals Großhessische Staatsministerium war bereits am 2. Juli erfolgt. Am 14. August traf Prof. Kindermann mit mehreren tausend theologischen Büchern aus dem Bestand des Prager Theologenseminars in Königstein ein. Die Zukunft war ungewiss, aber mit Energie und Gottvertrauen ging man an das große Werk. Trotz aller Niedergeschlagenheit und Depression galt es, den Blick nach vorn zu richten und den Neubeginn zu wagen.

Geburtsstunde

Das war die Geburtsstunde des Vaterhauses der Vertriebenen. Neben einem Konvikt mit Gymnasium und philosophisch-theologischer Hochschule mit Priesterseminar und der Tagungsstätte im Haus der Begegnung entwickelten sich eine Reihe von Instituten und Publikationsorganen. Mit Pater Werenfried van Straaten baute Dr. Kindermann die Ostpriesterhilfe auf und führte seit 1952 alljährlich die Internationalen Kongresse „Kirche in Not“ durch. Das Sudetendeutsche Priesterwerk und das Institut für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien zählten zu seinen Gründungen. 417 Priester gingen aus der am 15. November 1977 geschlossenen Hochschule hervor und wirkten als Seelsorger in ihrer neuen Heimat. Eine weitaus größere Zahl legte in jenen Jahren ihr Abitur an der St. Albert-Schule, der heutigen Bischof-Neumann-Schule, ab. Ungezählte entwurzelte Menschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten fanden bei Wallfahrten zur Schutzmantelmadonna, der „Mutter der Vertriebenen“, in der Kollegskirche Trost und Hoffnung.

Kranzniederlegung

Landrat Ulrich Krebs, einst Abiturient an der Bischof-Neumann-Schule, und Bürgermeister Leonhard Helm legten zum 45. Todestag am Grab von Dr. Adolf Kindermann im Rahmen einer kleinen Feierstunde einen Kranz nieder. Der Hochtaunuskreis und die Stadt Königstein würdigten damit die Verdienste, die sich Dr. Kindermann um die sogenannten Königsteiner Anstalten als Zentrum der katholischen Vertriebenenseelsorge erworben hat. „Dem Wirken Adolf Kindermanns ist es maßgeblich zu verdanken, dass die Stadt Königstein bis heute durch wichtige kirchliche Institutionen geprägt ist und einen festen Platz in der Geschichte der Integration der Vertriebenen hat“, sagte Bürgermeister Helm. Landrat Krebs hob hervor: „Die Lebensleistung Kindermanns und seiner Mitstreiter steht insgesamt für die Aufbau-, Integrations- und Versöhnungsleistung der Heimatvertriebenen. Es ist wichtig, daran immer wieder zu erinnern.“

Der Feierstunde auf dem Kirchhof folgte ein Gedenkgottesdienst mit dem emeritierten Limburger Weihbischof Gerhard Pieschl. Den am 23. Januar 1934 in Mährisch-Trübau geborenen späteren Priester verschlug es nach dem Krieg an das Konvikt in Königstein. Nach Ablegung der Reifeprüfung begann er hier sein Studium der Philosophie und Theologie. In Anwesenheit von zwei Nichten und einer Großnichte Kindermanns dankte Pieschl dem Hochtaunuskreis, der Stadt wie auch der Kirchengemeinde für die Würdigung des Vorreiters bei den Bemühungen um Versöhnung zwischen den Völkern. Er gab seiner großen Freude darüber Ausdruck, dass man in der Wahlheimat Adolf Kindermanns seinen unermüdlichen Einsatz für die Menschen in schwerster Zeit nicht vergessen hat.

Manfred Colloseus

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