„Mein Herz nimmt Anteil“: Pfarrerin Christine Zahradnik ist neue Leiterin der Notfallseelsorge

Christine Zahradnik ist die neue Leiterin der Notfallseelsorge in den Dekanaten Kronberg und Groß-Gerau-Rüsselsheim. Mit einer zusätzlichen halben Pfarrstelle koordiniert sie gemeinsam mit ihrem katholischen Kollegen die Notfallseelsorge im Dekanat Wetterau. Foto: Rach

Königstein (kw) – Seit Juli dieses Jahres ist Pfarrerin Christine Zahradnik die neue Leiterin der Notfallseelsorge in den Dekanaten Kronberg und Groß-Gerau-Rüsselsheim. Mit einer zusätzlichen halben Pfarrstelle koordiniert sie gemeinsam mit ihrem katholischen Kollegen die Notfallseelsorge im Dekanat Wetterau.

Gemeinsam mit ihrer Frau ist sie derzeit noch mit Renovierungsarbeiten am neuen Wohnort in der Wetterau beschäftigt. „Wir sind in ein altes Haus gezogen und alte Häuser bergen manchmal Überraschungen“, schmunzelt sie. Deshalb pendelt die 54-Jährige momentan noch zwischen dem Pfarrhaus in Hattersheim-Okriftel und der neuen Heimat Niddatal-Assenheim. In Okriftel war sie über dreizehn Jahre lang als Pfarrerin der Matthäusgemeinde tätig, davor war sie sechs Jahre lang in der Versöhnungsgemeinde im Frankfurter Gallus-Viertel beruflich aktiv.

Noch mal was anderes machen

Zu der Veränderung kam es, da Zahradnik in den letzten Jahren Bilanz gezogen hatte. „Will ich noch mal etwas anderes machen oder möchte ich Gemeindepfarrerin bleiben?“, war dabei eine zentrale Frage. Den Beruf der hauptamtlichen Notfallseelsorgerin konnte sie sich gut vorstellen. „Dann waren die zwei Stellen kurz hintereinander vakant“, erzählt sie. Sie bewarb sich auf die zwei halben Pfarrstellen: Eine ist im Dekanat Wetterau angesiedelt, die andere in den Dekanaten Kronberg und Groß-Gerau-Rüsselsheim.

Der Zeitpunkt sei gut für den beruflichen Wechsel, sagt sie, wenn auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Einerseits ist sie wehmütig, ihre Gemeinde zu verlassen, wo sie sich unter anderem für die Nachwuchsförderung durch Jugendtheater einsetzte. Andererseits freut sie sich auf die neue Herausforderung.

Im Main-Taunus-Kreis startete das Angebot der Notfallseelsorge mit einem ersten Ausbildungskurs im Jahr 2012, mittlerweile stehen rund 25 Aktive in ihrer Freizeit für den regelmäßigen Bereitschaftsdienst zur Verfügung. Im Team von Christine Zahradnik sind die unterschiedlichsten Berufsgruppen vertreten – von Banker und Vertriebsmitarbeiter über Pflegekraft bis hin zu Pilot, Fotograf und Journalist. Jährlich leistet die Notfallseelsorge im Main-Taunus-Kreis rund 80 unterschiedlichste Einsätze. Notfallseelsorge stellt sich zur Aufgabe, Menschen in akuten Krisensituationen beizustehen: Wenn jemand nicht reanimiert werden konnte, einen Unfall hatte oder unerwartet zuhause stirbt und die Angehörigen nicht allein bleiben können. Das Überbringen von Todesnachrichten gehört ebenfalls dazu, was gemeinsam mit der Polizei erfolgt. „Wir sehen dies als wertvolle Aufgabe“, sagt Zahradnik. Natürlich sei es auch schwer, wie sie einräumt. „Aber viel schwerer ist der Weg, den die Menschen haben, zu denen ich gehe.“

Eine andere Aufgabe ist der Einsatz bei Großschadenslagen, was aber die Ausnahme sei. Sie erinnert sich an die Tsunami-Katastrophe im Jahr 2004: „Wir standen am Flughafen bereit, als die Flüge kamen und nahmen die Fluggäste in Empfang.“

Erreichbar ist Zahradnik über ihren Funkmeldeempfänger, alarmiert wird sie von der jeweiligen Leitstelle. Bereits als junge Pfarrerin lernte Zahradnik die Notfallseelsorge kennen: „Für mich war es von Anfang an völlig schlüssig, gleich da zu sein, wenn eine Krise eintritt.“ Notfallseelsorge begleite nur in der akuten Phase, möglichst zeitnah, aber nicht überstürzt. Nicht passieren dürfe, zu eilig zu klingeln – und am Ende ist es die falsche Tür.

Nähe und Distanz ausbalancieren

„Ziel ist, ein Stück zu begleiten, bis Freunde oder Familie da sind, das soziale Netz greift oder die Person aus der ersten Hilflosigkeit raus ist.“ Empathie gehöre dazu, aber auch ein gesundes Nähe- und Distanz-Verhältnis. „Mein Herz nimmt Anteil, und das dürfen die Menschen auch sehen. Bei allem Berührtsein dürfen wir aber nicht mit in den Strudel geraten.“ Kraft geben Zahradnik ihr Glaube, die Gewissheit, bei ihren Einsätzen auf Gott zu treffen und ihre Nächstenliebe. „Was mir hilft? Gott, da setze ich drauf. Das andere ist: die Menschen lieben.“

Offiziell in ihren Dienst in den Dekanaten Kronberg und Groß-Gerau-Rüsselsheim eingeführt wird Pfarrerin Zahradnik durch Dekanin Birgit Schlegel und Dekan Dr. Martin Fedler-Raupp im Rahmen eines Gottesdienstes am 15. September um 15 Uhr in der Stadtkirche Rüsselsheim, für das Dekanat Wetterau in einem Gottesdienst an der Dekanatssynode am 14. September um 9 Uhr in Bad Vilbel-Dortelweil.



X