Wie das Leben so spielt: Ursula Weddig empfiehlt regelmäßige Anpassung der juristischen Absicherung

„Meine große Leidenschaft und besondere Fähigkeit besteht im Entwerfen von Verträgen, Testamenten, Vorsorgevollmachten und Eheverträgen“: Rechtsanwältin Ursula Weddig erklärte, warum diese Dokumente stets individuell angepasst werden müssen. Foto: Friedel

Königstein (hhf) – Im Sommer letzten Jahres hat sich Rechtsanwältin Ursula Weddig, die in Wiesbaden seit 25 Jahren mit den Schwerpunkten Familienrecht und Berufsbetreuerin in einer renommierten Kanzlei tätig ist, mit einer Filiale in Königstein niedergelassen, nicht zuletzt, weil ihr das Ambiente hier sehr zusagt.

Dazu gehört auch die Vielfalt interessanter Abendvorträge, weshalb sie sich und ihre Fachgebiete nun ebenfalls auf diesem Weg vorstellte. Im Haus der Begegnung referierte sie die wichtigsten Dinge, die es rund um Ehevertrag, Testament und Vorsorgevollmacht zu beachten gilt. Mit launigen Fallbeispielen wie dem reichen Erbonkel Wilhelm aus Mammolshain, der Heinz in seinem Testament wie versprochen erwähnt („bekommen tust Du aber nix“) führte sie in die schwierige Materie der Juristerei ein. Da ist nämlich schnell Schluss mit lustig, wenn die Formulierungen nicht stimmen oder eine größere Erbengemeinschaft nur einstimmige Entscheidungen treffen kann.

Individuelle Anpassung

„Es kommt darauf an, was Sie persönlich und ganz individuell zu regeln wünschen und zu regeln brauchen“, so das Credo der Fachanwältin, die mehrere Gespräche empfiehlt, um die Lebenssituation auch wirklich zu erfassen – persönlich besucht sie ältere Mandanten auch gerne zu Hause. Dazu kommt, dass sich diese Situation verändert, meist langsam und fast unbemerkt – da macht es Sinn, Testament oder Ehevertrag nach rund zehn Jahren turnusmäßig wieder anzupassen. Aber auch die plötzlichen Veränderungen wie Verkehrsunfälle oder Unmündigkeit nach Drogenkarriere sollten schon für junge Menschen zum Beispiel mit einer Vorsorgevollmacht abgesichert sein.

Wohlgemerkt: Ein Muss gibt es nicht; wer kein Testament macht, vererbt sein Hab und Gut über die gesetzliche Erbfolge, die stammt aber aus der Zeit um 1900, daher kennt das BGB noch keine Patchworkfamilien oder getrennt lebende Ehegatten. Wer ein Testament alleine verfasst, muss sich an wichtige Regeln halten, damit es Gültigkeit besitzt, und vor allem dafür sorgen, dass es im Todesfall auch gefunden wird – ein Gang zum Notar alleine birgt das Problem, dass dieser nicht beratend tätig wird. Schließlich gibt es auch noch andere Möglichkeiten, zum Beispiel aus steuerlichen Gründen Dinge vorab zu regeln, wer aber einen Erbvertrag schließt, ist an ihn gebunden und kann ihn nicht mehr alleine ändern.

Das Leben verändert sich

„Es kann einige Zeit verstreichen, bis die Erben handlungsfähig sind“, allein daher empfiehlt sich eine Vorsorgevollmacht, die natürlich eigentlich für den Fall gedacht ist, dass jemand anderes für den lebendigen Vollmachtgeber handeln kann. Eng verwandt damit ist übrigens die Sorgerechtsverfügung, die im Fall des Falles regelt, wer sich um minderjährige Kinder kümmert. Sobald ein Mensch volljährig ist, entscheidet aber automatisch ein Gericht über die Person des Betreuers, Kinder oder Ehepartner sind das nicht automatisch. Dem kann mit einer Vorsorgevollmacht entgegengetreten werden, die ab ihrem Ausstellungsdatum gilt, in „geschäftsfähigem Zustand“ aber auch jederzeit widerrufen werden kann. Zum Beispiel während eines künstlichen Komas kann diese Vollmacht auch nur eine Zeit lang genutzt werden.

Interessant ist dabei die Möglichkeit – auch wieder im Zuge der individuellen Anpassung – verschiedene Aufgaben verschiedenen Personen zuzuordnen. So kann der Neffe, der Arzt ist, sich um Gesundheitsfragen kümmern, während die juristisch geschulte Schwester das Rechtliche regelt. Wenn wie so oft der Ehepartner diese Aufgaben übernimmt, kann es im Alter durchaus sinnvoll sein, ihm noch ein Familienmitglied aus einer jüngeren Generation zur Seite zu stellen. Und man sollte nicht vergessen, dass Banken gerne noch eine eigene Vollmacht verlangen, ohne die sich notwendige Zahlungen leicht verzögern können.

Wenn Liebe vergeht

„Verschwinden lassen“ als Antwort auf die Frage, wie die Frau nach 30 Jahren „leidvoller“ Ehe nun nicht ans Vermögen kommt, ist weder in der mörderischen Interpretation des Mandanten noch als finanzieller Ratschlag des Anwalts die optimale Lösung. Stattdessen sollten beide Lebenspartner sich zusammensetzen und eine Sammlung von Vereinbarungen treffen. Ein solcher Ehevertrag – der jederzeit vor der Eheschließung bis nach der Scheidung geschlossen werden kann – kann nach Erfahrung von Ursula Weddig auch einigen Seelenfrieden bei den Betroffenen erzeugen und so die Lebensqualität wieder steigern.

Wer frühzeitig das eheliche Miteinander – möglicherweise bis zur Frage, wer den Müll herausträgt – regelt, kann auch daraus Harmonie schöpfen und zum Beispiel ein Auseinanderleben verhindern, wenn ein Partner nur noch für den „Ironman“ trainieren will. Eheverträge müssen unbedingt von einem Notar beurkundet werden, nur berät dieser, wie bereits angemerkt, nicht und schon gar nicht zu Gunsten eines der Vertragspartner. Wer also – auch im Streit – zum Notar will, muss sich vorher einig werden, in der Regel wieder ein Fall für professionelle Hilfe. Und natürlich ändert sich auch im einvernehmlichen Miteinander immer wieder etwas, so dass ältere Eheverträge gelegentlich aktualisiert werden sollten.

Fachkundige Hilfe ist ratsam

Im wohlbekannten Bereich von Eigentum und Vermögen kann die richtige Entscheidung sogar Erbschaftssteuer sparen; zum Beispiel, indem ehevertraglich eine sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbart wird. Das bedeutet, der Vermögensausgleich wird nur für den Fall der Ehescheidung ausgeschlossen, für den Fall des Versterbens eines Ehegatten bleibt es bei der Zugewinngemeinschaft. Der Staat begünstigt schließlich die Zugewinngemeinschaft, da Zugewinn schenkungs- und erbschaftssteuerrechtlich befreit ist. Es kann aber auch der Bestand eines eigenen Unternehmens gegen amouröse Verirrungen abgesichert werden oder der Status von Kindern in einer Patchwork-Familie.

Formulierungen wie ein Ausschluss von Ehegattenunterhaltungsansprüchen können schließlich einen ganzen Ehevertrag ungültig machen, aber auch davor bewahren, dass ein Gericht im Scheidungsverfahren darüber neu beschließt. Und wieder gilt es, die Vernetzung mit den weiteren Lebensumständen zu beachten, ob das Ehegattenerbrecht mit Zustellung des Scheidungsantrages erlischt oder ein Gericht über die Wahrung der Interessen der Kinder wacht. Gerade in Sachen Nachwuchs, aber auch zum Thema (Riester-)Rente, sind reichlich Möglichkeiten verhandelbar, so viele, dass es für den Laien in der Tat ratsam scheint, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.



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