Orgelkonzert: Reubke und Brahms – zwei Stimmen des Jahres 1857

Königstein (kw) – Es verspricht ein interessantes Treffen am Sonntag in der evangelischen Immanuelkirche zu werden. Im Jahr 1857 komponierten zwei junge Komponisten zwei hochdramatische Orgelwerke, die in ihrer Zeit singulär waren. Die Wirkungsgeschichte von beiden Werken setzte allerdings erst mit einigen Jahrzehnten Verspätung ein. Julius Reubkes (1834–1858) Orgelsonate c-Moll über den 94. Psalm ist ein Werk von erschütternder Wucht und emotionaler Tiefe. Geschrieben unter dem Einfluss seines Lehrers Franz Liszt, verbindet sie dramatische Ausdruckskraft mit sinfonischer Architektur. Reubke führte das 30 Minuten dauernde Werk am 17. Juni 1857 an der monumentalen Ladegast-Orgel im Merseburger Dom auf. Von der Schwindsucht geschwächt, war es Reubke nicht vergönnt, seinen innovativen Weg der expressiven großformatigen Orgelmusik weiter zu beschreiten. Die Orgelsonate des Frühvollendeten wurde erst 1871 von seinem Bruder Otto Reubke herausgegeben und errang dann Ende des 19. Jahrhunderts durch namhafte Interpreten ihre Stellung als ein Hauptwerk der deutschen Orgelromantik.

Anders der Ton bei Johannes Brahms’ (1833–1897) Präludium und Fuge g-Moll aus demselben Jahr: Formal an die Tradition Bachs anknüpfend, erneuert hier der junge Brahms die alte barocke Formensprache auf eine romantisch-expressive Weise. Erst 1927 wurde das Werk veröffentlicht. Carmenio Ferrulli spielt beim 32. Orgelkonzert am 22. Juni um 17 Uhr zum letzten Mal an der Oberlinger-Orgel, die in der letzten Juniwoche abgebaut wird. Der Eintritt ist frei.



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