„Rechtsfeindliches Gedankengut“ hat in der Stadt nichts verloren – Königsteiner Parteien üben den Schulterschluss gegen die AfD

Königstein
(gs) – Es stimmt die Bürgerinnen und Bürger in Königstein schon heute nachdenklich, wenn eintreten wird, was von Seiten der AfD für den 6. Februar geplant ist: Die Bundespartei lädt anlässlich ihres 10. Gründungstages Mitglieder und Gastredner zu einer Feierlichkeit ins Haus der Begegnung (HdB) ein. Veröffentlichungen ist zu entnehmen, dass die Partei, die an einem 6. Februar in Oberursel gegründet wurde, eine Feier mit mehr als 200 geladenen Gästen im Großen Saal des HdB in Königstein plant. Zu dieser Veranstaltung sollen, neben vornehmlich hessischen Mitgliedern, auch hochrangige Parteimitglieder aus der Bundespolitik erwartet werden. Die Rede ist von Tino Chrupalla, Dr. Alice Weidel sowie dem Ehrenvorsitzenden der Partei, Dr. Alexander Gauland.

Der Aufschrei in der Stadt war und ist groß: Wie konnte es passieren, dass eine Partei, die vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ eingestuft wird und die „ihre Demokratiefeindlichkeit in der Vergangenheit immer wieder offenbarte“ (Patricia Peveling, Die Grünen) zum wiederholten Mal die Möglichkeit erhält, in Königstein eine Feierlichkeit auszurichten?

Mit Entsetzen und Unverständnis, so wird von allen politischen Gruppierungen einvernehmlich bestätigt, habe man davon Kenntnis erlangt, dass die Alternative für Deutschland (AfD) die nun anstehenden Feierlichkeiten in Königstein plane.

Großes Bedauern im Rathaus

„Persönlich bedaure ich es sehr, dass die AfD hier ein Jubiläum feiert, denn diese Partei passt ganz und gar nicht zu dem weltoffenen Charakter unserer Stadt, den wir gerade wieder in den Bemühungen um Flüchtlinge aus der Ukraine unter Beweis gestellt haben. Die Stadt Königstein hat auch keinen historischen Bezug zur AfD, und sie ist bei uns zahlenmäßig außerordentlich schwach und erst seit 2021 überhaupt im Parlament vertreten“, so Bürgermeister Leonhard Helm.

Das Haus der Begegnung sei allerdings der Öffentlichkeit gewidmet, was bedeute, dass es der Öffentlichkeit und nicht nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist, führt der Bürgermeister weiter aus.

„Aus dem Grundsatz der Parteienfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien (sogenanntes Parteienprivileg, vgl. Art. 21, Absatz 1 2GG, §5 Absatz 1 ParteiG) folgt dabei, dass die Gemeinden als Träger öffentlicher Gewalt sich gegenüber allen Parteien strikt neutral zu verhalten haben. Das gilt sogar für Parteien mit verfassungsfeindlichen Zielsetzungen, solange sie nicht durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verboten wurden“.

Imageschaden befürchtet

Schon bei den letzten beiden Veranstaltungen der Partei in Königstein habe es Aktionen und Demonstrationen der demokratischen Kräfte in Königstein gegen die Versammlung gegeben, so Runa Hammerschmitt, Co-Vorsitzende der ALK, die noch immer hofft, dass die Veranstaltung abgesagt werden kann. „Der mit so einer Veranstaltung verbundene massive Imageschaden für die Kurstadt – insbesondere der Eindruck, Königstein werde zum bevorzugten Treffpunkt für die AfD – ist unbedingt zu vermeiden“, so Hammerschmitt.

Demokratiegeschichte achten

„Eine Partei, die immer wieder ihre Demokratiefeindlichkeit offenbart, passt nicht in unsere Stadt“, stellt Patrizia Peveling, Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen fest. „Wie kann man im selben Raum Dienste an der Demokratie, an den Menschenrechten und der Integration würdigen und gleichzeitig eine vom Verfassungsschutz beobachtete, weil in Teilen antidemokratisch ausgerichtete Partei beherbergen?“, fragt Peveling, die damit auf die Verleihung des Eugen-Kogon-Preises in eben jenen Räumlichkeiten hinweist

Weltoffene Stadt

Von der Verlautbarung kalt erwischt wurde auch die Königsteiner CDU, die in Königstein eine „weltoffene und demokratische Stadt“ sieht. Engagierte Bürgerinnen und Bürger, die „bei Wahlen ihr Kreuz bei jenen Parteien machen, die fest mit dem Grundgesetz verankert sind“, tragen das gesellschaftliche Leben der Stadt, so Annette Hogh, Vorsitzende der CDU Königstein. „Ich finde es sehr ärgerlich, dass wir erneut in Königstein zum Schauplatz für eine antidemokratische, antieuropäische, antisemitische und rassistische Partei werden“, verleiht Hogh ihrem Ärger Ausdruck. „Königstein steht für all´ das, was die AfD nicht ist“, fügt sie abschließend hinzu.

Veranstaltung ist schwer zu verbieten

Bei allem Unmut über die angestrebten Feierlichkeiten weist Ascan Iredi, Vorsitzender der FDP, auf die begrenzten rechtlichen Möglichkeiten hin, die Veranstaltung noch zu verhindern. Die Vermietung, so führt er aus, obliege der Geschäftsführung des HdB – politische Gremien würden vor der Vermietung nicht eingebunden und müssten entsprechend auch nicht zustimmen. Auch seine Partei hält die Vermietung in diesem Fall für falsch, sieht jedoch „beträchtliche juristische Hürden, um die Entscheidung rückgängig zu machen. „Insbesondere auch deshalb, weil die AfD hier nur eine eher geringe Rolle spielt, ist es unpassend, ihr ausgerechnet hier eine Plattform für den medialen Auftritt zu bieten“, so Iredi.

Parteien geben sich kämpferisch

„Die AfD ist eine rechtsextreme und undemokratische Partei, die mit den Werten des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren ist“, so Tina Blome, Vorsitzende der SPD Königstein. Als „größter geistiger Brandstifter“ werde die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet, und es sei kaum zu ertragen, dass diese Partei ihr 10-jähriges Jubiläum ausgerechnet in Königstein feiere. Dies, so Tina Blome, werde die SPD nicht unwidersprochen hinnehmen und hoffe deshalb auf ein breites gesellschaftliches und politisches Bündnis, das gegen die AfD „Flagge zeigt“!

Mit diesem Aufruf steht die SPD-Vorsitzende erfreulicherweise nicht alleine. Alle politischen Gruppierungen sind sich in einem einig: Flagge zeigen ist wichtig! Wenn zum aktuellen Zeitpunkt auch noch nicht gemeinsam, so plant doch jede im Stadtparlament vertretene Partei die Teilnahme an umfassenden Protestaktionen für die Einhaltung demokratischer Werte und gegen die AfD. Keine der Parteien ist bereit, die Veranstaltung kommentarlos hinzunehmen, und sie alle sind in dem Bestreben vereint, eine „Gegenveranstaltung“ zu organisieren.

„Wir müssen ein klares Zeichen setzen und der AfD eindeutig zu verstehen geben, dass sie in Königstein nicht willkommen ist“, meint Alexander Hees, Fraktionsvorsitzender der CDU Königstein. „Wir müssen laut und deutlich unser Missfallen äußern. Alle Königsteinerinnen und Königsteiner, die eine solche Veranstaltung nicht unterstützen möchten, können sich der Gegenveranstaltung der demokratischen Parteien aus Königstein anschließen“, so Hees. „Je mehr teilnehmen, desto deutlicher wird es, dass die AfD sich beim nächsten Mal eine andere Stadt suchen muss“, betont Annette Hogh abschließend. Auch Patricia Peveling (Bündnis 90/Die Grünen) lädt alle Parteien in Königstein zum Schulterschluss gegen „rechtes Gedankengut“ ein, um deutlich zu machen, dass sich Königstein von diesem nicht vereinnahmen lasse.

Auch Runa Hammerschmitt, Co-Vorsitzende der ALK, merkt an, dass die ALK eine konzertierte Aktion der demokratischen Kräfte in Königstein mit allen Möglichkeiten unterstützen werde.

Man werde zeigen, dass die Menschen in der Kurstadt Pluralismus, Weltoffenheit und Toleranz leben, sich mit ihren ukrainischen Gästen solidarisieren und sich den von der AfD propagierten Thesen mit „wehrhafter Demokratie“ entgegenstellen.



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