Reinhild Fassler sammelt wieder Lebensmittel für den Franziskustreff: Die Corona-Krise trifft Obdachlose besonders hart

So sieht es gewöhnlich zur Osterzeit bei Reinhild Fassler aus: Die Schoko-Hasen tummeln sich en gros im Flur. Nicht immer dagegen beleuchtet die Frühlingssonne die Szenerie so idyllisch wie auf unserem Archivfoto aus dem Jahr 2018. Foto: Friedel

Königstein/Frankfurt (hhf) – „Ich muss Ihnen mitteilen, dass ich den Spendenaufruf zur diesjährigen Osteraktion geändert habe...“ – Allein dieser Satz genügte, um sofort zum Telefon zu greifen und sich mit Reinhild Fassler zu unterhalten. Seit 2008 ist sie in der ganzen Region als Organisatorin der Oster- und Weihnachtsspenden für den Franziskustreff in Frankfurt bekannt. Dort werden – Achtung, kein Schreibfehler – von Kapuzinermönchen Obdachlose betreut, indem sie zum Beispiel Frühstück bekommen und weitere Hilfen, die sich über das Gespräch am Frühstückstisch ergeben.

Damit diese ärmsten der Armen sich auch an Ostern und Weihnachten besonders freuen können, ruft Reinhild Fassler regelmäßig zu Spenden auf, deren Einsammlung und Weiterleitung sie selbst organisiert. Traditionell gehören dabei neben allgemeinen Lebensmitteln eben Osterhasen oder Weihnachtsmännchen aus Schokolade und ähnliches, Dinge die zuerst eine hübsche Tischdekoration abgeben, bevor sie dann mitgenommen und gegessen werden dürfen.

Sorge um Ehrenamtliche

Selbstverständlich war die gelernte Opernsängerin zu den Feiertagen dann mit vor Ort und half, Kaffee und Geschenke zu verteilen. Dieser Satz steht nun allerdings bewusst in der Vergangenheitsform, denn da greifen die ersten der angekündigten Änderungen. Natürlich dem Schutz vor der Ausbreitung des Coronavirus geschuldet, hat Bruder Paulus nun bei Reinhild Fassler angerufen und sie gebeten, in diesem Jahr besser nicht zu kommen – sie ist nicht mehr ganz im jugendlichen Alter und natürlich ist das Infektionsrisiko in der Nähe von Obdachlosen erhöht. Sie sind aufgrund ihrer Lebensumstände gegen alle Arten von Infektionen schlecht geschützt.

„Obdachlose Menschen spüren die Corona-Krise besonders hautnah“, erklären hierzu die Fratres im Franziskustreff: „Ihnen fehlt es schlicht an Einnahmequellen. Weniger Plastikflaschen, kaum Leute auf der Straße, und jene, die sie regelmäßig auf dem Weg zum Einkaufen oder Arbeiten unterstützt haben, bleiben auch weg. Deswegen bemüht sich der Franziskustreff, die Türen geöffnet zu halten. Mit Spenden wird diesen bedürftigen Menschen gerade in dieser Zeit intensiv geholfen.“

Obdachlose werden vergessen

Bruder Michael – der Einrichtungsleiter des Franziskustreffs – und Bruder Paulus als Vorstand der Franziskustreff-Stiftung besprechen derzeit täglich, wie sie die weiter versorgen können, „die jetzt am meisten gestresst sind und in der allgemeinen Aufregung leicht vergessen werden“. Sie können weder vorausplanen noch Lebensmittel horten.

Dazu kommt, dass Obdachlosen auch die Mittel fehlen, sich angemessen zu schützen – das fängt bei der fehlenden Wohnung an, in der man sich einigeln könnte, führt über wenige Möglichkeiten, sich auch nur die Hände zu waschen bis zum fehlenden Geld für Desinfektionsmittel oder Medikamente. Und nicht zu vergessen – oft verfügen sie aufgrund angegriffener Gesundheit ohnehin schon nicht mehr über große Widerstandskräfte, eine klare „Risikogruppe“ also.

Angebot aufrecht halten

„Deswegen möchten wir auf jeden Fall das Angebot von Gastfreundschaft mit Frühstück und Sozialberatung aufrecht erhalten“, sind sich die Brüder gerade in diesen schweren Zeiten einig. Trotz Gottvertrauen gehen sie die Sache nicht leichtfertig an, sondern minimieren das Risiko, dem sie sich freilich bewusst aussetzen: „Wir haben die Plätze im Franziskustreff reduziert, sodass unsere Gäste nun in Ruhe frühstücken können, und nicht jemanden gegenüber sitzen haben. So verwirklichen wir die empfohlene Distanzregel.“ Um den nötigen Abstand herzustellen, ohne Menschen abweisen zu müssen, haben sie an der Stellschraube „Zeit“ gedreht, die Verweildauer für den Einzelnen verringert sich dadurch auf 20 Minuten. Auch auf die „Handhygiene“ wird nun besonderer Wert gelegt, schon im Hof vor der Tür ist eine spezielle Waschgelegenheit installiert worden.

Um die knappe Verweildauer im Frühstücksraum auszugleichen, bleibt die Liebfrauenkirche von 6.30 bis 21.30 Uhr geöffnet und kann als einigermaßen geschützter Ruhe-Ort genutzt werden.

Gottvertrauen

„Unser Dank geht an alle, die dieses Frühstücksangebot mit uns weiter aufrecht erhalten“, so die Kapuziner, die unter anderem den „Wohltäterabend“ am 19. März natürlich abgesagt haben. „Wir respektieren und ermuntern aber auch alle unsere Ehrenamtlichen, gern offen zu sagen, wenn sie in den nächsten Wochen pausieren möchten.“ Sie selbst halten es mit dem Gottvertrauen von Bruder Wendelin, das ihn immer bewegte im Blick auf die Armen: „Gott sorgt für sie“.

Mit Gottvertrauen geht auch Reinhild Fassler trotz aller Einschränkungen weiter ans Werk, um „für die Armen, Obdachlosen und Ausgegrenzten in unserer Region Ostereier, Süßigkeiten, Gebäck und Schokoladen-Osterhasen“ einzusammeln, die sie im Franziskustreff Frankfurt bei Bruder Michael und Bruder Paulus abgeben will: „Wir freuen uns auch über Obstspenden und Kaffee!“

Wie und wo Spenden abgeben?

Beim Stichwort „Obst“ ein Blick in den Kalender: Karfreitag ist in diesem Jahr am 10. April. Ab sofort können gute Gaben bis Samstag, 11. April, vorerst bei zwei Privatadressen abgegeben werden – es ist vielleicht besser sich zuvor telefonisch über das Verfahren abzusprechen. Die in den anderen Jahren immer beteiligten Pfarrbüros sind derzeit leider geschlossen.

Als Anlaufstellen fungieren:

Reinhild Fassler, Gerichtstraße 17, Königstein, Telefon: (06174) 62137

Frau Kerth, Grabenstraße 1, Schloßborn,

Konditorei Kreiner, Fußgängerzone Königstein, Herr Kiefer. Er weist allerdings auf die aktuell geänderten Öffnungszeiten hin, nämlich von Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 13 Uhr.

Ein klares Wort der Redaktion

Die beiden Damen halten mutig an ihrem Spendenkonzept fest, das ganz gezielt auf der persönlichen Abgabe von Sachspenden, die dann in den Franziskustreff transportiert werden, fußt. Trotz aller Umstände ist ihnen diese persönliche Verbindung immer wichtiger gewesen als die einfache Variante Geld – und der langjährige Erfolg der Spendenaktion gibt ihnen auch Recht.

Dennoch möchten wir Spendenwillige dazu ermuntern, in diesem besonderen Jahr in Eigeninitiative telefonisch nach möglichen Kontoverbindungen zu fragen, oder vielleicht die Briefkästen an den genannten Adressen als Bargeld-Einwurf zu benutzen. Sicherlich sind auch die weiterhin telefonisch erreichbaren Pfarrbüros in der Lage, Spenden über ihre Konten weiter zu leiten.

Sicher lässt sich auch der Postweg nutzen – möglicherweise für relativ teure Päckchen, gewiss aber für ein aufmunterndes Osterkärtchen, das mit einer eingelegten Spende relativ gefahrlos in den Franziskustreff mitgebracht werden kann.
Holger Friedel

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