Wo Schätze ihre Besitzer wechseln

„Mein Vater war ein verrückter Sammler“, sagt Katharina von Ketelhodt. Auch historische Postkarten brachte sie an den Mann. Foto: Schramm

Königstein (as) – Es gibt Sonntage, an denen schon um 10 Uhr am Morgen in der gesamten Königsteiner Innenstadt kein einziger Parkplatz zu ergattern ist. Wenn der Antik- und Trödelmarkt stattfindet, ist es ein solcher. Vom Kapuzinerplatz über die Fußgängerzone und hinein in den Kurpark herrscht ein gewaltiger Auftrieb, die Stände der gut 80 privaten Händler sind regelrecht belagert. Wer ein besonderes Sammlerstück finden möchte, muss in der Regel früh dran sein, auch wenn der Markt bis 16 Uhr dauert.

An vielen Ständen gibt es echte Antiquitäten aus Silber, Bronze, Glas oder Holz; Porzellan, Schmuck und gerahmte Bilder sind allgegenwärtig, an vielen Ständen gibt es alte und nicht ganz so alte Bücher der unterschiedlichsten Genres, dazu Schallplatten und CDs. Auch gut erhaltene Kleidung und Elektrogeräte wechseln den Besitzer – und es gibt auch viel „Nippes“. Sachen, die man nicht wirklich braucht, die aber für den einen oder anderen durchaus einen hohen individuellen Wert haben. Es geht zu wie auf dem Basar, Handeln und Feilschen gehören auch dazu – das ist für viele der besondere Reiz, ein Schnäppchen zu machen.

Wiltrud Fetscher hat mit ihrem Mann ihren Stand auf dem Kapuzinerplatz aufgebaut. „Wir kommen seit 15 Jahren“, sagt die Oberurselerin und berichtet zufrieden, in den ersten Stunden schon ganz gut verkauft zu haben. Auf ihrem Tisch sieht es aus wie in einem Gemischtwarenladen, wobei Schmuck, Glas und Porzellan dominieren, ins Auge sticht ein formschöner Kaffeekern mit Kanne, Milchkännchen und Zuckerdose aus den 1930er Jahren. „Wir gegen auch selbst auf Flohmärkte und kaufen dazu, was uns anspricht“, sagt Wiltrud Fetscher. Wer verkaufen will, muss ab und an auch mal ins Sortiment investieren.

Esther Schaller, Mitarbeiterin dieser Zeitung, ist ganz kurzfristig bei einem Termin in der Millenium Buchhandlung auf den Antikmarkt aufmerksam geworden und hat von Organisatorin Frauke Heckmann vom Verein für Heimatkunde dennoch einen tollen kleinen Stand in der Fußgängerzone bekommen. Ihr Grund, dabei zu sein: „Ich bin von einem Haus in eine Wohnung umgezogen, ich trenne mich von fast allem.“ Ihr Lieblingsstück ist der Nachdruck des Bildes „Strandspaziergang“ von Peder Severin Krøyer. Das wertvolle ist aber der Biedermeier-Rahmen. „Für unter 30 Euro gebe ich es nicht her“, kündigt die Journalistin an. Am Ende sind es doch „nur“ 27 Euro, für die Tanja Kies aus Königstein das Stück ersteht. So läuft das auf dem Antikmarkt. Aber das Bild hat die richtige Abnehmerin gefunden: „Ich liebe die See und bin alle sechs Woche in den Niederlanden. Ich brauche Bilder, die Sehnsucht hervorrufen“, sagt Tanja Kies. Und für Schaller ist „der schönste Flohmarkt überhaupt“.

Nebenan betreibt Katharina von Ketelhodt aus Bad Soden einen ungewöhnlichen Stand: Taschen und Koffer aus Leder, Holzschatullen, Messingleuchter, Bronzestücke – fast ein echter Antiquitätenhandel. „Mein Vater war ein verrückter Sammler“, erzählt sie. „Ich liebe die Sachen, aber ich kann nicht alles behalten.“ Sie ist das vierte Mal beim Antikmarkt und wieder zufrieden mit dem Verkauf.

Alltagsnäher geht es am Stand der früheren Bürgermeisterkandidatin Nadja Majchrzak zu. Drei erwachsene Kinder hat sie, und einiges auf dem Tresen hat früher sicher einen besonderen Platz gehabt in einem der Kinderzimmer – wie eine wertvolle Ritterfigur von Schleich, bei der sie gewiss nicht handeln werde. „Der kostet 50 Euro.“ Dass in der Familie Fußball eine große Rolle spielt – ihr Mann Steffen Schmidt ist Vizepräsident beim 1. FC TSG –, sieht man an einer Reihe von Autogrammkarten. Ganz besonders ins Auge fällt die Originalunterschrift von Istvan Sztani, einem der letzten noch Lebenden der einzigen Meistermannschaft von Eintracht Frankfurt im Jahr 1959 und vor nicht allzu langer Zeit mit über 80 noch Jugendtrainer bei den Königsteiner Fußballers. Ganze zwei Euro soll das Autogramm kosten – und doch hat es noch kein Liebhaber der Adlerträger entdeckt. Der Autor dieser Zeilen wird fast schwach, hofft aber, dass noch ein junger Fan oder echter Sammler vorbeikommt, für den das Autogramm ein wahrer Schatz ist. Ein Griff in die Schatzkiste – ja, der ist durchaus möglich auf dem Königsteiner Antik- und Trödelmarkt.

Weitere Artikelbilder



X