Stadtparlament beschließt Beendigung des Verkehrsversuchs in der Innenstadt

Königstein
(gs) – Steht nun das Ende der „Verkehrsdrehung“ bevor? – Es war ein langer Abend in der Stadtverordnetenversammlung, der um ca. 23.30 Uhr mit einer Entscheidung endete, die zwar nicht wirklich überraschend war, aber auch allerhand Fragen offen ließ.

In ihrer Sitzung am 22. September haben die Stadtverordneten mit den Stimmen der ALK und der FDP die Beendigung des Verkehrsversuchs in der Innenstadt beschlossen. Mit 16 Ja- und 14 Nein-Stimmen hätte die Abstimmung zu dieser späten Stunde nicht knapper ausfallen können.

Vorausgegangen war eine lange und intensive Diskussion um die Vor- und Nachteile des Verkehrsversuchs, der damit einhergehenden Verkehrsdrehung und der Notwendigkeit barrierefreier Bushaltestellen. Es wurde viel bemängelt, in Frage gestellt und negativ bewertet, was letztendlich zum Beschluss der Beendigung des Verkehrsversuchs und einem damit einhergehenden Wunsch nach Neuplanung mündete.

Beschlussvorlage des Magistrats

Die Beschlussvorlage des Magistrats sah vor, der Verlängerung des Verkehrsversuches bis zum 6. April zuzustimmen. In der Vorlage wurde ausgeführt, in welcher Form eine umfassende Bürgerbeteiligung möglich war und welche Stellungnahmen es zu dem Versuch gegeben hat. Unter Berücksichtigung der Kritik aus den Reihen der Gewerbetreibenden hatte das Planungsbüro IMB-Plan alle Eingaben ausgewertet und einer Bewertung unterzogen. Aufgrund dieser Erhebungen wurden Nachbesserungen erarbeitet, die z.T. bereits umgesetzt wurden (Kurzzeitparken auf P1 und P2). Einige weitere Verbesserungen, darunter die Anbringung dauerhafter Fahrbahnmarkierungen, waren nach dem Verlängerungsbeschluss in Planung. Darüber hinaus empfahl das Planungsbüro die Verlängerung der Testphase über den Winter hinaus, um die Auswirkungen veränderter Witterungsverhältnisse prüfen zu können.

Gegenantrag der FDP-Fraktion

Dem entgegen stand der (geänderte) Antrag der FDP-Fraktion, die Testphase „Umkehrung der Busfahrrichtung“ zum nächstmöglichen Zeitpunkt (Fahrplanwechsel) zu beenden. Innerhalb eines halben Jahres sei, so der Antrag, eine Neuplanung vorzulegen, die folgende Elemente beinhalten müsse: ein Durchfahrtsverbot für den Individualverkehr ab jetziger Ausfahrt P2 bis zur jetzigen Ein- und Ausfahrt P1, Alternativen zur Gewährleistung der Barrierefreiheit der Bushalteplätze und ein Konzept für ausreichend Parkplätze.

Als Begründung führte die FDP in ihrem Antrag die deutliche Ablehnung der Verkehrsdrehung durch die Bürgerinnen und Bürger an. Insbesondere die Probleme mit Park- und Halteplätzen für Pkw und die Verkehrsführung an der Kreuzung Adelheid- und Klosterstraße sowie die Anwesenheit von Bussen rund um die Konrad-Adenauer-Anlage werde negativ wahrgenommen. Einzig positiv von den Bürgerinnen und Bürgern würde die Verkehrsberuhigung in der Georg-Pingler-Straße bewertet. Die bisher vorgelegten Planungsentwürfe seien alle kein „großer Wurf“ gewesen, weshalb mit mehr Kreativität und Veränderungswillen in eine Neuplanung gegangen werden müsse.

Bürgermeister warb für Weiterführung des Versuchs

In seiner Stellungnahme wertete Bürgermeister Leonhard Helm die Zustimmung zur Weiterführung des Verkehrsversuchs als „essenziell für die Entwicklung der Stadt“. Veränderungen, so Helm, müssten vorgenommen werden und der heute sichtbare Versuch sei nur ein Ausschnitt aus einem großen Ganzen, dessen Funktionsfähigkeit man prüfen wolle und das in seiner Gesamtheit so viel mehr sei, als heute im Versuch sichtbar sei. Zur nochmaligen Verdeutlichung des Gesamtkonzeptes war Dipl. Ing. Claas Behrend vom Planungsbüro IMB Plan in die Versammlung der Stadtverordneten gekommen und legte die Planungen nochmals dar, wobei er auf die begrenzten Möglichkeiten verwies – wolle man die Stadt nicht zu einer jahrelangen Baustelle machen.

Aus Sicht der Planer sei der Verkehrsversuch bisher gut verlaufen und es gebe durchaus Optimierungsbedarf, der in Bälde „angegangen“ und weiter Verbesserungen bringen werde.

Zu wenig Kreativität

Ascan Iredi, Fraktionsvorsitzender der FDP, begründete den Antrag seiner Fraktion mit dem Attraktivitätsverlust der Konrad-Adenauer-Anlage. Die Tatsache, dass nun rund um die Anlage Busse stünden, sei nicht tragbar und erfordere eine Um- oder Neuplanung. Er sah den Verkehrsversuch, auch aufgrund der zahlreichen negativen Rückmeldungen aus der Bevölkerung, als gescheitert an. Aus seiner Sicht habe man hier keine erfolgreiche Planung umgesetzt, sei wenig kreativ und es fehle die Bereitschaft zu wirklicher Veränderung. Diese „Fehlentwicklung“, so Iredi, müsse nun korrigiert werden.

Unterstützung erhielt er von Nadja Majchrzak, Co-Vorsitzende der ALK, die ebenfalls eine positive Resonanz der Bürgerinnen und Bürger vermisste. Das gezeigte bürgerliche Engagement müsse, auch wenn es nicht positiv sei, gewürdigt und beachtet werden. Die Verkehrsdrehung bringe keinen wirklichen Mehrwert, der nicht auch ohne sie zu erreichen wäre. Auch sie wertete den Verkehrsversuch als gescheitert. „Neu denken und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger planen“ war ihr Credo, mit dem sie den Antrag der FDP-Fraktion zur Beendigung der Testphase unterstützte.

Befürworter konnten sich nicht durchsetzen

Schützenhilfe bekam Bürgermeister Leonhard Helm von allen anderen Parteien im Stadtparlament. Für die CDU sprach sich Heinz Alter für die Weiterführung des Verkehrsversuchs aus. Die Beendigung, so Alter, sei nicht der richtige Weg. Man müsse der Stadt und vor allem der Georg-Pingler-Straße eine Chance geben, denn die angestrebten und geplanten Veränderungen würden auch den Gewerbetreibenden in der gesamten Innenstadt zugutekommen. Es lohne sich, den eingeschl
agenen Weg weiter zu gehen, Probleme zu benennen und Lösungen zu erarbeiten – zum Wohle aller in der Stadt. Allerdings machte Alter auch deutlich, dass die Innenstadt Königsteins nicht der richtige Platz für einen Busknotenpunkt für den gesamten Hochtaunuskreis sein könne. Hier müssten Lösungen erarbeitet und auf den Weg gebracht werden. „Es gibt bessere Wege, als alles zurückzudrehen“, waren die abschließenden Worte seiner Rede. Auch die SPD unterstützte den Antrag des Magistrats und war überzeugt, dass ein kompletter Neuanfang nicht weiterhelfe. Die Bürgerbeteiligung habe gezeigt, dass es Knackpunkte gebe, an denen gearbeitet werden müsse. Für das Bündnis90/DIE GRÜNEN hätte eine Verlängerung der Testphase ebenfalls Sinn gemacht – solange es noch Optionen gegeben hätte, wäre eine Weiterführung aus ihrer Sicht sinnvoll gewesen. Bei einem Abbruch und vollständiger Neuplanung gehe nicht nur wertvolle Zeit verloren, sondern würden auch erhebliche Kosten entstehen, die es zu vermeiden gelte.

Großbaustelle und hohe Kosten?

Sichtlich aufgewühlt ergriff Bürgermeister Leonhard Helm noch einmal das Wort und warnte davor, den Verkehrsversuch abzubrechen. „Wenn sie das alles nicht wollen, werden am Ende Busse in der Hauptstraße stehen“, warf er in die Runde und war sich sicher, dass dies nicht der Weisheit letzter Schluss sein könne. Alternativ, so Helm, müssten große bauliche Eingriffe in der Konrad-Adenauer-Anlage erfolgen, die die Innenstadt jahrelang zu einer Baustelle werden ließen – ganz abgesehen von den enormen Kosten, die eine solche Lösung mit sich brächte. „Veränderung braucht Mut – wer den nicht hat, wird zum ,Totengräber‘ der Innenstadt“, waren seine warnenden Worte.

Neue Ideen sind gefragt

Am Ende konnten sich die Befürworter der Fortführung des Verkehrsversuchs nicht durchsetzen. Mit knapper Mehrheit wurde der Antrag der FDP zur Beendigung des Verkehrsversuchs durch das Stadtparlament angenommen. Dies bedeutet, dass der Verkehrsversuch gestoppt und eine „Rückabwicklung“ – spätestens mit dem nächsten Fahrplanwechsel – erfolgen wird. Wie dies genau aussehen wird, welche Veränderungen zu welchem Zeitpunkt stattfinden und ob das Ganze reibungslos ablaufen wird – dies alles wird sich in den nächsten Wochen und Monaten erst zeigen.

Tatsache ist jedoch, dass mit dem Abbruch auch die Gesamtplanung in ihrer bisherigen Form nicht weitergeführt werden wird. Abgesehen von den bereits getätigten Investitionen zur Durchführung des Verkehrsversuchs werden nun Kosten für den Rückbau und eine Neuplanung in den Haushalt aufgenommen werden müssen. Darüber, welche neuen Ideen die Vertreter der FDP und der ALK verfolgen möchten, gab es in der Sitzung bedauerlicherweise keine Informationen. Man darf also gespannt sein, wie das Thema „Innenstadtgestaltung“ in Zukunft weitergehen wird.



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