Villa Kohnstamm: Neue Nutzung für prominentes Kulturdenkmal

Das Sanatorium Dr. Kohnstamm, heute mit Taunusschiefersockel, romantischen Balkonen und Fachwerkakzenten. Fotos: privat

Königstein
(kw) – Das Anfang des 20. Jahrhunderts als Arbeits- und Wirkstätte des Neurologen Dr. Oscar Felix Kohnstamm und seiner Gattin Eva dienende gleichnamige Sanatorium am Ölmühlweg ist prominentes Kulturdenkmal, das in Kürze Wohnen, Arbeiten und Tagen in historischer Umgebung unter einem Dach ermöglicht.

Verantwortlich dafür zeichnet der Königsteiner Markus Demme, der das 8.523 Quadratmeter große Areal mit drei historischen Gebäudekomplexen samt Parkflächen gekauft hat und es in „Oscar & Eva“ umgetauft hat.

Als Beweggründe für den Erwerb nennt er neben dem architektonischen Reiz die vielfältige historische Nutzung des Gebäudeensembles, die in Verbindung mit der vorhandenen Grundrissgestaltung hohe Flexibilität für Entwickler und Eigennutzer biete.

In den Jahren 1905 und 1911 erbaut, entstanden Demme zufolge nach Modernisierungen in den Jahren 2002, 2006 und 2012 in der einstigen Klinik Kohnstamm geräumige Büro- und Behandlungsflächen, Wohneinheiten unterschiedlicher Größe und 25 Gästezimmer. Zusätzlich existieren Tagungsräume.

Wie er berichtet, wollte er das Sanatorium plus Kurhotel und Park vor einigen Jahren schon einmal kaufen. Der Vertragsabschluss sei zu seinem großen Bedauern zum damaligen Zeitpunkt nicht zustande gekommen. Den genauen Kaufpreis des nunmehr erfolgreichen zweiten Anlaufs verrät er nicht. Er habe jedoch einen höheren siebenstelligen Betrag bezahlt.

Dieser sei jedoch gerechtfertigt, so Markus Demme. Büroflächen, Konferenzräume, Gästezimmer, Wohneinheiten und eine voll eingerichtete Großküche nebst Speisesaal sowie mehr als 45 Stellplätze seien mit dem Kauf an ihn übergegangen.

Das 1905 von den Frankfurter Architekten Josef Rindsfüßer und Martin Kühn gebaute Haupthaus wurde, so Demme, 1911 vom Offenbacher Architekten Prof. Hugo Eberhardt, Gründer des Offenbacher Ledermuseums und Leiter der Werkkunstschule (heute Hochschule für Gestaltung), erweitert und die Gebäude durch Brunnenhaus, Brunnenhof, Skulpturen und Wasserelemente vereint. Dichter, Denker, Musiker und Maler weilten demnach vor Ort und wandelten durch die Anlage. Bauliche Akzente setzen noch heute Taunusschiefersockel, romantische Balkone und Fachwerkelemente.

Kohnstamm studierte an der Berliner Charité und promovierte dort über Muskelkontraktionen. Sein „Kohnstamm-Effekt“ ist bis heute bekannt. Ehefrau Eva war die Tochter seines Berliner Doktorvaters, Dr. Johannes Gad.

Oscar Kohnstamm nutzte in seiner Hydro- und Lufttherapie Erkenntnisse des Königsteiner Kurbegründers Dr. Georg Pingler, erweiterte sie jedoch durch Hypnose und Suggestion. Wichtig waren dem Mediziner die gute Ernährung seiner Patienten. Besonders aber sollten sie ihre Talente ausleben.

Der deutsche Schriftsteller und Schauspieler Gerdt von Bassewitz schrieb im Sanatorium Kohnstamm seinen Klassiker „Peterchen‘s Mondfahrt“. Der deutsche Komponist und Dirigent Otto Klemperer füllte die Räume mit virtuosem Klavierspiel.

Ernst Hardt, Schriftsteller und erster Intendant des WDR, Dramatiker Carl Sternheim, Botho Graef, bekannter Berliner Kunsthistoriker, und Henry van de Velde, Wegbereiter des Bauhaus – sie alle besuchten das Sanatorium.

Bis heute lebt besonders der Geist Ernst Ludwig Kirchners, Wegbereiter des Expressionismus nach. Im Treppenaufgang des Brunnenhauses malte Kirchner 1916 den international bekannten „Fehmarn-Zyklus“ aus drei im Meer badenden Damen. Die Originale wurden 1937 von den Nationalsozialisten als „Entartete Kunst“ zerstört.

Reproduktionen auf Textil sind als Nachbildungen an den Originalwänden befestigt. Ihr Anblick entführt in die „historische Schatzkammer“, die künftig Wohnen, Arbeiten und Tagen in zentraler Anbindung zur Mainmetropole Frankfurt vereinen. Auf Wunsch sollen in Zukunft auch historische Führungen entlang des Kirchner Treppenaufgangs möglich sein.

Weitere Artikelbilder



X