Das Woogtal in Stand setzen, nicht ganz der Natur überlassen

Miklos Karlocai wohnt in der Frankfurter Straße und wandert von dort aus gerne in die grünen Randbereiche der Kurstadt:

Das Woogtal ist eine Perle Königsteins. Früh morgens kann man hier äsende Rehe beobachten, dann ziehen die Jogger ihre Kreise und schließlich erscheinen die Gassi-Hunde mit ihren Frauchen, eine spontane und fröhliche Gesellschaft bildend. Die ersten Sonnenstrahlen vergolden den Ententeich, am Ufer bemühen sich die Frühschwimmer in Richtung Freibad.

Manche Wanderer erscheinen und halten Rast, gehen über die Kneipp-Treppen ins knietiefe Wasser bevor sie in Richtung Taunus weitermarschieren. Die Rentner und die Student*innen belagern die Sitzbänke, genießen die Stille oder hören dem Zwitschern der Vögel zu, während sie ihre Bücher oder Notizen lesen. Es kommen Kinder, um die Enten mit getrocknetem Brot zu füttern, im Bach Wasserhindernisse zu bauen oder barfuß auf dem Rasen zu rennen.

Am Nachmittag, den Arbeitstag abschließend, machen viele Königsteiner einen Spaziergang im Tal, beobachten die schüchternen Graureiher auf der Insel und die im Tiefflug Wasser schöpfenden Schwalben. Wenn die Sonne tiefer steht, kann man im Gegenlicht bei richtigem Winkel die dicken Karpfen unter Wasser beobachten, wie sie die spiegelglatte Oberfläche mit ihrem Rückgrat von unten ankratzen. Nach Sonnenuntergang kommen spazierende Liebespärchen. Die Jugendlichen versammeln sich auf der Pfadfinder-Halbinsel, um bei Lagerfeuer zu plaudern. In dieser geschützten und menschenfreundlichen Umgebung fühlen sich alle wohl.

Es wäre schön, wenn diese paradiesische Fläche weiterhin so bliebe. Es gibt aber Menschen, die das nicht wollen. Ob sie neidisch auf die fröhlichen Woogtalbesucher sind oder andere Beweggründe haben: Sie wollen das Woogtal der Natur überlassen. Wohin das führt, braucht man nicht abzuwarten – mit einem kurzen Spaziergang kann man das unberührte obere Billtal besuchen. Bis zum Stoltze-Plätzi kommt man mit einigen Schwierigkeiten schon durch, ab dort ist das Tal mit undurchdringlichem Geröll des Rombachs und zerfallenen Baumstämmen völlig versperrt. Das ist Natur pur, da hat der Mensch nichts zu suchen. Geht auch keiner hin.

Die Natur braucht keinen Schutz. Das beweist der undurchdacht zu früh abgelassene Woogtalteich: Mit voller Kraft wächst Kraut und Unkraut gen Himmel, und wenn nicht eingegriffen wird, entsteht da in ein paar Jahren ein neuer Urwald. Was die Menschen für Jahrhunderte gebaut und gepflegt haben, zerstört die Natur gnadenlos in kürzester Zeit.

Schutz brauchen die Menschen. Unser modernes Stadtleben mit Stress und Gesundheitsschäden soll in der gepflegten Natur kompensiert werden. Das Woogtal ist für Königsteiner nach dem Kurpark die wichtigste Rekonvaleszenzmöglichkeit. Das im Namen des Naturschutzes zerstören zu wollen, ist eine kurzsichtige und menschenfeindliche Idee.

Das Woogtal braucht eher eine Modernisierung. Der obere Abfangteich (vor zwei Jahrzehnten aufgegeben und dadurch der Verursacher der Verschlammung des großen Teiches) sollte ausgegraben werden. Die Wegführung des Umgehungskanals ist erosionsanfällig, sollte professionell geplant und umgebaut werden. Das vom nördlichen Hang des Tals aus sickernde Wasser sollte unterirdisch so abgeführt werden, dass die Gehwege trocken bleiben. Die Regenwasserableitung sollte auch nach einem kräftigen Regen Überflutung und die Zerstörungskraft des Wassers abwenden. Die abgebrannte Schutzhütte sollte wieder aufgebaut werden, ein Toilettenhäuschen nahe des Freibades wäre wünschenswert. Der große Teich sollte tief ausgegraben werden. Ob der Schlamm unterhalb des Dammes abzulagern oder wegzutransportieren ist, ist sowohl eine ästethische- als auch eine Geldfrage. Dies alles kostet bestimmt etwas, danach könnte man aber den Teich wieder auffüllen und das Woogtal weiterhin als Perle Königsteins erhalten.



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