Vorhang auf: Finale furioso bei den Herbstferienspielen

Zirkuskinder für eine Woche. In der Turnhalle von Mammolshain standen Turnen, akrobatische Tricks, Jonglieren, Einradfahren und ganz viel Spaß auf dem Programm. Fotos: Stemper

Mammolshain (ms) – Die Beats wummern und die Zuschauer können sich dem Rhythmus der Musik in der Sporthalle Mammolshain kaum entziehen. Das Herbstferienprogramm der Königsteiner Kinder endete am vergangenen Freitag mit einem tollen Finale: einer einstündigen Zirkusshow vor Familie und Freunden. Im gebotenen Abstand saßen die Zuschauer auf Decken und Turnbänken. Begeistert klatschten sie, hielten bei manch akrobatischer Nummer auch mal den Atem an und schossen begeistert Fotos. Auch die 13. Zirkuswoche der Herbstferienspiele war wieder ein voller Erfolg.

Aller Widrigkeiten zum Trotz

Früher war die Redewendung „Zirkusluft schnuppern“ der Inbegriff der großen weiten Welt und Freiheit. Ein bisschen Freiheit haben sich viele durch den Lockdown einschränkte Kinder auch verdient. Und so ist das Herbstferienprogramm, das der Mammolshainer Verein Bienenkorb e.V. gemeinsam mit der Stadt Königstein im Taunus veranstaltet, allen Widrigkeiten zum Trotz gut gelungen. Das Programm begeisterte Königsteiner Kinder und auch Schüler aus den umliegenden Gemeinden vom 5. bis 9. Oktober eine ganze Woche lang. Die 6- bis 12-Jährigen probierten sich täglich von 9 bis 15 Uhr in ihrem „Zirkus“ in Mammolshain aus. Auf dem Programm standen Turnen, akrobatische Tricks, Jonglieren, Einradfahren und vieles mehr.

Coronakonformes Konzept

Viele Ferienspiele in den umliegenden Städten und Gemeinden wurden aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt. Auch die Verantwortlichen von Bienenkorb e.V. waren zunächst zögerlich. Die engagierte Kassenwartin der Initiative, Stephanie Gollnest, erklärt: „Wir mussten schon das Sommerprogramm aussetzen und wären mit unserem Herbstzirkus fast an den umfangreichen Auflagen im Zuge der Corona-Pandemie erneut gescheitert. Aber zum Glück haben wir mit der Stadt Königstein einen guten Partner.“ Tatjana Hostert, Verantwortliche der Stadt Königstein im Bereich Kinder, Jugend und Vereine, nickt: „Wir wollten die Ferienspiele für die Kinder unbedingt umsetzen. Das Konzept, das der ‚Zirkus Hallöchen‘ ausgearbeitet hatte, spielte dabei eine wesentliche Rolle.“

So wurden aufgrund der Corona-Pandemie weniger Plätze als in den Jahren zuvor angeboten. Nur 20 statt bislang über 30 Kinder konnten an den Ferienspielen teilnehmen. Die Kinder wurden separat in zwei Gruppen unterrichtet, Übungsmaterialien ausschließlich nach Gruppen getrennt genutzt. Dennoch konnte man im Vorfeld nicht alle Bedenken ausräumen. “Letztendlich bereiten wir ein Ferienangebot vor, das erst viele Wochen später umgesetzt wird. Wie die Gegebenheiten und Infektionszahlen zu Ferienbeginn sein würden, konnten wir nicht vorhersehen“, räumt Tatjana Holstert mit einem fast bedauernden Lächeln ein. Nur wenige Eltern hätten Bedenken geäußert. Lediglich eine Absage habe es coronabedingt gegeben „Vielmehr scheinen die Eltern ein gewisses Vertrauen in das Konzept der Herbstferienspiele an sich und an uns als Veranstalter entwickelt zu haben“, fasst die Projektleiterin die Stimmung im Vorfeld zusammen.

Zirkus in der Turnhalle

Die Schüler wurden zum zweiten Mal vom „Zirkus Hallöchen“ betreut und konnten frei Zirkusstücke lernen. Die Zirkuspädagogin Antje Kiel vom Mit-Mach-Zirkus ist überzeugt, dass Kinder in diesem Umfeld eine tolle Chance zur Entwicklungsförderung haben. Denn das pädagogische Konzept ermöglicht kreatives Spielen, Begeisterung, Bewegung, fröhliches Lachen, gute Beziehungen und ganz viel aufbauende Ermutigung.

„Das Motto des fünftägigen Workshops ist ein bisschen ‚learning by doing‘“, weiß Tatjana Hostert aus dem Fachbereich V der Stadt Königstein aus Erfahrung. Die Kinder bekommen in dieser Woche Übungen gezeigt. Auch Parcours werden aufgebaut, aber letztendlich können die Kids frei entscheiden, was und wie viel sie trainieren. „Jedes Kind hier hat sich nach seinen Möglichkeiten vorbereitet. Da kommt mal mehr oder eben auch weniger raus“, erklärt Antje Kiel augenzwinkernd in ihrer Anmoderation. Das dreiköpfige Betreuungsteam des Zirkus steht immer für Hilfestellungen bereit. Allerdings liegt das Augenmerk darauf, dass sich die Kinder gegenseitig helfen und ihr Selbstbewusstsein gestärkt wird. Das wurde auch bei der Vorführung am vergangenen Freitag sichtbar.

Lampenfieber pur

Denn nach der Anmoderation präsentieren die Kinder der beiden Gruppen „Zirkuskids“ und „Blitzgruppe“ mit vor Aufregung geröteten Wangen ihre neu erlernten Kunststücke. An den Balanceakt auf dem Kugel-Ball – sieht aus wie ein Gymnastikball, ist aber bretthart – trauen sich kleine wie große Zirkuskinder heran. Wirklich eindrucksvoll ist das „Doppelte Lottchen“ in pink. Auf den Bällen balancierend, agieren die beiden älteren Mädchen nahezu synchron. Ein schönes Bild. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, nehmen sie zum Schluss auch noch quitschgelbe Hula-Hoop-Reifen hinzu.

In den pinkfarbenen und grünen Tuchschaukeln schwingen schon die Kleinsten mit. Jeder zeigt, was er oder sie kann: einfach hin- und herpendeln oder auch mit starker Körperspannung wie die Zirkusprofis turnen Mädchen wie Jungs im Tuch. Hilfestellung gibt es von den Zirkuspädagogen – mit Maske versteht sich.

Auf dem Schwebebalken zeigen die kleinen Akrobaten ihr ganzes Geschick. Auf bunten Leitern geht es hoch auf die Balken in durchaus beachtlicher Höhe. Die Pädagogin reicht noch flink den Jonglageteller und einen Reifen nach oben. Und los geht‘s. Die Akrobatin ist sichtlich stolz, als es geschafft ist. Wie alle Kinder verbeugt sie sich in der Mitte der Turnhallenmanege – ganz standesgemäß.

Gute soziale Durchmischung

Hoch hinaus geht es auch an Seilen und Ringen: Eine turnbegeisterte Schülerin im Publikum staunt: „Das hat mir meine Lehrerin im Sportunterricht immer verboten.“ Hier ist das Schaukeln in den Ringen an den Füßen ausdrücklich erlaubt. Auch einmal mutig zu sein und Vertrauen in das eigene Können zu entwickeln, das macht die Herbstferienspiele aus. „Das Projekt zeichnet eine gute soziale Durchmischung aus“, erklärt Tatjana Holstert im Gespräch. Die Stadt unterstützt das Ferienprojekt, das vor allem berufstätige Eltern entlastet, mit einem mittleren vierstelligen Betrag. Rund um die eigentlichen Trainingszeiten wird eine Betreuung angeboten, um den Eltern die Ferienplanung zu erleichtern. Ein Angebot, was gerne angenommen wird. Auch die Kinder kommen gerne wieder. Manche freuen sich, genau den einen Freund zu sehen, den man eben nur in dieser „Zirkuswoche“ trifft.

Talent wird attestiert

Am Ende kommen noch einmal alle 18 paar Füße für ein Abschlussbild zusammen. Getrennt nach Gruppen stellen sich die Kinder auf. Ihre Teilnehmerurkunde, die sie nach dem Finale erhalten, tragen sie stolz wie ein Zeugnis vor der Brust. Ein wenig ist diese Zirkuswoche auch wie die Schule des Lebens, für die die Zirkuskids nun ein Zeugnis erhalten.

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