Abendliche Wanderung zu „gruseligen Orten“

Hans-Peter Borsch informiert über das „Galgenfeld“. Foto: privat

Oberhöchstadt (kb) – Im Zentrum der abendlichen „Grusel-Wanderung“ von Heckstadt standen Orte mit furchteinflößenden Ortsbezeichnungen: Henker, Mordallee und Galgenfeld lassen Aufregendes vermuten. Was wirklich hinter diesen Namen steckt, erklärten Hans-Peter Borsch und Gabriele Holler 40 Interessierten. Bekanntlich handelt es sich beim „Henker“ um eine Flurbezeichnung. Was steckt aber dahinter, ist der Boden dieser Flur mit dem Blut Verurteilter getränkt? Weit gefehlt, erläuterte Hans Peter Borsch. Im „Henker“ stand kein Galgen oder ähnliches. In Oberhöchstadt tagte kein Blutgericht, sondern nur leichtere Vergehen wurden hier verhandelt. Wenn Straftäter aus Oberhöchstadt verurteilt wurden, dann wurden sie in Sulzbach oder Kronberg hingerichtet. Der Name „Henker“ lässt vielmehr vermuten, dass einer der Henker hier sein Haus und seinen Acker hatte. Ähnlich wie Angehörige anderer „unehrlicher“ Berufsgruppen, musste der Henker außerhalb des Orts wohnen. In der Ständegesellschaft gehörten sie zu einer wenig geachteten Gruppe, sodass ihren Söhnen selbst kaum andere Arbeiten als der Henkersberuf offenstand. Ihre Töchter mussten zumeist innerhalb des Standes heiraten und konnten selbst nur ähnlich halbehrliche Berufe ergreifen.

Nach diesen doch eher beruhigenden Informationen ging es zur „Mordallee“, einer umgangssprachlichen Bezeichnung für einen von Birnbäumen gesäumten Weg. Dieser verlief parallel zur heutigen Le-Lavandou- Straße zwischen Oberhöchstadt und Schönberg. Gabriele Holler berichtete, dass es hier vor 1920 zu einem „Mord aus Leidenschaft“ kam. Sie wies darauf hin, wie sich in der Folge dieses Ereignis und ein anderes Tötungsdelikt aus Leidenschaft in der Erinnerung der Bewohner vermischten. Tatsächlich fanden diese Ereignisse aber in Stierstadt, nahe des damaligen „Cafés am Zollhaus“, statt. Da die meisten Beteiligten jedoch in Oberhöchstadt wohnten, wurde das Ereignis Teil der Geschichte um die „Mordallee“. Der Grusel vor diesem unheilschwangeren Ort war noch in den 1950er-Jahren präsent. Mädchen und junge Frauen mieden den Ort und gingen lieber nur in Begleitung diesen Weg nach Schönberg. Wirklich blutig wurde es erst zum Ende des Spaziergangs, der in die Flur „Zum Galgenfeld“, in der Gemarkung der Kernstadt Kronberg, führte. Etwa auf dem Gelände des heutigen REWE-Marktes/der Braun AG befand sich der Hinrichtungsort für den Gerichtsort Kronberg. Hier wurden tatsächlich Menschen getötet. Hans-Peter Borsch erklärte den Wanderern angesichts des Galgenfelds die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ebenen der Gerichtsbarkeit. Sichtlich erstaunt war man, angesichts der Tatsache, dass auch Eigentumsdelikte durchaus mit dem Tod bestraft wurden.

Die Zuhörer bedankten sich herzlich bei den beiden Referenten. Sie diskutierten auf dem Rückweg zum Dalles nicht nur das Verhängen der Todesstrafe für Diebstahl im Mittelalter. In der „Brunnenschänke“ fand dann der Ausklang der Wanderung statt. In jedem Fall, so war man sich einig, sollten diese kurzen Themenwanderungen eine Fortsetzung finden. Kohlkaut, Waldsiedlung und Hohenwald wurde als logische Fortsetzung favorisiert.



X