„Bekenner“ Hartmut XII. einer der produktivsten Flugschriftenautoren

Sendschreiben an den Kaiser Foto: privat

Kronberg (war) – „Er war mit 15 gedruckten Schriften einer der produktivsten niederadeligen Flugschriftenautoren in den Jahren 1521 bis 1523“, so die Kernaussage von Mathias Müller, der kürzlich im Wappensaal der Burg auf Einladung des Burgvereins den 3. Reformationsvortrag hielt. Mit dem „Er“ meinte der Referent Hartmut XII. von Kronberg, welcher noch heute den Beinamen „der Bekenner“ trägt.

Müller, Vikar in der evangelischen Kirche der Pfalz, hatte seinen Ausführungen den Titel „Hartmut von Kronberg – Frühreformatorischer Flugschriftenautor und Bundesgenosse Franz von Sickingens“ gegeben. Dank der in hoher Stückzahl gedruckten Flugschriften wurde gerade in der Frühphase der Reformation die neue Glaubenslehre schnell verbreitet. Da die Schriften so gut wie alle in deutscher Sprache abgefasst waren, konnten viele lesekundige Menschen deren Inhalt verstehen. Daher setzten sich damals Personen aus allen Gesellschaftsschichten mit dem reformatorischen Gedankengut auseinander – dazu gehörten genauso Männer und Frauen in den Städten wie auf dem Land. Neben Geistlichen griffen insbesondere viele Laien zur Feder. Einer davon war Hartmut XII. aus Kronberg. Insbesondere Luthers Schrift „An den Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung“ vom August 1520 sprach die Adeligen an, zu denen Hartmut zählte.

Doch wie der Kronberger letztlich zum überzeugten Anhänger Luthers wurde, darüber lassen sich rückblickend nur noch Vermutungen anstellen. Sicherlich wird ihn in dieser Hinsicht sein direkter Vetter Franz von Sickingen stark beeinflusst haben. Dieser betrieb mit seinem schlagfertigen Söldnerheer sehr erfolgreich das Fehdewesen, obwohl dieses seit Ausrufung des „Ewigen Landfriedens“ im Jahr 1495 eigentlich per Reichsgesetz verboten war. „Hartmut unterstützte seinen Verwandten hierbei tatkräftig mit Geld und Truppen“, so Müller.

Sickingen selbst war sehr wahrscheinlich durch den berühmten Humanisten Ulrich von Hutten ab 1519 mit den Schriften Luthers in Berührung gekommen, die wohl auch Hartmut in seinem religiösen Denken stark beeinflussten. Auf seiner im Nahetal bei Münster am Stein gelegenen Ebernburg bot Sickingen damals vielen aktiven Frühreformatoren, dazu zählten Martin Bucer und Johannes Oecolampad, einen sicheren Rückzugsort. Kein Wunder also, dass Hutten die Ebernburg kurzerhand zur „Herberge der Gerechtigkeit“ ausrief. So berichtete Hartmut in einem Schreiben an Luther im August 1522: „Alle Tage leset man zu Ebernbergk ein Stuck der Episteln und Evangelii und der Meß zu deutsch.“ Dieser so genannte Ebernburgkreis dürfte auch auf Hartmut entsprechenden Eindruck gemacht haben und ihn zu seiner intensiven schriftstellerischen Tätigkeit pro Reformation ab 1521 bewogen haben.

Bei seinen Veröffentlichungen bediente er sich der zu dieser Zeit gern benutzten Form des Sendbriefes. Ein gedruckter Sendbrief war zwar formal an bestimmte Personen adressiert, aber von vorherein als „offener Brief“ für einen möglichst großen Leserkreis gedacht. Als Adressaten wählte Hartmut neben Vertretern seines unmittelbaren Bekanntenkreises, wie Franz von Sickingen oder die Einwohner Kronbergs, hochgestellte Personen wie Papst Leo X. und Papst Hadrian VI. sowie Kaiser Karl V. aus. Beide Päpste forderte er in seinen an sie gerichteten Schriften zur sofortigen Umkehr auf. Müller weiter „Für den Kronberger steht in seinen Betrachtungen das Evangelium als ‚lebendiger Brunnen‘ im Zentrum, an den Luther die Christen endlich herangeführt hat. Dabei ist das Evangelium als Wort Gottes gerade nicht an das Priestertum gebunden, sondern von jedem zu verstehen, sobald er dafür sein Herz öffnet. Vielmehr besteht für Hartmut die Gefahr, dass die Geistlichen auf Grund eigener Machtinteressen die Gläubigen von der Wahrheit des Evangeliums abzuhalten versuchen.“ Folglich sind Hartmuts Ausführungen eine oft feindselig-antiklerikale Haltung gegenüber den Geistlichen zu entnehmen, die für ihn Wölfe im Schafspelz sind. Das geht sogar so weit, dass er in dem seiner Ansicht nach „teuflisch verdorbenen Papst“ den ‚vicarius diaboli‘ sieht. Andererseits setzt Hartmut auf Kaiser Karl V. große Hoffnung. Da seiner Meinung nach der Papst als Antichrist durchaus noch bekehrt werden könne, fordert er Karl auf, den Papst zu entsprechender Umkehr zu ermahnen, um wieder auf den rechten Weg Christi zurückzukehren, welchen Luther so klar aufgezeigt habe. Das setze jedoch voraus, dass der Kaiser sich zunächst selbst zu Luthers Lehre klar bekenne.

Als Laie lässt sich Hartmut in seinen Schriften kaum auf intensivere theologische Betrachtungen ein. Dafür fehlt ihm neben dem nötigen Fachwissen wohl auch das Verständnis. Seine Sprache ist einfach gehalten und seine Gedankengänge sind nicht immer stringent geführt. Vielmehr schreibt er nach Meinung des Referenten aus persönlicher Glaubenshaltung heraus. Dabei ist er von der Lehre Luthers vollkommen überzeugt, die das Priestertum aller Gläubigen propagiert.

Müller am Ende seiner Ausführungen: „Hartmut ist ein gutes Beispiel dafür, dass den Laien besonders in den Anfangsjahren eine bedeutende Rolle bei der Verbreitung und Durchsetzung der Reformation zukam.“



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