Der Engel helle Lieder – Advents- und Weihnachtslieder in St. Johann

Die Sangesfreude vor allem der kleinen Chormitglieder stimmten auf Weihnachten ein, klangvoll unterstützt von Simon Harden (rechts) an der Orgel und Lucianne Brady an der Harfe (nicht auf dem Foto). Foto: Sura

Kronberg (aks) – Es ist eine schöne Tradition, am dritten Advent, in St Johann den Advents- und Weihnachtsliedern zu lauschen, die der Chor der Johanniskirche stimmgewaltig vorträgt, unterstützt von den glockenhellen fröhlichen Kinderstimmen des Mädchenchors St Johann, mit Mädchen und Jungen der Immanuelgemeinde Königstein sowie Chorkindern des Kinderchors St. Johann: Das beste Abendprogramm, um in vorweihnachtliche Hochstimmung zu kommen. Hier in St. Johann bleibt der Vorweihnachtstrubel draußen und man besinnt sich darauf, was uns wirklich in den nächsten Tagen erwartet. Alle Jahre wieder feiern wir Menschen die Geburt Jesus Christus, dem Erlöser. Weihnachten ist ein Freudenfest, Gottes Sohn ist für uns geboren. Diese Freude schwingt in jedem Weihnachtslied mit und umhüllt uns warm mit Trost und Zuversicht. Wenn ein paar Tränen fließen, ist das gut so, die Gefasstheit kann für einen kurzen Augenblick ruhig aufgegeben werden. Die Musik und der Gedanke an Weihnachten machen sentimental, erinnern uns an unsere wahren Wünsche und Sehnsüchte, die wir im Alltag oft genug verdrängen und die nicht als Geschenkpaket unterm Weihnachtsbaum liegen.

Die Rührung setzt ein mit dem ersten Lied „O komm Emanuel, o komm Erlöser“: Wie viel Hoffnung auf ein besseres Leben, auf Erlösung und ein Leben nach dem Tod steckt in einem kleinen Kind, im kleinen Jesus! In leidenschaftlicher Vielfalt ist der Geburtstag Jesu in Musik umgesetzt worden – wie an diesem Abend von Praetorius (17. Jahrhundert), Johann Sebastian Bach (18. Jahrhundert), Eccard (17. Jahrhundert), Reinberger (19. Jahrhundert), Georg Friedrich Händel (18. Jahrhundert), Gabriel Fauré (20. Jahrhundert), mit Texten, die ebenfalls vom 17. Jahrhundert bis in die Neuzeit reichen. Interessanterweise hat auch Bernard Zosel, der mit einem Augenzwinkern auch seine kleinsten Sänger bei Laune zu halten versteht ,eine Kantate aus seinem Weihnachtsgottesdienst 2007, beigetragen. Dieses Stück ist besonders sanft und melodisch, mit schönen Einsätzen auch der ganz jungen Sänger und so ergreifend, dass es den Zuhörern spontan einen Applaus wert ist. Viele Lieder werden von den Chören im Kanon ohne Instrumentenbegleitung vorgetragen – eine stimmliche Glanzleistung und ein harmonisches Miteinander! Der junge sympathische Simon Harden an der Orgel, der es oben auf der Empore schwer hat mit dem Blickkontakt zu Bernard Zosel, begleitet den Chor bei „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, wo er sich mit einem erquicklichen Vorspiel Gehör verschafft. Später kommt die Orgel auch in „Transeamus usque Bethlehem“ zum Einsatz und in Brittens „Ceremony of Carols“ sowie im großen Händel-Finale „Tochter Zion“.

Alle kennen „Macht hoch die Tür – es kommt der Herr der Herrlichkeit“, ein Klassiker der Adventszeit, der den Herrn als „Blümlein, das ich meine“ ankündigt und man spürt eine Festlichkeit, die keinen unberührt lässt.

Die Ankündigung des großen Weltenretters und Herrschers, der als kleines hilfloses Kind in Windeln gewickelt in der Krippe liegt, gehört zum weihnachtlichen Spannungsbogen, der in vielen Tempi und Melodien Ausdruck findet. Der Mädchenchor ist immer wieder ein strahlender Anblick, der entzückt: Da singen Achtjährige mit einer so großen Innigkeit und mit ganzem Herzen, dass man ihn sofort spürt, den Geist der Weihnacht – das ist wahre Freude über Jesu Geburt und spätestens bei dem bekannten Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“ wird man von dieser Hochstimmung angesteckt. Lateinische Texte stehen als Hochsprache neben den volkstümlichen Weisen der Schäfer und Schäferinnen, die sich lautstark mit einem Tamburin Gehör verschaffen („Allon, gay, gay, gay, bergeres“).

Interessant wird es mit der „Ceremony of Carols“ von Benjamin Britten im Mittelteil, die den wenigsten Anwesenden so vertraut sein dürfte und die 1942 auf einer Schiffsfahrt entstand, wie alle anderen Weihnachtslieder. Berührend schön erklingt die Harfe, gespielt von Lucianne Brady, die den Gesang malerisch begleitet und die in einem Harfensolo brilliert, das vom Publikum begeistert beklatscht wird.

Beachtlich, was hier die älteren Mädchen des Mädchenchors vollbringen, mit zwei Soli von Selma Koch-Giesler und Mareike Berg, die das mittelalterliche Middle-English (Texte aus dem 14. bis 16. Jahrhundert) gut und klangrein wiedergeben: Marias Wiegenlied ist dabei schöner als jeder Minnesang, und noch lieblicher als das der Nachtigall. Ihr Gesang bringt nicht nur den kleinen Sohn auf den rechten Pfad, sondern hält jeden Gläubigen vom Falschen ab. Maria ist die Rose, sie wird als Inbegriff der Tugend, Schönheit und Reinheit verehrt. Da ist aber auch vom Kampf des erst wenige Tagen alten Babys die Rede, der die Burg Satans erstürmen wird, die eigene Seele soll mit Christus ins Gefecht zu ziehen. Entsprechend rhythmisch und temporeich ist diese Passage.

Das sensible Harfensolo verzaubert besonders durch die vielen leisen Töne – auf einmal ist es ganz still in der Kirche, und die Welt bleibt für eine Weile draußen vor der Tür. Ein etwas skurriler Dankgesang folgt, der Adam dafür lobt, den Apfel gepflückt zu haben – ohne seinen Sündenfall wäre Maria niemals Himmelskönigin geworden.

Textsicher ist die Gemeinde bei „Wach, Nachtigall, wach auf“, von Erhard Mauersberger, ehemaliger Thomaskantor (1961), von dem auch das glorreiche „O Himmel hoch, o Englein kommt“ stammt. Zum Abschluss darf bei „Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem“ in drei Strophen laut mitgesungen und auch gejauchzt werden, jeder wie er kann! Das tut der Seele gut und macht frei und euphorisch und steigert die unerschütterliche Vorfreude auf Heiligabend, auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden, denn die Botschaft vom kleinen Jesus, der die Welt retten wird, hat uns wieder mal erreicht und bestärkt. Sie weckt die Zuversicht, dass wir auch diesen Winter überstehen und helle Tage auf uns warten.

„Glaube ist eine lebendige, verwegene

Zuversicht auf Gottes Gnade“ Martin Luther



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