Das Haus Hessen, die Romanows und Fabergé

Kronberg (war) – Carl Fabergé – automatisch verbindet man mit diesem Namen seine weltberühmten Schmuckeier. Stehen sie doch für höchste Juwelierskunst. Bei Kunstauktionen werden heute zehnstellige Millionenpreise für die ovalen Preziosen geboten. Fabergé, 1885 zum Hoflieferanten und 1890 zum „Schätzer der Juwelen des kaiserlichen Kabinetts“ ernannt, trug ab 1910 offiziell auch den Titel „Hofjuwelier“ des russischen Zarenhauses. Dass die Mitarbeiter der Goldschmiedewerkstätten von Fabergé, der im Jahr 1911 alleine in seinen zentralen Niederlassungen in Moskau und Sankt Petersburg über 500 Handwerker und Schmuckdesigner beschäftigte, mehr als „nur“ sündhaft teure Eier entwarfen und erstellten, bewies Kunsthistoriker Dr. Markus Miller vor kurzem mit seinem reich bebilderten Vortrag auf Burg Kronberg auf Einladung des Burgvereins. Aufhänger des Referats war die derzeitige Sonderausstellung „Fabergé – Geschenke der Zarenfamilie“ auf Schloss Fasanerie in Eichenzell bei Fulda.

Dr. Miller, der sich als Museumsdirektor von Schloss Fasanerie für das Konzept der nicht nur für die „Damenwelt“ sehr sehenswerten Schau verantwortlich zeichnet, konnte dabei erneut auf den überreichen hauseigenen Fundus der großartigen Kunstsammlungen der von Kronberg aus verwalteten Kulturstiftung des Hauses Hessens zurückgreifen.

Millers Anliegen war, dem Auditorium nicht nur Juwelen und Goldschmiedearbeiten auf höchsten Niveau aus dem Hause Fabergé zu zeigen, sondern auch das enge Netzwerk der fürstlichen Verwandtschaft darzustellen, das für eine intensive Verbreitung der Schmuckstücke innerhalb des europäischen Hochadels sorgte. Gerade diese verwandtschaftlichen Verbindungen zwischen den Königs- und Fürstenhäusern in Sankt Petersburg, Kopenhagen, Berlin, Stockholm, London und Darmstadt mehrten Ruhm und Renommee des Juwelierunternehmens, das neben den bereits erwähnten Hauptstellen in Sankt Petersburg und Moskau zeitweise auch über Filialen in London, Kiew und Odessa verfügte. „Ganz wichtig war dabei die enge Achse, die zwischen dem landgräflichen Haus Hessen-Darmstadt und der Familie der Romanows bestand, welche den Zarenthron über mehr als drei Jahrhunderte innehatten. Die international verzahnten Familienmitglieder beherrschten vielfach die englische, französische, deutsche sowie die russische Sprache gleichermaßen und waren bis in den Ersten Weltkrieg hinein frei von nationalem Denken“, so Miller.

1884 heiratete in Sankt Petersburg die Darmstädter Prinzessin Elisabeth von Hessen und bei Rhein den Großfürsten Sergej Alexandrowitsch als fünften Sohn des regierenden Zaren Alexander II. Elisabeths Schwester Alix wiederum wurde zehn Jahre später unter dem Namen Alexandra Fjodorowna die Frau des letzten Zaren Nikolaus II. im russischen Kaiserreich. Insbesondere die beiden nunmehr in Russland lebenden Schwestern beschenkten ihren kunstsinnigen Bruder Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein (1868 – 1937), mit dem sie zeitlebens stets in engem Kontakt blieben, bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieg permanent mit Schmuckobjekten aus dem Hause Fabergé. Miller dazu: „Diese wunderbare Kollektion ist als Erbe des Großherzogs bis heute fast vollständig erhalten geblieben, da sie weder durch Erbteilung noch Verkäufe geschmälert wurde. Der Sammlungsbestand ist wirklich außergewöhnlich und wird in der Ausstellung auf Schloss Fasanerie zum ersten Mal komplett präsentiert. Darunter befinden sich zahlreiche Gegenstände, die noch nie öffentlich zu sehen waren“. Hierzu zählen edle Foto- und Miniaturrahmen, häufig in aufwändiger Guilloché-Emailtechnik hergestellt, Miniatureier, Zigaretten-Etuis, Aschenbescher, Brieföffner, Tischuhren und -klingeln, Thermometer, Stockgriffe sowie Miniaturtiere aus edlen Hartsteinen und vieles mehr. Besondere Aufmerksamkeit dürfte auch der Küchentopf aus Kupfer und Messing auf sich ziehen, der in den Fabergé-Werkstätten während des Ersten Weltkriegs produziert wurde. Den Topf erwarb Landgraf Moritz erst nachträglich im Jahr 2012 für die Kulturstiftung. Doch wie so oft, ist selbst der größte Ruhm meist vergänglich. Nachdem der Zar bereits im März 1917 abdanken musste, übernahm im November 1917 ein Komitee der Angestellten der „Genossenschaft Fabergé“ kurzzeitig die Firmenleitung, aber schon ein Jahr später schloss das Unternehmen.

Carl Fabergé floh daraufhin mit seiner Familie über Riga und Berlin nach Wiesbaden. 1920 starb Fabergé mit 74 Jahren in der Nähe von Lausanne bei einem Besuch seines Sohnes. Begraben ist er seit 1929 neben seiner Frau auf dem russischen Friedhof im südfranzösischen Cannes. Damit ist er im Land seiner ursprünglich hugenottischen Vorfahren begraben, die einst über Livland nach Russland gelangt waren.

Die Ausstellung ist noch bis zum 16. Oktober im Schloss Fasanerie in Eichenzell bei Fulda, dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr, zu sehen. Weitere Infos unter www.schloss-fasanerie.de oder telefonisch unter 0661-9486-0.



X