Malermuseum: Die Prinzessinnen, nicht die „Fürsten“ sind der Clou

Kronberg. – Sensationell ist der Inhalt der Ausstellung im Museum Kronberger Malerkolonie in der Streitkirche, Tanzhausstraße 1, die jetzt zu Ende geht, aber der Erfolg ist es nicht. „Geh‘ nie zu deinem Fürst, wenn du nicht gerufen wirst” – an diese alte Weisheit halten sich wohl manche, wenn man ihnen Fürstenbilder von Fürstenmalern vorstellt – und letztere noch als Malerfürsten. „Meisterhafte Porträts” werden zwar korrekt angekündigt, aber die Bildtexte lassen es an Herrschaftstiteln nicht fehlen. Kaiser, König, Großherzog – Staatsspitzen aus „feudalen Zeiten” sind gut vertreten, und schon der kleine Wonneproppen in Rosa heißt im Bildtext „Großherzogin Alice von Hessen und bei Rhein”. Dieses Beispiel zeigt, dass es Bildnisse von Kindern zu sehen gibt, ganz anrührende Bilder von Kindern auch, die nach ihrem Tode entstanden. Sogar auf den Titel der neuen Museumsbroschüre des Rhein-Main-Gebietes ist so ein Kinderkopf aus der Kronberger Ausstellung gelangt. Wohlbehütet dargestellt im Matrosenanzug ist Waldemar, der dritte Sohn von Victoria von Preußen (der späteren Kronberger „Kaiserin Friedrich”), posthum nach Foto gemalt von Heinrich von Angeli. Bildtext zum etwa Zehnjährigen: „Waldemar Prinz von Preußen (1868 bis 1879)”.

Das ist die Stärke dieser Ausstellung, dass sie nach den Werken von vier erfolgreichen Malern der Zeit angeordnet ist, und nicht nach dem dynastischen Hin und Her. Die Sorge, von „Historie” bedrängt zu werden, ist unbegründet, denn Weiblichkeit überwiegt, und da kann mal der bedeutende Ernst des Ausdrucks von Liebreiz und einem Hauch von Melancholie abgelöst werden. Bei etlichen Blickachsen vor den „Fürstenbildern” kann man sagen: „Kein Fürst nirgends”. Das beginnt schon vor den Bildern von Franz Winterhalter, der in der Tradition der Maler von „Schönheitsgalerien” stand. Ihm verdankt sich die Titelschönheit von Plakat, Katalog und Einladung zu dieser Ausstellung. Die 21-jährige Prinzessin Anna von Hessen wurde 1858 in Paris gemalt, mit großem kulturellen Abstand zum Preußenhof, dem sie entstammte. Ein Dokument des Luxus und der Mode und eines der meisterlichsten Bilder von Winterhalter bis heute. Wie denn überhaupt das „vornehme” Frauenbild des späten 19. Jahrhunderts in den Gemälden, Pastellen und Grafiken dieser “Fürstenmaler” dokumentiert ist, seiner Zeit voraus und stilbildend bis ins Bürgertum. Winterhalter hatte übrigens schon 1856 Prinzessin Victoria (die spätere Kaiserin Friedrich) vor ihrem Hofball dargestellt, und ebenfalls in London 1857 ihren späteren Mann und Kronprinzen von Preußen. So könnte eine eigene Gemäldeausstellung zu „Victoria” und ihrer Familie mit Werken von Winterhalter und von Angeli aus dieser Ausstellung herausgelöst werden, die es einschließlich der Grafiken und Fotos in Kronberg so bald nicht wieder geben wird. Besonders wichtig dabei ihre jüngste Tochter Margarethe, die später zeitlebens das ererbte Schloss Friedrichshof in Kronberg „behütete”. Ihr Porträt als Vierjährige ist das malerisch frischeste dieser ganz besonderen Sonderausstellung. Dazu gehört selbstverständlich auch Friedrich Karl Prinz von Hessen, ein Bild von Heinrich von Angeli von 1898. Durch seine Ehe mit Margarethe kam ja erst das preußische Erbe zur Linie Hessen-Rumpenheim und später zum Haus Hessen. Besondere Melancholie mag man in den Blick der von F. A. von Kaulbach mehrfach porträtierten Prinzessinnen Elisabeth (geboren 1864) und Alix (geboren 1872) von Hessen und bei Rhein hineinlegen. Beide wurden 1918 in Russland umgebracht, Alix als Zarin und die ältere Schwester Elisabeth als Großfürstin von Russland. Sie aber wird als Klostergründerin Jelissawetha in der russisch-orthodoxen Kirche bis heute verehrt.

Es wird künftig gewiss größerer Exkursionen zum Schloss Fasanerie bei Fulda bedürfen, um den Kronbergern eine für Kronberg so wichtige Kunstsammlung vorzuführen.

Heinz Grossmann

Zu sehen ist die Ausstellung nur noch bis kommenden Sonntag, 15. Februar: Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr.



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