Motettenchor Frankfurt singt in der Johanniskirche

Kronberg (kb) – Der Motettenchor Frankfurt unter der Leitung von Thomas Hanelt gehört zu den renommiertesten und leistungsfähigsten Konzertchören der Rhein-Main Region. Samstag, 9. Juni um 18 Uhr stellt der Chor in St. Johann, Friedrich-Ebert-Straße 18, sein neues Programm vor, das geistliche Chorzyklen des Frühbarock denen der Spätromantik gegenüberstellt. Der Eintritt ist frei.

Die Tradition der A-cappella-Vokalmusik, die sich von der Gregorianik bis zum Barockzeitalter immer weiter entwickelt, gelangt erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder zu einer neuen Blüte.

Am Anfang des Programms stehen einige Motetten von Heinrich Schütz aus dessen berühmter Sammlung der geistlichen Chormusik von 1648. Diese Stücke sind unter dem Eindruck des Dreißigjährigen Krieges entstanden. In den Vertonungen verschiedener Bibeltexte wurde Schützens Sprachbehandlung beispielhaft für die deutschen Komponisten seiner Zeit und der folgenden Generationen.

Die Funeral Anthems für Queen Mary schrieb der englische Barockkomponist Henry Purcell anlässlich der Trauerfeierlichkeiten zur Beisetzung der Königin im Jahr 1695. Es sind herausragende Zeugnisse für Purcells Motettenstil. Purcell war Hofkomponist in London. Die zeitlose Schönheit dieser Stücke spiegelt zugleich die persönliche Zuneigung wider, die er zu seiner damaligen Dienstherrin gehabt haben soll.

Eine Besonderheit des Programmes sind die sieben Chöre nach Texten der Liturgie des heiligen Johannes Chrystostomos, der im 4. Jahrhundert Erzbischof von Konstantinopel war. Der russische Komponist Pjotr Iljitsch Tschaikowski schrieb diese Stücke 1878 auf dem Landsitz seiner Mäzenatin Nadesha von Meck in Brailow. Sie erklangen zum ersten Mal in einem Konzert des Moskauer Konservatoriums im Winter 1880. Der Chor singt sie in der kirchenslawischen Originalsprache.

Der Österreicher Hugo Wolf schrieb 1881 im Alter von 21 Jahren seine sechs „geistlichen“ Chöre nach Gedichten von Joseph von Eichendorff. Wolf zeigt darin seine unverwechselbare Ausdruckskraft, die einer harmonischen Vielfalt geschuldet ist, die im ausgehenden 19. Jahrhundert neue Klangfarben etabliert hat, die auf Liszt und Wagner zurückgehen, aber hier in einer Verdichtung verwirklicht werden, die in der A-cappella-Literatur der Zeit sonst kaum zu finden ist.

Am Schluss des Programms steht die Motette „Ich bin das Licht der Welt“ des Motettenchorleiters Thomas Hanelt aus dem Jahre 2009. Hanelts Motette verbindet den natürlichen Sprachrhythmus mit kantabler Melodik. Besonders geprägt wird das Werk von der Spannung zwischen konsonanten Klängen zu Beginn jedes Abschnitts und deren allmählicher Auffächerung zu mehr oder weniger dichten Dissonanzen. Dass der Komponist Worte wie „Licht“ oder „Wer mir nachfolgt“ nicht in ungetrübter Tonalität erstrahlen lässt, sondern dissonant anreichert, erinnert an Dietrich Bonhoeffers Aussage, dass es keine billige Gnade gibt, sondern die Nachfolge ein anstrengender Weg ist. So wird die Komposition zur Predigt über den Vers aus dem Johannesevangelium.



X