Die „Rec“ und „Spike“ – das passt seit 20 Jahren

Diese drei gehören für viele zum Recepturkeller wie die Burg zu Kronberg: „Spike“ alias Gregor Baumann (Mitte), Alexander „Xandi“ Wissenbach (links) und „Jbter“ Jens Becker (rechts). Fotos: S. Puck

Kronberg (pu) – „Uriger Gewölbekeller am historischen Standort zu verpachten mit fließend Jägermeister, Ebbelwoi und Bier, Treffpunkt für junge und jung gebliebene Kultur- und Musikfans querbeet durch alle Gesellschaftsschichten, für Partygänger, für Fußballfans und für alle, die einfach nur in Gesellschaft ein paar Stunden verbringen wollen.“ Einen Hauch nüchtern-bürokratischer dürfte 1994 die Ausschreibung der Stadt Kronberg wohl ausgesehen haben, gleichwohl sollte diese Nachricht das Leben von „Spike“ alias Gregor Baumann nachhaltig verändern.

„Wir waren alle Anfang 20 und plötzlich war die Stammkneipe zu haben“, erinnert er sich an den Tag zurück, als er gemeinsam mit seinen vier damaligen Mitstreitern Armin Geisel, Uli Schlüter, Oliver Krumnikl und Georg Kvas den Sprung ins kalte Wasser wagte und das städtische Pachtobjekt Recepturkeller übernahm. Ein Entschluss, den der Kronberger bis heute nicht bereut hat, im Gegenteil, vor wenigen Tagen feierte er „20 Jahre Recepturkeller-Pächterschaft“.

Die Erinnerungen an die Anfangszeiten sind nach wie vor lebendig. Bei „Null“ musste das ambitionierte, aber völlig unerfahrene Gastronomienachwuchs-Quintett nicht anfangen, sondern durfte auf Stammgäste hoffen, die auch unter der neuen Führungsriege die Stufen zum Veranstaltungskeller, der im Volksmund nur kurz „Rec“ heißt, heruntersteigen würden. Entsprechend erfolgreiche Pionierarbeit hatten zuvor Franz-Josef Specht, der Ende der Siebziger/Anfang der Achtziger Jahre die Kellerpforten erstmals öffnete und sein Nachfolger Dieter Kaiser geleistet. Dennoch fieberten die „Neuen“ nervös dem Wiedereröffnungstag entgegen. Was folgte, war „der Hammer“: „Als wir am 15. April 1994 um 19 Uhr aufmachten, standen Hunderte von Leuten draußen und es ging so rund, dass neben unserem Freibier auch sämtliche anderen Getränke innerhalb von zwei bis drei Stunden komplett ausverkauft waren“, berichtet „Spike“ lachend.

Von diesem Start nach Maß motiviert, begannen die Fünf schrittweise ihre Ideen umzusetzen. Die anfangs als Notnagel von zu Hause mitgebrachte eigene Stereoanlage wurde gegen eine moderne Audio- und Soundanlage getauscht, defekte Sitzbänke verschwanden, der Theken- und Küchenbereich verändert, die für die Außenbewirtschaftung relevante Grillausstattung erheblich aufgestockt und neue Beamer und große Leinwände für Fußballübertragungen angeschafft. Zwischenzeitlich gab es darüber hinaus personelle Veränderungen: Infolge zunehmenden Zeitmangels – dazu müssen Außenstehende wissen, dass die Pächter am Tag ganz normal einem Beruf nachgehen und an 363 Tagen im Jahr (nur zur Thäler Kerb ist geschlossen) jeweils von 20 bis 1 Uhr den Gaststättenbetrieb noch draufsatteln – blieb vom ursprünglichen Quintett lediglich „Spike“ übrig. Seit 1. Januar 2002 heißen seine Kollegen Jens Becker, genannt „Jbter“, und Alexander „Xandi“ Wissenbach. Dieses Trio sorgt für die einzigartige familiäre Atmosphäre, die längst weit über die Grenzen der Burgstadt hinaus bekannte Kultstätte ist deshalb für einige das „zweite Wohnzimmer“ und besonders für Jugendliche einer der wenigen Anlaufpunkte im Stadtgebiet.

„Tanz in den Mai“, Beach-Partys, Erdbeer-Feste, die durch das „Rec“-Team aus der Taufe gehobene Kronberger Tradition „Oktoberfeste im April“, Übertragung aller Eintracht Frankfurt-Spiele, Public Viewing und ein deutlich ausgeweitetes Livemusik-Angebot sind nur einige der vielen Programmpunkte, die neben Theater- und Mundartabenden im Keller regelmäßig das Stimmungsbarometer auf den Siedepunkt treiben. Nicht anders war es anlässlich der Feier der 20-jährigen Recepturkeller-Pächterschaft, als die Band „Stumble Beats“ mit Rock‘n Roll der legendären Stars wie unter anderem Buddy Holly, The Hollies und The Monkeys die 50er und 60er Jahre wieder aufleben ließ und das dichtgedrängte Publikum zum Toben brachte.

Doch es sind nicht nur die arrivierten Bands, die regelmäßig in der „Rec“ ihre Visitenkarte abgeben. „Wir bieten ganz bewusst Jungbands ein Forum, das hat sich mittlerweile herumgesprochen, wir haben sogar häufig Anfragen aus dem Ausland“, freut sich „Spike“ über die positive Entwicklung.

Erfreulich wenig Schwierigkeiten dafür umso mehr Spaß gab es in all den Jahren. Insbesondere die erste Beach-Party blieb unvergesslich. Dabei begann es ganz harmlos: Vor dem Hintergrund anstehender Betonierungsarbeiten für den Tresen bestellte das Team Sand. Zweieinhalb bis drei Kubikmeter sollten ihrer Meinung nach ausreichen, um den Kellerboden mit zirka einem halben Meter Sand zu bedecken. Soweit die Theorie. „Obwohl der Sand sogar bis in die WCs lag, nahm der riesige Sandberg vor dem Eingang einfach nicht ab, wir waren tagelang mit Schippchen und Eimerchen unterwegs bis alles wieder weg war und waren beim nächsten Mal klüger“, erinnern sich die drei großen Lausbuben lachend und alle „Rec“-Fans werden es gerne hören, dass die drei bisher noch keinen Gedanken daran verschwenden, die Pächterschaft der beliebten Raucherkneipe zu beenden.

Weitere Artikelbilder



X