Sarah Kistner läuft neuen deutschen Rekord in Schottland

Sarah Kistner lief in Schottland beim Halbmarathon schneller als alle deutschen U20-Läuferinnen zuvor. Foto: privat

Kronberg (kb) – Schottland scheint für  Sarah Kistner ein gutes „Pflaster“ für besondere Laufleistungen zu sein. Nachdem sie bereits im Frühjahr in der schottischen Hauptstadt Edinburgh im Rahmen des Great Edinburgh Cross Country für die europäische Auswahl im Länderkampf gegen Großbritannien und die USA eine tolle Platzierung erreichte (vierter Gesamtplatz, zweitbeste Europäerin), konnte sie nunmehr diesen Erfolg in Glasgow noch einmal toppen. 

Angespornt durch das vielversprechende, mit Olympia- und EM-Teilnehmern gespickte Feld und eine attraktive, allerdings wie sich herausstellte, nicht wirklich schnelle Strecke, folgten Sarah, ihre Mutter Sabine und ihr Trainer Martin Lütge-Varney der Einladung des Veranstalters, ihr Debüt über die Halbmarathondistanz in der größten Stadt Schottlands zu geben. 

Bei guten äußeren Bedingungen um die 12 Grad Temperatur, Windstille und, für schottische Verhältnisse nicht gerade selbstverständlich, Sonnenschein fand die junge Kronbergerin schon früh ihren Rhythmus und durchlief die einzelnen Abschnitte der Strecke nahezu gleichmäßig wie ein Uhrwerk. Dies ist umso beachtlicher, da die Strecke einige Steigungen aufwies, insgesamt rund 100 Höhenmeter, und somit ein gleichmäßiges Tempo nur äußerst schwierig darstellbar war – noch dazu bei der Premiere. „Man sollte meinen, dass Steigungen einer Berglauf-Weltmeisterin eigentlich nichts anhaben sollten, was im Falle von Sarah ja auch der Fall ist,“ so ihr Trainer Martin Lütge-Varney, „aber der Straßenlauf ist eine völlig andere Disziplin und da freut man sich, wenn die Strecke möglichst eben ist und man gleichmäßig ein angestrebtes Tempo laufen kann.“

Als Sarah dann ins Ziel im Glasgow Green, einem der großen Parks der Stadt, einlief, war die Freude riesengroß. Die Uhr stoppte für die Mathematikstudentin bei 1:13:41 Stunden. Noch nie war eine deutsche Läuferin der Altersklasse U20 schneller gelaufen. Die bisherige Bestmarke, gehalten von Nina Stoecker (damals noch für Münster laufend, jetzt LG Eintracht Frankfurt) wurde um sage und schreibe 4 Minuten verbessert. Und noch ein weiterer Rekord wurde unterboten: Der hessische Rekord in der nächsthöheren Altersklasse U23, ebenfalls bisher von Nina Stoecker mit 1:15:24 Stunden gehalten, gehört jetzt ebenfalls Sarah. Hinzu kam ein beachtlicher Platz 7 in dem bereits genannt starken Feld von exquisiten Eliteläufern, welches die Olympiafünfte Betsy Saina aus Kenya in der Weltklassezeit von 1:07:22 Stunden vor Helah Kiprop, ebenfalls Kenya, in 1:08:52 Stunden für sich entscheiden konnte. Platz 7 belegt Sarah nun auch in der aktuellen, deutschen Bestenliste im Halbmarathon der Frauen und ist somit schon in der deutschen Spitzenklasse im Straßenlauf bei ihrer Premiere angekommen. 

Wie schnell das Rennen war, sieht man auch an der Siegerzeit der Männer. Der Schotte und Olympianeunte von Rio im Marathon Callum Hawkins lief nach gerade einmal 1:00:24 h über die Ziellinie, verbesserte den schottischen Rekord deutlich und lief die zweitschnellste Halbmarathonzeit (nach dem Europarekordhalter Mo Farah), die je ein Brite erreichen konnte.

Und wie hat Sarah selbst ihre Premiere empfunden? „Ich fand es eine supertolle Veranstaltung mit den extrem vielen Zuschauern an der Strecke. Von daher lief es gut“, konstatierte Sarah nach dem Rennen, „zwischen Kilometer 13 und 16 hatte ich ein kleines Tief. Es ging dort immer leicht bergauf, was an sich nicht schlimm ist, aber ich habe dort einen leichten Muskelkrampf im Gesäßbereich bekommen. Nach 16 Kilometer war es aber wieder gut und ich konnte am Ende das Tempo halten.“ 

Nach dieser erfolgreichen, zweiten Saisonhälfte steht aktuell eine Regenerationsphase auf dem Plan, bevor dann die Herbst-Wintervorbereitungen beginnen. Angedacht ist noch die Marathonstaffel im Rahmen des Mainova Frankfurt Marathon, bei der Sarah zusammen mit Trainer Martin Luetge-Varney und zwei weiteren Läufern aus Kronberg (Marcel Leuze und Leo Bechet) in der sogenannten Mixed-Klasse antritt. Wie es dann weitergeht – man darf sich überraschen lassen, aber die Laufszene wird sicher schon bald etwas Neues aus Kronberg hören.



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