Die Silberdisteln besichtigten stilecht den Bolongaro-Palast

Die Ausflügler genossen einen unterhaltsamen Tag in Höchst. Foto: privat

Kronberg (kb) – Im Rahmen ihres Besichtigungsprogrammes historischer Attraktionen der Region hatte die Bürgerselbsthilfe Silberdisteln Kronberg (BSK) ihre Mitglieder zu einer Kostümführung unter dem Motto „Frau Bolongaro begrüßt ihre Gäste“ in den gleichnamigen Palast nach Frankfurt-Höchst geladen.

Der Ausflug begann zunächst mit gemütlichem Beisammensein bei Kaffee und Kuchen auf dem am Mainufer gelegenen Hotelschiff Schlott. Danach folgte ein Spaziergang durch die Höchster Altstadt mit Schloss und Karolingischer Basilika hin zum Bolongaro-Palast.

Die Führung war von der Frankfurter Historikerin Silke Wustmann als Kostümführung organisiert. Sie behauptet von sich selbst, dass es ihre Lieblingsbeschäftigung sei, die Stadt Frankfurt immer wieder neu zu entdecken, anderen davon zu berichten und sie mit ihrer Begeisterung anzustecken. Die Silberdisteln waren sich einig, dass ihr dies mit dieser außergewöhnlichen Führung bestens gelungen war.

Natürlich ließ es sich die „Witwe des Schnupftabakkönigs“ nicht nehmen, die Gäste selbst durch ihren Palast zu geleiten und die Führung begann mit einem Paukenschlag. Frau Bolongaro, gekleidet in einem für die Zeit des Spätrokokos typischen bodenlangen Damenkleid mit Haube, Handtäschchen und Wedel, schwebte ihren Gästen über die Freitreppe regelrecht entgegen und empfing diese im Foyer.

Die Silberdisteln erfuhren zunächst die spannende Geschichte des Palastes, der 1774 von den aus Italien stammenden Brüdern Bolongaro erbaut wurde. Diese hatten in Frankfurt die größte Tabakhandlung und Schnupftabakmanufaktur Europas gegründet. Trotz ihres beträchtlichen Vermögens hatten sie sich als Katholiken vergeblich um das Bürgerrecht der lutherischen Reichsstadt Frankfurt bemüht. So nahmen sie das Angebot des Kurfürsten und Erzbischofs Emmerich Josef aus dem katholischen Mainz an, ihren Palast in der 1768 gegründeten Höchster „Neustadt“ am Ufer des Zusammenflusses von Main und Nidda zu bauen, dem damals westlichsten Teils des Bistums Mainz.

Anschließend führte Frau Bolongaro die Silberdisteln durch die wichtigsten Räumlich-keiten des Palastes und erklärte die Einzelheiten aus ihrer historischen Sicht. Der Blick von der Terrasse über den Park hinunter zum Main war trotz oder vielleicht auch gerade wegen der tiefhängenden Wolken wunderschön. Seit der Eingemeindung von Höchst wird das restaurierte Schlafzimmer vom Frankfurter Oberbürgermeister regelmäßig als Büro genutzt. Weiter ging die Führung durch prunkvolle Räume mit Spiegelwänden, Deckengemälden und Seidentapeten zum reich geschmückten Festsaal und dem Kapellensaal. Der Palast wurde nur kurze Zeit von der Familie Bolongaro bewohnt und hatte danach diverse Nutzungen. Einmal diente er als Quartier für Napoleon Bonaparte sowie den ihn verfolgenden preußischen General Blücher. Nach dem Verkauf an einen Mainzer Fabrikanten in 1862 wurde im Palast eine Fabrik für Gas- und Wasserleitungen eingerichtet, später eine Messinggießerei beziehungsweise eine Produktionsstätte für Bettfedern. Durch die häufigen Nutzungswechsel wurde der Palast stark beschädigt. Erst 1907 kaufte die Stadt Höchst den Palast den damaligen Eigentümern ab, renovierte ihn aufwendig und führte ihn wieder repräsentativen Nutzungen zu, zunächst als Rathaus, heute als Stadtbezirksverwaltung und Standesamt.

Die Silberdisteln waren von der Führung begeistert, denn Frau Bolongaro war es gelungen, ihren Gästen aus ihrer historischen Perspektive und mit viel Humor einen nachhaltigen Eindruck vom Leben „ihrer Familie“ im Höchst des 18. Jahrhunderts zu vermitteln.

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