„Ein Angepasster war er nie“ – das Lebenswerk Herbert Alsheimers

Oberhöchstadt (aks) – Prof. Dr. Herbert Alsheimer, der am 11. März 2013 im Alter von 82 Jahren starb, war Staatsbürger im wahren Sinn mit großem persönlichen Engagement und vorbildlicher Integrität, der sich stets aktiv einbrachte und in 25 Jahren Kommunalpolitik ein streitbarer Verfechter der sozialen Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards war. Die Stadt Kronberg ehrte den gebürtigen Frankfurter mit der Ehrenbürgerwürde im November 2008 sowie mit der Umbenennung des Dallessaals in „Herbert-Alsheimer-Saal“ am 9. Juni 2018, wo am Samstag die Witwe, Elfriede Alsheimer, Jahrgang 1930, ehemalige Diplom-Handelslehrerin und Studienrätin sein Lebenswerk als Herausgeberin vorstellte. Drei Jahre waren nicht nur der Bearbeiter Mathias Friedel, seines Zeichens Historiker und Publizistikwissenschaftler, und sein Team, sondern auch die ganze Familie Alsheimer mit sortieren, scannen, strukturieren und kommentieren der zahlreichen Schriften und Reden des Vielschreibers und gefragten Redners Alsheimer beschäftigt. Unter den Gästen waren auch Dr. Bernd Heidenreich, Stadtrat aus Frankfurt, und Bürgermeister Klaus Temmen, der sich an Herbert Alsheimer als unverwechselbare große Persönlichkeit, der sich stets für ein gutes Miteinander in Politik und Gesellschaft einsetzte, erinnerte. Mathias Friedel führte sachkundig, aber auch sehr einfühlsam und vor allem kurzweilig in 45 Minuten durch dieses facettenreiche Buch mit 848 Seiten, das er als „gute Lektüre für lange Winterabende“ empfahl. Die Stimmung im Saal war von Vorfreude geprägt. Das Glück der Familie von Herbert Alsheimer, das Wirken des Vaters mit diesem Werk für die Nachwelt zugänglich zu machen und sein Gedankengut aus 61 Jahren zu neuem Leben zu erwecken, war spürbar. Dr. Constantin Alsheimer, Vorstandsvorsitzender der Mainova, der mit Frau und Kindern in Oberhöchstadt verwurzelt ist, hieß jeden einzelnen Gast sehr herzlich willkommen. Die Alsheimers, mit ihrer herzerfrischenden offenen Art auf Menschen zuzugehen, scheinen christliche Werte wie Nächstenliebe und gesellschaftliches Engagement selbst zu leben. Das warmherzige Miteinander, das alle mit einschloss, hätte Herbert Alsheimer sicher gefallen. Elfriede Alsheimer war es nur „mit Hilfe der Kinder“ gelungen, diese enormen und auch emotional belastenden Vorarbeiten zu leisten, wie sie selbst erzählt.

Jugend mit Gott

Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1945, da war Herbert Alsheimer 14 Jahre alt, war er bereits in der deutsch-katholischen Jugend engagiert und leistete Sozialarbeit in Frankfurt für eine „menschenwürdige Ordnung“:

„Die Geringen erhöhen, die Schreihälse zum Verstummen bringen und die Mächtigen vom Thron stürzen“, sein Motto ist heute aktueller denn je. Die Projektion eines Fotos der Stadt Frankfurt aus dieser Zeit zeigte eine einzige Trümmerwüste. In seiner Abiturrede 1951 sprach Herbert Alsheimer von einer gemeinsamen europäischen Kultur, die die Völker Europas vor einer neuen Urkatastrophe bewahren solle. Auch in späteren Jahren kämpfte er dafür, dass Demokratie Ethik brauche und gehütet werden müsse. Ein Angepasster war er nie.

Professor in konfliktgeladenen Zeiten

Nach seiner Promotion im Fach Steuer und Bilanzen wurde er 1966 mit 35 Jahren bereits Direktor der HWF Höhere Wirtschaftsfachschule Nordwestzentrum, wo er den „graduierten Betriebswirt“ einführte. Dabei ging es Alsheimer neben der fachlichen immer auch um die persönliche Bildung, von reinen Fachspezialisten hielt er nichts. Er nannte das „ethische Polierung“. 1971 ging diese Wirtschaftsfachschule in den Fachbereich Wirtschaft der neu begründeten Fachhochschule Frankfurt über, wo er Gründungsdekan des Fachbereichs und Professor für Bilanzen und Steuerrecht bis zu seinem Ruhestand 1993 blieb. Er erlebte hautnah und konfliktreich Jahre der Studentenbewegung mit und bezog unerschütterlich Position dazu, warum und wie jungen Menschen Bildung zuteil werde: Der Staat brauche gebildete und lebenstüchtige Menschen. Mit den Parolen der 68er-Generation „gegen Leistungsdruck für das Lustprinzip“ stand er auf Kriegsfuß. Sogar ein Molotow-Cocktail galt ihm als Mitglied der „reaktionären Dozentenmafia“: „Der steht heute noch bei uns im Schrank“. Er wehrte sich wortstark gegen Streiks, Blockaden und Sachbeschädigungen, denn Freiheit „ohne sittliche Bindung“ gab es für ihn nicht.

Unruhestand

25 Jahre war er in der Kommunalpolitik tätig. In der CDU war er als „unbequemes Mitglied“ ganz in seinem Element, stets forderte er beim staatlichen Umgang mit Steuergeldern Sparsamkeit und Transparenz ein: „Auch dann, wenn es weh tut!“

Er handelte stets aus tiefster Überzeugung: „Ich resigniere nicht. Es lohnt, sich für den Staat einzusetzen.“ Sein Ruhestand war also von Unruhe geprägt. Als Historiker lebte Herbert Alsheimer sein Geschichtsinteresse aus. Und befasste sich grundsätzlich als Christ mit Fragen der Werteorientierung, von Religion und Ethik, dem Verhältnis der Bürger zum Staat und umgekehrt und Politik für die Bürger, dabei vermied er oberflächliche Polemik. Im Jahr 2004 erhielt er aus der Hand des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch das Bundesverdienstkreuz. Im Jahr 2006 zeichnete ihn der Hochtaunuskreis mit Blick auf seine Veröffentlichungen zur wirtschaftspolitischen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland mit dem Saalburgpreis aus.

Nachruf

Elfriede Alsheimer beschreibt ihren Mann als Mann von Prinzipien, der sehr gesellig war und Andersdenkende immer schätzte und offen für gute Argumente war. Noch heute suchen ehemalige Studenten den Kontakt zu ihr. Ohne politische Scheuklappen und ohne Phrasendrescherei hat Herbert Alsheimer seine Gegner nie ausgegrenzt oder diffamiert. Tochter Beatrix denkt kurz nach, bevor sie die väterliche Liebe, Treue, seine Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit, seine Standhaftigkeit und große Bescheidenheit lobt. Ach ja, ganz viel gesungen und gelacht habe er auch, ergänzt sie ihr Porträt. Sohn Constantin spricht von der Werteorientierung seines Vaters. Er selbst wurde streng erzogen, wichtig sei „mal im Wind zu stehen“, das gehöre zum Leben dazu. Dann meldet sich auch der Enkel zu Wort, er kann es kaum abwarten – und widerspricht: „Er war nicht streng, er hat uns immer Geschichten erzählt.“

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann mehr über den Ehrenbürger Prof. Dr. Herbert Alsheimer erfahren, dessen Engagement als Bürger Ehre und Pflicht war, in dem Buch „Herbert Alsheimer 1931-2013, Schriften und Reden“ im Verlag Henrich Editionen erschienen, Herausgeberin Elfriede Alsheimer, Bearbeiter Mathias Friedel.

Familie Alsheimer, Dr. Constantin Alsheimer mit Frau und Kindern, Dr. Beatrix Alsheimer, mit Elfriede Alsheimer, Herausgeberin der Schriften und Reden ihres Ehemanns, Herbert Alsheimer.

Foto: Sura



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