30 Jahre deutsche Wiedervereinigung Kronberg und Ballenstedt erinnern

Ballenstedts Bürgermeister Dr. Michael Knoppik (links) und Kronbergs Rathauschef Klaus Temmen stießen am 3. Oktober im Harz auf die enge Verbindung an. Foto: privat

Kronberg (kb/pu) – Am 3. Oktober 1990 schrieb Deutschland durch die Premierenfeier der Wiedervereinigung, die erst durch den knapp ein Jahr zuvor erlebten Mauerfall ermöglicht wurde, Geschichte. Diese weit über die Republik strahlenden historischen Ereignisse vor Augen, waren vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie anlässlich des 30. Jahrestags bundesweit zahlreiche Veranstaltungen und Feierlichkeiten geplant. Doch die seit Monaten erforderlichen Kontaktbeschränkungen und Abstands- und Hygienemaßnahmen ließen Festakte in großem und angemessenem Rahmen entweder gar nicht oder nur sehr eingeschränkt zu.

Nichtsdestotrotz erinnerten die Stadt Kronberg im Taunus, die Stadt Ballenstedt und die Partnerschaftsvereine beider Städte zum 30. Jahrestag an den für die Deutschen in Ost und West so bedeutsamen 3. Oktober 1990, an dem Kronbergs damaliger Bürgermeister Rudolf Möller zum Ehrenbürger Ballenstedts ernannt wurde. Bei aller Betrübnis über die aktuellen Einschränkungen ließ sich der amtierende und in wenigen Wochen scheidende Rathauschef Klaus Temmen außerdem einen persönlichen Besuch bei seinem Ballenstedter Amtskollegen Dr. Michael Knoppik nicht nehmen. Für die in die Wiege Anhalts gereiste kleine Kronberger Delegation war der gemeinsam mit Ballenstedtern verbrachte Tag ein sichtbares Zeichen, dass in all den Jahren eine tiefe Freundschaft entstanden ist. Dass diese Einschätzung auf Gegenseitigkeit beruht, betonte Temmens Ballenstedter Kollege Dr. Michael Knoppik: „Die Geschichte um die Partnerschaft unserer zwei Städte gerade in der Zeit vor und nach der Wende dürfte – bezogen auf ganz Deutschland – einzigartig sein. Diese besondere Konstellation hat wiederum dazu geführt, dass sich sowohl in Kronberg als auch in Ballenstedt eine besonders tiefe Verbundenheit zum jeweiligen Partner entwickeln konnte. In diesem Rahmen kommt dem runden Geburtstag „30 Jahre deutsche Wiedervereinigung“ eine besondere Bedeutung zu, bildete die Wendezeit doch für unsere Partnerschaft eine Art Reaktionsbeschleuniger.“ Gemeinsam wurde an diesem Tag in der Kronberg Stube des Ballenstedter Schlosses in Anwesenheit von Stadträtin und Witwe von Rudolf Möller, Brigitte Möller, einiger Partnerschaftsvereinsmitglieder aus Ballenstedt und Kronberg sowie Lehrer, Schüler und Künstler des Wolterstorff-Gymnasiums eine Ausstellung eröffnet.

In diesem Zusammenhang sei darüber hinaus die Erinnerung an zwei weitere markante Ereignisse aufgefrischt, die sich in diesen Tagen zum 32. Mal jährten, denn am 6. Oktober 1988 wurden in Kronberg und am 13. Oktober in Ballenstedt die Verschwisterungsurkunden von Vertretern beider Kommunen feierlich unterschrieben. Diese Partnerschaft war die 36. Verschwisterung zwischen zwei Städten der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik und die erste einer kreisangehörigen Kommune in Hessen mit einer kreisangehörigen Stadt in der DDR. Sie kam durch persönliche Kontakte des 2016 verstorbenen Kronbergers Dr. Walther Leisler Kiep zustande. Temmen: „Die Partnerschaft zwischen beiden Städten wurde also noch geschlossen, als Ballenstedt zur DDR gehörte. Sowohl an Dr. Leisler Kiep als auch an den 2008 verstorbenen Ehrenbürger von Kronberg und Ballenstedt, Rudolf Möller, wollten wir am 3. Oktober erinnern.“ Unvergesslich für alle, die es damals miterlebten, als wenige Tage nach der Wende die ersten Gäste aus Ballenstedt nach Kronberg kamen und die neu erkämpfte Freiheit auch zu einem Besuch in der Partnerstadt nutzten. Bürgermeister Rudolf Möller hatte jedem Ballenstedter ein eigenes Kronberger Begrüßungsgeld versprochen. Im Laufe der Zeit absolvierten auf Vermittlung der Partnerschaftsvereine Kronberg-Ballenstedt und Ballenstedt-Kronberg rund 500 junge Menschen aus Ballenstedt und Umgebung eine Ausbildung im Rhein-Main-Gebiet. Manch einer wurde auch im Taunus heimisch. Es gab und gibt aber auch viele Menschen, die den umgekehrten Weg, den von West nach Ost gegangen sind. „Seit der Wende bestehen mannigfaltige Begegnungen zwischen Menschen aus Ost und West und insbesondere auch zwischen den Bürgerinnen und Bürgern Ballenstedts und Kronbergs“, weiß Dr. Ursula Philippi, Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Kronberg-Ballenstedt.

Zurückblickend in das Jahr 1988 konnte damals wohl niemand voraussehen, wie sich diese Beziehung entwickeln würde, denn Deutschland war damals noch durch Stacheldraht und die Mauer geteilt. „Eine wirklich gelebte Partnerschaft zwischen den Menschen in Kronberg und Ballenstedt war unter den damaligen Bedingungen überhaupt noch nicht möglich. Erst die Ereignisse des 9. November 1989, als die Mauer fiel, und die Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 führten zu dem überwältigenden Beginn einer gelebten Partnerschaft“, betont Temmen. Unvergessen bleibt auch der Besuch von insgesamt über 3.000 Ballenstedter*innen nach dem Fall der Mauer zum Kronberger Weihnachtsmarkt Anfang Dezember 1989. Ursula Philippi: „Dies war zugleich der Beginn zahlreicher persönlicher Freundschaften, die bis heute bestehen.“

Die Vereinigung des geteilten Deutschlands ist in den vergangenen drei Jahrzehnten vorangeschritten. Die drei Teile der Berliner Mauer, die an der Stadthalle im Herzen Kronbergs aufgestellt sind, lenken den Blick dauerhaft auf das Ende der deutschen Teilung und an die deutsche Wiedervereinigung. In ganz Deutschland wurde anlässlich des 30. Jahrestags des Mauerfalls am 9. November 2019 mit Feierlichkeiten dieses historischen Ereignisses gedacht. In Kronberg im Taunus veranstalteten Stadt und der Partnerschaftsverein Kronberg-Ballenstedt eine Gedenkstunde vor den Teilen der Berliner Mauer.

Temmen: „Es schmerzt, dass wir all unseren Freunden in den Partnerstädten, jenen in Ballenstedt, aber auch jenen in Le Lavandou in Frankreich, in Porto Recanati in Italien und in Aberystwyth, in diesen Zeiten nicht wie gewohnt begegnen können. Es freut mich aber umso mehr, dass wir trotz dieser weltweit gemeinsamen Krise den Kontakt nicht verlieren und vorübergehend andere Wege der Begegnung suchen und auch finden, sei es verstärkt durch Telefonate, digitale Medien oder Videokonferenzen.“

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