Vom Altstadthof Dingeldein und einer beneidenswerten Fülle von Bürgerengagement

Der geplante Hof mit umgebauter Scheune für kulturelle Veranstaltungen.

Animation: K. Grabowski

Kronberg (mw) – 1904 erbaut, steht das dreigeschossige Dingeldein-Haus in der Friedrich-Ebert-Straße heute genauso stolz und kräftig da wie damals. Elisabeth Dingeldein, die selbst keine Erben hatte, war so weise, ihr Geschäftshaus und etwas Kapital zu hinterlassen, um bürgerschaftliches Engagement in Kronberg zu unterstützen. Die Dingeldein Stiftung hält jährlich bis zu 20.000 Euro für diese Zwecke zur Verfügung, wie Albert Sanftenberg aus dem Vorstand der Stiftung, dem von Amts wegen auch Bürgermeister Klaus Temmen angehört, im Rahmen der jüngsten Vereinsringsitzung erläuterte. Das Haus wurde saniert und fungiert als florierendes Wohn- und Geschäftshaus mit der Bücherstube von Dirk Sackis im Erdgeschoss. Den Innenhof kannten bis zu dem Zeitpunkt, als Dirk Sackis ihn für seine Lesungen entdeckte, nur wenige Kronberger. „Er ist mit seiner sich hoch aufrichtenden Scheune aber ein echtes Juwel, das wir den Kronbergern nicht vorenthalten wollten“, so Sanftenberg. Die Dingeldein-Stiftung will den Hof mit der Scheune in den nächsten Jahren für mehr kulturelle Veranstaltungen nutzen und wird die Scheune für diese Zwecke Stück für Stück restaurieren. Der von der Stiftung beauftragte Architekt, Klaus Grabowski stellte die Pläne im Rahmen der Vereinsringssitzung kurz vor und erhielt hier, wie zuvor schon von den Mitgliedern des Altstadtkreises, ein mehrheitlich positives Feedback für seine Pläne. Der Altstadtkreis, der die Idee für den Namen des Hofes: „Altstadthof Dingeldein“ hatte, wird die Umbauten mit 10.000 Euro unterstützen.

Grabowskis Pläne sehen vor, die Tenne in der Scheune als Veranstaltungsraum für 25 Personen zu gestalten. Über eine moderne Stahltreppe sollen die Gäste in den ersten Stock gelangen, um von einer Galerie aus den Vorträgen oder Lesungen zu lauschen. Die schöne alte Dachkonstruktion mit Holzbalken bleibt offen und unangetastet, sodass sie ihre Wirkung entfalten kann. Insgesamt könnten in der Scheune 60 bis 65 Personen Platz finden. Neu eingepasste Fenster und ein neu geplantes großes Hoftor sollen der Scheune das nötige Licht bieten. „Sie wird sich über das große Tor mit dem Hof zu einem Gesamtensemble verbinden“, so der Architekt. Die ehemalige Backstube, deren Dach in der linken Hofecke für eine Erhöhung sorgt (der Raum, in dem die Bücherstube Wein zum Verkauf anbietet), soll zu einer begehbaren Sonnenterrasse umgebaut werden. Leseratten könnten es sich dort gemütlich machen, aber auch die Mieter können die Terrasse nutzen. Eine Fluchttreppe vom Obergeschoss der Scheune auf den Hof ist ebenfalls geplant. Wie genau der Terrassenumbau aussehen wird, hängt mit von der Führung dieser Treppe ab. Sanftenberg machte an diesem Punkt noch einmal klar, dass die Dingeldein Stiftung hier finanziell auch nur Stück für Stück arbeiten könne und sich über weitere Unterstützer freuen würde. Tatkräftige Hilfe wird auch beim Ausräumen der Scheune benötigt, in der sich unter andrem noch der alte Backherd und eine Kutsche befinden. Grabowski schwebt außerdem als Idee vor, Relikte aus der Dingeldein-Zeit in kleinen Nischen in Vitrinen auszustellen.Denkbar sei auch, vorhandenes Gebrauchsgeschirr aus dieser Zeit für die Kulturabende zu nutzen, statt es einfach nur zu zeigen.

Für die Nutzungsänderung des Ensembles braucht es auch einen Bauantrag und die Einbeziehung der Denkmalpflege. Bei der Auslotung der Möglichkeiten für die Nutzung von Hof und Scheune sei schnell klar geworden, dass eine maßvolle, kulturelle Sommernutzung der Scheune die sinnvollste Variante ist – gerade auch im Hinblick auf die Mieter. Sanftenberg kalkuliert die Kosten für den gesamten Umbau vorsichtig auf 250.000 bis 300.000 Euro.

Stadtmarketing-Konzept

Dr. Karl Eggers, der an der Spitze von MBE, einer Marketing-Beratung steht, stellte sich den Vereinsvertretern im Anschluss an die Vorstellung des Projektes „Alstadthof Dingeldein“ vor und umriss seine Aufgabe für die zwölfmonatige Projektphase, die Ende Februar 2019 gestartet ist: Die Marketing-Beratung Dr. Karl Eggers (MBE) mit Sitz in Lambrecht/Rheinland-Pfalz ist von der Stadt Kronberg mit der Erstellung einer integrierten Stadtmarketingkonzeption beauftragt worden. Gerade wurden 800 Fragebögen zur Standortanalyse (siehe weiteren Bericht) an die Vereine und Organisationen Kronbergs ausgesandt. Zu den zentralen Aufgaben der Dr. Eggers/MBE gehört die Erstellung der Stadtmarketing-Konzeption als Basis für ein künftiges und zukunftsorientiertes Stadtmarketing. Die detaillierte Standortanalyse geht dieser Konzeption voraus. Ziel sei letztendlich, „die Bereiche Wirtschaft, Tourismus und Kultur miteinander zu verzahnen“, erläuterte er. Noch sei er dabei, den „Kosmos“ Kronberg kennenzulernen. Beim Studieren der Stadt und ihrer Bewohner sei ihm schnell klar geworden, „Sie haben hier etwas, was ich woanders noch nicht gesehen habe. Sie haben hier eine beneidenswerte Fülle von Bürgerengagement“, befand er. So einen Kosmos zu besitzen, wie er ihn in Kronberg vorgefunden habe, sei wirklich „wahnsinnig“. Hinzu komme, dass Kronberg vom Großraum Frankfkurt Rhein-Main profitiere. „Sie haben wirklich sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten.“ Seine Aufgabe sei zunächst, diesen Mikrokosmos genau zu studieren. Dafür sei es wichtig, dass die angeschriebenen Vereine und Organisationen als die eigentlichen Akteure der Stadt über das Ausfüllen des Fragebogens mithelfen, diesen Mikrokosmos eingehend zu beleuchten. Damit ein Gemeinwesen funktioniere, bedürfe es genau solcher wertschöpfender sozialer und kultureller Faktoren, wie sie die Stiftung Dingeldein beispielsweise biete. „Sie müssen sich als Stadt überlegen, was sie für Schätze haben und wie sie diese bespielen.“ Denn Geschäfte würden dort gemacht und Unternehmen blieben dort, wo auch das Gemeinwesen gut funktioniere. Und dass das in Kronberg funktioniere, sei schnell spürbar. „Es gibt hier sehr viele Menschen, die gemeinsam ehrenamtlich arbeiten.“ Es sei also schon sehr viel vorhanden, was auch nicht geändert werden dürfe. Doch die Schnittstellen müssten erkannt werden, Stärken und Schwächen aktuell ausgelotet werden, um mittelfristig Chancen und Risiken zu bestimmen. „Sonst läuft eine Stadt Gefahr, dass zu viele Aktivitäten, die nebeneinander liegen, eines Tages zum Erliegen kommen.“ Statt die Angebotsfülle, sei es an Veranstaltungen oder Märkten, zu überdehnen, müsse auf die Qualität geachtet werden. „Marketing bedeutet nicht, einfach Werbung zu machen und Hallen zu füllen, sondern vielmehr zu schauen, was zu unserer Stadtgeschichte passt. Welche Zielgruppen wollen wir ansprechen, welche Wertschöpfung ziehen wir daraus?“ Bei Marketing gehe es eben nicht nur um „Knete“.

Nach diesem ersten positiven Eindruck – die Stadt und ihre Akteure erhalten endlich professionelle Unterstützung, um sich und die Marke Kronberg weiter zu entwickeln – wendete sich der Vereinsring den weniger spektakulären Tagesordnungspunkten zu, wie der Ergänzung der Satzung, dem Kassenbericht und den anstehenden Veranstaltungen im laufenden Jahr. Nach eingehender kritischer Debatte über die städtischerseits vorgestellten neuen Weihnachtsbuden wählte der Vereinsring schließlich, fast schon nebenbei, turnusgemäß nach drei Jahren seinen Vorstand neu. Veränderungen gab es jedoch keine, die Vorstandsmitglieder, allen voran Hans Willi Schmidt, wurden einstimmig wieder gewählt. Matthias Bauer fungiert als Hans Willi Schmidts Stellvertreter, Regina Hartmann als Kassiererin, Horst Lorenz als Beisitzer und Yvonne Ungeheuer als Schriftführerin.

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