Kronberg (war) – Ludwig Freiherr von Ompteda – mit diesem Namen wissen alle geschichtsaffinen Kronberger sofort etwas anzufangen. War es doch der Freiherr, der im Auftrag von Victoria Kaiserin Friedrich das Werk „Die von Kronberg und ihr Herrensitz. Des Geschlechtes Ursprung, Blüte, Ausgang. Der Burg Gründung, Ausbau, Niedergang, Zerfall, Wiederherstellung. Eine kulturgeschichtliche Erzählung aus elf Jahrhunderten, 770 bis 1898“ erstellte und damit die Genealogie der adligen Herren und Frauen auf dem hiesigen Burghügel umfassend darstellte. Dafür recherchierte er mehrere Jahre archivarisch sehr intensiv, teilweise sogar im Ausland, im Auftrag der Kaiserin Friedrich über das Adelsgeschlecht derer von Kronberg. Weniger bekannt dürfte sein, dass der Freiherr maßgeblich Anteil daran hatte, dass die Kaiserwitwe ihren Lebensabend in der Burgstadt verbrachte.
Vor 125 Jahren ist Ompteda am 26. Januar 1899 in Wiesbaden verstorben. Zu seinem 80. Todestag veröffentlichte im Jahr 1980 der Kronberger Lokalhistoriker Wilhelm Jung im Band 91 der Nassauischen Annalen eine „Lebensbeschreibung“ über ihn. Von Ompteda entstammte einem friesisch-niedersächsischen Uradel- und Häuptlingsgeschlecht, dessen Wurzeln in den Niederlanden liegen. Geboren wurde er am 18. Mai 1828 in Hoya an der Weser in der damaligen Provinz Hannover. Nach der Schulzeit in Lüneburg sowie dem Jurastudium an den Universitäten von Heidelberg, Berlin und Göttingen legte er 1852 sein zweites Staatsexamen ab, um danach zunächst als Hilfsrichter in der Justizkanzlei in Hannover tätig zu sein.1858 erfolgte die Ernennung zum Referenten im königlich-preußischen Finanzministerium. 1865 wurde er laut Jung als „hannoverscher Geschäftsträger“ erst nach München und ein Jahr später nach Stuttgart entsandt. In der bayerischen Hauptstadt lernte er seine spätere Ehefrau Julie Constanze von Seckendorff-Aberdar kennen.
Haus auf dem Land für Victoria
Im Jahr 1870 siedelte von Ompteda samt Familie nach Wiesbaden über. Dort kam er mit dem preußischen Kronprinzenpaar Friedrich-Wilhelm und Victoria, die als älteste Tochter von Queen Victoria seine spätere Dienstherrin in Kronberg werden sollte, in engeren Kontakt, da die beiden sich dort öfters aufhielten. Wie diese stand von Ompteda der Politik von Reichkanzler Otto von Bismarck skeptisch gegenüber. Das Kronprinzenpaar besuchte von Ompteda sogar in dessen Privathaus in Wiesbaden, wie Jung zu berichten weiß. Zu dieser Zeit beschäftigte sich von Ompteda intensiv mit Fragen des Obstbaus, sodass Prinzessin Victoria ihm eine apfelkundliche Studienreise nach Großbritannien empfahl. Diesem Rat folgend brach von Ompteda dorthin auf, um seine Eindrücke posthum in seinem Reisebuch „Aus England – Neue Bilder aus dem Leben in England“ festzuhalten. Ein weiteres Werk aus seiner Feder lautet: „Rheinische Gärten von der Mosel. Bilder aus alter und neuer Gärtnerei.“
1874 wurde von Ompteda in den Freiherrenstand erhoben und 1883 folgte die Ernennung zum Kammerherrn von Kaiserin Augusta, damalige Schwiegermutter von Kronprinzessin Victoria. Außerdem wurde er zum Schlosshauptmann im Homburger Schloss und 1885 von dem in Montabaur ernannt. Um 1886 soll er, jetzt auch Kammerherr der Kronprinzessin, bereits beauftragt worden sein „in der Rheingegend“ nach einem Anwesen zu schauen, auf dem Victoria einmal ihren Lebensabend verbringen könnte. „Hatte viel gesucht und gesehen, aber bis dahin fruchtlos“, so lautete von Omptedas Kommentar im Nachherein. Christine Klössel, Archivarin des Hauses Hessen, zitiert hierzu in dem Buch „Im Schatten der Krone“ aus einem Brief, den die Kaiserin im Juli 1888 an die in Frankfurt am Main lebende Landgräfin Anna von Hessen richtete: „Mein geliebter Fritz [gemeint war damit ihr gerade verstorbener Ehemann] hatte die Absicht mir ein eigenes Home, ein Haus auf dem Lande zu schenken, da er wusste, wie gern ich sonst pflanzte, arrangierte, in Kronschlössern u. Gärten man das nicht kann. Dieser Gedanke wird, glaube ich noch zur Ausführung kommen auf die ein oder andere Weise und mich vielleicht in Deine Nähe führen.“
Entscheidender Wink für Kronberg
Im Jahr 1888 war die Kronprinzessin für 99 Tage als Kaiserin „First Lady“ im Deutschen Reich. Als die Kaiserwitwe nach dem tragischen Krebstod ihres Mannes, Kaiser Friedrich III., im Juni 1888 nicht länger in Berlin und Potsdam verbleiben wollte, intensivierte von Ompteda umgehend die Suche nach einem Witwensitz für sie und wurde bald in Kronberg fündig, Dort boten die Erben des vermögenden Kaufmannes Jacques Reiss, als Ehrenbürger Kronbergs 1887 verstorben, gerade dessen im Neorenaissancestil erbaute schlossartige Villa Schönbusch, die von einem großen Außengelände samt Ökonomiebetrieb umgeben war, zum Verkauf an. Wohl eher das weiträumige Parkgelände gab den Ausschlag für den positiven Entscheid als das schlossartige Anwesen selbst, welches nach Aussage der Kaiserin für ihre Bedürfnisse zu klein war. Interessanterweise hält die Taunus-Zeitung vom 23. Mai 1895 diesbezüglich anlässlich des Todes des Königsteiner Ehrenbürgers Sigismund Kohn-Speyer fest, dass die Kaiserin die erste gewesen sei, welche dessen Töchtern kondolierte. Dabei erwähnt die Zeitung, dass die Kaiserin dank des 1830 in Frankfurt am Main geborenen Kohn-Speyer, der als vermögender Bankier und Kaufmann selbst seit 1867 ein Landhaus in Königstein besaß, die Villa Schönbusch erworben habe. Es liegt daher nahe, dass Kohn-Speyer Ludwig von Ompteda den entscheidenden Wink für Kronberg gab.
Laut Klössel reiste die Kaiserwitwe am 31. August 1888 mit von Ompteda und ihrem Oberhofmarschall Graf von Seckendorff, der mit von Ompteda verschwägert war, nach Frankfurt, um von dort die Immobilie samt Park zu begutachten. Ihr Urteil lautete: „1 Stunde angenehmer Fahrt. In Kronberg die Villa u. das Grundstück des Hn. Reiss besichtigt. Sehr befriedigt v. Lage, Gegend, Blick, Bodenbeschaffenheit u. nettem Haus, welches jedoch für uns nicht ausreichen würde! Würde sehr froh sein, es zu akquirieren u. auszubauen.“
Den Kauf perfekt gemacht
Von Ompteda erhielt umgehend die Vollmacht, den Kauf perfekt zu machen. Klössel weiter: „Genau vier Wochen nach ihrer ersten Besichtigung kaufte die Kaiserin den Besitz für eine Summe von 5 Millionen Mark [Es waren wohl „nur“ 500.000 Mark]. Der Kaufvertrag wurde am 28.9. von ihrem Beauftragten Freiherrn von Ompteda und dem Schwiegersohn von Jacques Reiss unterzeichnet.“ Sicherheitshalber sicherte von Ompteda die Akquisition im Vorfeld dadurch ab, dass er das Anwesen in Kronberg im geheimen Auftrag der Kaiserin zunächst auf eigenen Namen erwarb, denn er hielt damals fest: „Einstweilen hatte ich den Besitz für mich selbst auf drei Monate zu 500.000 Mark an die Hand gekauft.“ Dadurch war ein befristetes Vorkaufsrecht abgesichert. Nach dem Verkaufsabschluss ließ die Kaiserin – durch eine unerwartete Erbschaft nunmehr über ausreichend Kapital verfügend – die Villa Schönbusch abreißen und durch einen komplett neuen, großzügigen Ruhesitz ersetzen, dem sie in Erinnerung an ihren geliebten Mann den Namen Schloss Friedrichshof, seit 1954 Schlosshotel, gab. Von Ompteda weiter: „Damit begann für mich eine frische, höchst erfreuliche Tätigkeit, in dem Ihre Majestät mich zum Generalbevollmächtigten für die dortige Verwaltung bestellte.“ Dem Freiherrn oblag damit auch die Bauaufsicht, die sich bis Ende 1894 hinzog. Laut Kössel traten zum 1. Januar 1895 von Ompteda und Graf Sechkendorff „aus der Verwaltung Schloss Friedrichhofs zurück“. Das Hofmarschallamt oblag von jetzt an Freiherrn Hugo von Reischach. Von Ompteda war ab diesem Zeitpunkt noch inmitten der Finalisierung seines eingangs erwähnten Buches: „Die von Kronberg und ihr Herrensitz“, dessen Manuskript er 1897 abschloss. Es folgte jetzt die Erstellung der aufwendigen und zahlreichen Illustrationen samt Vignetten, die zu betrachten oder besser gesagt zu bewundern noch heute ein wahrer Augengenuss darstellt. Im Todesjahr von Ludwig von Ompteda erschien das Buch dann im Verlag .
Philipp Zabern in Mainz
Kaiserin Friedrich soll nach Herausgabe des Werkes von ihren meist wohlhabenden Bekannten und Freunden erwartet haben, dass sie das aufwändig gestaltete Buch selbstverständlich auf eigene Kosten erwarben. Daher sind bis heute noch einige „Omptedas“ in Kronberger Haushalten zu finden und werden als bibliophiler Schatz gehütet. Der Preis für das Prachtwerk mit 644 Seiten betrug damals „in elegantem Leinwandband“ 38 Mark. Aktuell wird ein Exemplar mit Gebrauchsspuren im Online Antiquariat für einen Verkaufspreis angeboten.
Das Buch stellt bis heute eine wichtige Quelle zur Geschichte Kronbergs und dessen Adelsfamilie dar, wenn auch zahlreiche Angaben mit Vorsicht zu genießen sind.
Walter A. Ried