Bürgermeisterwahl verschiebt sich: Noch herrscht Uneinigkeit über neuen Wahltermin

Frühling vor dem Rathaus: Doch inmitten der Corona-Pandemie stehen die Zeichen leider nicht auf Frühlingsidylle. Auch das Rathaus ist für den Publikumsverkehr geschlossen und die Kronberger Bürger werden nicht schon im Sommer, sondern erst ab November entscheiden dürfen, wie die kommende Bürgermeisterin oder Bürgermeister heißt, die oder der in dieses schöne Rathaus einziehen darf. Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Alles hat sich verändert in der Coronakrise. Der Bürgermeisterwahlkampf wurde aufgrund der Veranstaltungseinschränkungen zunächst gebremst, schließlich über verschiedene Medienkanäle weitergeführt, um nun doch weitgehend zum Erliegen zu kommen, nachdem der Hessische Landtag die Verschiebung der Bürgermeisterwahlen auf einen Termin ab dem 1. November beschlossen hat. Die Verschiebung macht Sinn, nicht nur um einer Ausbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken, sondern auch, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, die Kandidatinnen und Kandidaten Angesicht zu Angesicht, kennenzulernen. In Kronberg sind es drei an der Zahl: FDP-Kandidatin Kristina Fröhlich, CDU-Kandidat Andreas Becker und der unabhängige Bürgermeisterkandidat Christoph König, der von der SPD, den Grünen und der UBG unterstützt wird.

Auch die Kronberger Grünen halten die Entscheidung der Wahlverschiebung für sach- und situationsgerecht, Vorstandsmitglied Dr. Judith Jackson erklärte dazu: „Ein Wahlkampf nur mit Plakaten, Anzeigen und druckreifen Stellungnahmen reicht nicht aus. Die Wählerinnen und Wähler haben ein Recht darauf, an Info-Ständen und in Publikumsveranstaltungen die Kandidaten und die Kandidatin mit ihren jeweiligen Stärken und möglichen Schwächen persönlich kennenzulernen. Hoffen wir, dass dies bis November möglich sein wird!“

Becker: Idee der Wahlzusammenlegung

Kaum war die Entscheidung getroffen, die Kommunalwahl von Juni in den November zu verlegen, meldete sich der CDU-Bürgermeisterkandidat mit der Idee der Zusammenlegung der Kommunalwahlen im März 2021 mit den BM-Wahlen zu Wort: Der Hessische Landtag habe den Städten auch die Möglichkeit eingeräumt, die Bürgermeisterwahl mit der Kommunalwahl im März 2021 zusammenzulegen, so Becker, der diese Regelung „ausdrücklich begrüßt“. Seiner Überzeugung nach würde das Haushalt und Verwaltung entlasten. „Im Doppelhaushalt 2020/2021 sind fast 200.000 Euro für die Bürgermeisterwahl und die Kommunalwahl eingeplant. Mit der Zusammenlegung kann ein großer Teil dieser Mittel eingespart werden“, meint er. Zusätzlich könne die Verwaltung entlastet werden, wenn nicht zwei Wahlen in zeitlicher Nähe durchgeführt werden müssten. „Wir alle merken gerade, dass die Verwaltungskapazität in der Nach-Corona-Zeit dringend für andere Aufgaben benötigt wird.“, so Becker. „Sowohl Bundesregierung als auch die Landesregierung beschließen derzeit Milliarden-Programme für die Unterstützung von Handwerkern und Firmen sowie Privatpersonen. Wir in Kronberg sind nun auch gefordert, unsere durch die Corona-Krise in Not geratenen Kronberger Gastronomen, Einzelhändler, Handwerker, Dienstleister, Freiberufler und Mittelständler, genauso wie Bürgerinnen und Bürger, zu unterstützen. Daher benötigen wir jeden Euro und jede freie Minute“, begründet er seinen Vorschlag der Zusammenlegung der Wahlen.

„Angesichts der massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens infolge der Corona-Pandemie ist eine Verschiebung des Wahltermins die einzig richtige Entscheidung“, findet auch Bürgermeisterkandidat Christoph König. „Ohne die Möglichkeit, sich bei Veranstaltungen, Diskussionsrunden oder einfach nur am Wahl-Infostand zu treffen, kann kein vernünftiger Austausch zwischen Wählerinnen und Wählern und den Kandidaten stattfinden. Bei einer Wahl Anfang Juni wären die Möglichkeiten der Wählerinnen und Wähler, sich zu informieren, Fragen zu stellen, zu diskutieren und sich schließlich für einen der Bewerber zu entscheiden, allzu sehr eingeschränkt.“

König: November-Wahltermin angemessen

Ein Wahltermin im November sei „der Bedeutung des Amtes angemessen.“ Als erster möglicher Termin für die Wahl sei der November festgelegt. „Die Stadtverordnetenversammlung sollte deshalb den Wahltermin auf den 1. November oder den 8. November festlegen, eine eventuelle erforderliche Stichwahl könnte dann am 15. oder 22. November stattfinden“, so König. Der Bedeutung des Amtes des Bürgermeisters und der Wahl „unangemessen“, fände er, den Wahltermin „willkürlich um mehr als ein Dreivierteljahr hinauszuschieben und so zugleich die Amtszeit von Bürgermeister Klaus Temmen, die eigentlich am 30. November 2020 endet, um wenigstens ein halbes Jahr zu verlängern“, so König. Die Verlegung des Wahltermins und damit eine willkürliche Verlängerung der Amtszeit des Bürgermeisters stelle, wie der Landtag in der Gesetzesbegründung selbst hervorhebe, einen Eingriff in das Demokratieprinzip dar und schwäche die auf der Wahl beruhende Legitimation des Amtes“, so König. Zudem sei den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu vermitteln, wenn der bereits begonnene Bürgermeister-Wahlkampf nun auf „mehr als ein Jahr ausgedehnt wird“. König weiter: „Bereits in den vergangenen Monaten war zu bemerken, dass die bevorstehende Wahl das politische Alltagsgeschäft überlagert. Gerade die Zeit ,nach Corona‘, in der weitreichende Entscheidungen zu treffen sein werden, darf nicht von einem Endloswahlkampf dominiert werden.“

Die Annahme, man könne mit einer Zusammenlegung der Wahltermine einen Großteil der Kosten einsparen, ist laut König „eine Milchmädchenrechnung“. Denn der gesamte Aufwand für die Durchführung des Wahlverfahrens, das Aufstellen des Wählerverzeichnisses, die Herstellung und den Versand der Wahlbenachrichtigungen, Stimmzettel, Briefwahlunterlagen und die Dienstleistungen von Ekom21 entstehe unabhängig vom Wahltag.

Die durch einen zusätzlichen Urnengang entstehenden Kosten würden nur einen kleinen Teil der insgesamt gut 180.000 Euro ausmachen, die in den Jahren 2020 und 2021 für insgesamt fünf Wahlen (neben Bürgermeister- und Kommunalwahl noch Ausländerbeirat, Seniorenbeirat und Bundestag) eingeplant waren, rechnet König, der von SPD, Grünen und UBG unterstützt wird.

Auch inhaltlich-politisch spricht „nichts“ für eine Zusammenlegung der Bürgermeisterwahl mit der Kommunalwahl 2021. „Die Position und Aufgaben des direkt gewählten Bürgermeisters unterscheiden sich erheblich von denen der Stadtverordneten, auch sind die politischen Konstellationen in beiden Wahlen unterschiedlich“, betont er. Schon jetzt würden infolge der ebenfalls am 23. März beschlossenen Verschiebung der Ausländerbeiratswahl am Tag der Kommunalwahl sechs Wahlen (Kreistag, Stadtverordnete, drei Ortsbeiräte und Ausländerbeirat) durchzuführen sein. „Es ist schon jetzt kaum möglich, im Wahlkampf allen diesen Wahlen die gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen“, erklärt er. Deshalb sei eine Verlegung des Wahltags in den November 2020 die richtige Entscheidung.

Fröhlich: Gewählt werden Persönlichkeiten und nicht Parteien

Auch die FDP-Bürgermeisterkandidatin Kristina Fröhlich möchte, dass die Kronberger Bürger ausreichend Zeit und Möglichkeiten haben, die Kandidaten im Vorfeld kennenzulernen und findet die Wahlverlegung auf November somit richtig. Die Argumente, die CDU-Kandidat Andreas Becker jedoch anführt, um die Bürgermeisterwahl mit der Kommunalwahl im März 2021 zu kombinieren, hält sie für „zu schnell und zu schwach gestrickt“. Die Aussage Beckers, man könne „einen großen Teil dieser Mittel einsparen“, sei „irreführend“, so Fröhlich. „Ein einfacher Blick in den Kronberger Haushaltsplan zeigt, dass von den eingeplanten Mitteln 186.000 Euro für die BM-Wahlen und Kommunalwahlen vorgesehen sind – alleine 110.000 Euro davon auf die Kommunalwahl.“ Da eine Stichwahl bei drei Kandidaten recht wahrscheinlich sei, würden so oder so noch einmal gesonderte Kosten auf die Stadt zukommen, sodass man maximal von einer Ersparnis von etwa 20 Prozent sprechen könne. „Sollten wir im Ernst dafür eine demokratische Wahl verschieben?“, fragt sie. „Wenn wir wirklich Geld sparen wollen, dann bräuchte man beispielsweise nur auf die geplanten hydraulischen Poller für sage und schreibe 140.000 Euro zu verzichten“, kontert sie und fragt weiter: „Wäre den Mitarbeitern der Verwaltung wirklich damit gedient, auf die Kommunalwahl noch die Bürgermeisterwahl ,draufzusatteln‘? Die Kommunalwahl mit ihrem enorm aufwendigen Auszählen, das ja wegen des Kumulierens und Panaschierens die Wahlhelfer und städtischen Mitarbeiter üblicherweise bis 23 Uhr und am Tag danach intensiv fordert, noch mit dem Auszählen der Bürgermeisterwahl zu überfrachten, ist schlicht unzumutbar“, findet sie. „Die Wahl zum Bürgermeister ist nicht nur das demokratische Grundrecht der Bürger. Die Bürgermeisterwahl ist in ihrem Wesen ganz etwas anders als eine Kommunalwahl. Gewählt werden Persönlichkeiten und nicht Parteien.“ Fröhlich: Ich möchte diese außergewöhnliche Situation nicht für strategische Spielchen nutzen – es geht jetzt nicht darum, welcher Termin welchem Kandidaten am meisten Vorteile verschafft.“ Die Corona-Krise werde von der Stadt schon sehr bald schwierige und weitreichende Entscheidungen verlangen. „Hierfür sollte ein Bürgermeister im Amt sein, der auch deren Umsetzung in den folgenden Jahren verantwortet“, argumentiert sie. „Es ist jetzt das falsche Signal, die Wahl des Bürgermeisters auf Eis zu legen, ein ,weiter so‘ verkennt völlig die Dimension der Corona-Krise auch für Kronberg. Die Bürger brauchen möglichst schnell Klarheit, wie es weitergeht. Aus all diesen Gründen bin ich uneingeschränkt für eine Festsetzung der Bürgermeisterwahl auf den frühest möglichen Termin, den 1. November mit eventueller Stichwahl am 15. November 2020.“

CDU-Kandidat Andreas Becker sieht das anders als seine beiden Mitbewerber: „Unsere Kronberger Bürgerinnen und Bürger sind sehr wohl in der Lage, zwischen beiden Wahlen zu differenzieren.“ Seiner Überzeugung nach stärkten die bei höherer Wahlbeteiligung gleichzeitig stattfindenden Wahlen die Demokratie und würden helfen, die Politikverdrossenheit zu verringern. „Es ist schwer vermittelbar, ohne Not innerhalb kurzer Zeit zwei Wahlen durchführen zu lassen“, findet Becker.

Bürgermeister Klaus Temmen erklärt, er werde natürlich – und dazu sei er auch gesetzlich verpflichtet – die Amtsgeschäfte für erst einmal drei Monate weiterführen.

Wann nun gewählt wird, das werden die Stadtverordneten entscheiden. Der Leiter des Bereichs Einwohnerservice, Volker Humburg informierte auf Nachfrage, dass das Gesamteinsparpotenzial mit Personalkosten bei der Zusammenlegung der Bürgermeisterwahlen mit den Kommunalwahlen mit zirka 20.000 Euro anzusetzen sei.



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