FDP stellt ihr Wahlprogramm vor: Systemisch denken, innovativ, sozial und nachhaltig für die Stadt Kronberg planen

Kronberg (mw) – „Was wirklich zählt“, ist auf dem Flyer der FDP zum Kommunalwahlkampf zu lesen. Kronberg soll sich „innovativ, sozial und nachhaltig“ weiterentwickeln. Das sind die drei Schwerpunkte, mit denen die FDP in den Kommunalwahlkampf zieht und die ihre Spitzenkandidaten*innen, Kristina Fröhlich (stellvertretende Vorsitzende) Holger Grupe (Vorsitzender) und Walther Kiep (Fraktionsvorsitzender) im Rahmen einer Online-Pressekonferenz vergangenen Montag, gut strukturiert mit Inhalten füllten. Die Erarbeitung des Programms habe dank regelmäßiger Online-Treffen gut funktioniert. „Wir hatten durch den Bürgermeisterwahlkampf schon einen fundierten Schatz, auf dem wir aufbauen konnten“, sagt Kristina Fröhlich und gehe mit einem „gut durchmischten Team“ aus „alten Hasen“ und neuen Köpfen an den Start, das nach Interessenschwerpunkten an dem 50 Seiten starken Wahlkampfprogramm mitgewirkt habe. In der zweistündigen Pressekonferenz gaben sie einen umfassenden Einblick in die folgenden Themenfelder, in denen sie wirken wollen und die auch im Flyer unter „Dafür setzen wir uns ein“ aufgelistet sind.

Wirtschaftsstandort zukunftsfähig entwickeln

Die FDP will Kronberg als Wirtschaftsstandort weiterentwickeln. Die Herausforderung sei, vorhandene Gewerbeflächen zu optimieren und dort, wo möglich, zu erweitern, um Platz für bestehende und neue Unternehmen zu schaffen. Es gebe Flächen von großen Firmen wie Braun oder Accenture, die diese möglicherweise gar nicht mehr bräuchten. „Dort sehen wir Chancen, wertschöpfende Firmen aus der IT-Branche und der Forschung unterzubringen“, so Kristina Fröhlich. Die Bedarfe seien in Kronberg zwei völlig unterschiedliche. Auf der einen Seite ist die Nachfrage von Biochemie-Unternehmen und IT-Firmen extrem hoch, auf der anderen Seite brauchen die Handwerksbetriebe mehr Flächen. Letztere suchten jedoch größtenteils Lagerflächen und seien nicht an einer „A-Lage“ interessiert. Chancen sieht die FDP für diese Betriebe eher im Bereich der zweiten Reihe, beispielsweise Am Auernberg (Nähe Marktex), aber auch rund um den Bauhof, in Kronberg Süd. Einerseits soll durch Nachverdichtung, andererseits durch Flächenoptimierung Platz geschaffen werden. Doch die FDP weiß, diese Aufgabe, allen gerecht zu werden, gestaltet sich als schwierig. Am Auernberg müsse mit der Stadt Eschborn verhandelt werden, da die Grundstücke nach hinten schnell in deren Gemarkung hereinreichten. Aber in diesem Gebiet seien noch Kapazitäten, blicke man beispielsweise auch auf die längst nicht mehr voll ausgelasteten Parkflächen bei Braun.

„Was wir nicht wollen, ist eine Bebauung des Kronberger Hangs“, positionieren sie sich klar und deutlich. „Diese Gewerbeflächen würden für Handwerker ohnehin viel zu teuer werden“, so Walther Kiep. Außerdem würde Schwalbach dann mit weiteren Gewerbeflächen nachziehen, sodass das „visuelle Alleinstellungsmerkmal“ von Kronberg verschwinden würde. „Es ist aber absolut in unserem Interesse, Kronberg als Wirtschaftsstandort voranzubringen“, führte Kiep aus. Deshalb will die FDP einen Wirtschaftsausschuss einrichten, der sich aktiv um die Wirtschaftsthemen kümmert. Außerdem will sie, dass das Stadtmarketing implementiert wird, sodass Wirtschaft, Tourismus, Gewerbe und Kultur gewinnbringend verzahnt werden.

Bei all den Wünschen müsse den Kronbergern „der limitierende Faktor der Kronberger Gemarkung“ bewusst sein, so Holger Grupe. „Wir wollen den Grünen Weg, abgesehen von dem kleinen Sprengel hinter Volpert & Bisinger, wo die Gemeinschaftsunterkunft gebaut werden soll, nicht weiterentwickeln.“ Aktuell habe man mit der Wohnbebauung am Bahnhof (Baufeld V) und in Oberhöchstadt (Altkönigblick) zwei große Projekte für bezahlbaren Wohnraum vor sich, das sei für die nächsten Generationen erst einmal ausreichend. Mit der Herausnahme des Gebietes Grüner Weg aus dem Flächennutzungsplan würden sich dort auch die Preise für die Grüngrundstücke wieder normalisieren, was die Stadt befähige, hier zusammenhängende Grundstücke zu erwerben. „Wenn wir die Fläche aktuell erst einmal aus dem Flächennutzungsplan herausnehmen, heißt das ja nicht, dass sie spätere Generationen nicht wieder reinnehmen können.“

Solider Haushalt & keine Gewerbesteuererhöhung

Keine Erhöhungen der Gewerbesteuer heißt im Umkehrschluss, die Einnahmesituation kann hierüber nicht verbessert werden. Deshalb und angesichts rückläufiger Einnahmen wegen Corona setzt die FDP auf die Stärkung der Gewerbebetriebe und Unternehmen. „Das ist absolut notwendig und Grundlage für eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik“, betonen die Liberalen. „Wir wissen, das wird in den nächsten Jahren eine große Herausforderung.“

Straßenbeiträge verträglich gestalten

Natürlich würde auch die FDP die Straßenbeiträge „liebend gern abschaffen“. Doch das sei angesichts der Wirtschaftslage nun einmal nicht realistisch. Man kann die Beiträge aber „verträglicher“ gestalten, indem man über „wiederkehrende Straßenbeiträge“ nachdenkt oder sie „Stück für Stück abschmelzt“, erklärten Holger Grupe und Kristina Fröhlich zu diesem Punkt.

Bezahlbares Wohnen

Bezahlbarer Wohnraum - für die FDP bedeutet das Mieten, die sich um die 10 Euro pro Quadratmeter bewegen, sodass eine Singlewohnung etwa 400 Euro, eine Familienwohnung von 80 bis 90 Quadratmetern für 800 bis 900 Euro zu haben wäre. Um solche verträglichen Mieten zu realisieren, seien derzeit die zwei bereits genannten großen Baugebiete am Bahnhof und in Oberhöchstadt in Planung. Am Bahnhof ist auch ein Anteil von Sozialwohnungen (40 Prozent) längst beschlossene Sache. Für die FDP sei das genau der richtige Weg, betonte sie. Bei der Finanzierung würden allerdings die politischen Unterschiede gegenüber den anderen Parteien ersichtlich. Die FDP sieht das Vergabemodell, auch Einheimischenmodell genannt, rechtlich auf dünnem Eis. „Dass die Stadt es bereits anwendet, es aber nie gesehen noch ratifiziert hat“, sei unbefriedigend, so Fröhlich und Kiep. Kiep führte weiter aus: „Gemeinsam mit der SPD, UBG und den Grünen haben wir uns entschieden, die Umsetzung bei den neuen Baufeldern in einem städtischen Eigenbetrieb zu gestalten.“ Allerdings will die FDP für die Finanzierung keine Kreditaufnahme der Stadt wie die SPD, stellte er fest. „Wir wollen Teile der Grundstücke verkaufen, um auf der übrigen Fläche bezahlbares Wohnen anbieten zu können.“

Flexible Kinderbetreuung

Kristina Fröhlich machte in puncto Kinderbetreuung klar, dass starre Betreuungszeiten in den Kitas nicht die Antwort auf die immer flexibleren Arbeitszeiten der berufstätigen Mütter und Väter sein können. „Wir brauchen auch Kitas, die mit früheren Öffnungszeiten oder längeren Öffnungszeiten am Abend darauf reagieren“, sagte sie. Außerdem erinnerte sie daran, dass die Bedarfe hier mit den neu zu entwickelnden Wohngebieten nochmals ansteigen werden. „Wir haben schon heute eine Warteliste.“ Es sei unabwendbar, zwei neue Kitas zu bauen. Das wisse man schon lange, müsse das Thema aber endlich konkretisieren. Dafür muss es aber auch Erzieher*innen geben. Hier greife die äußerst erfolgreiche Initiative der FDP, junge Erzieher*innen durch Ausbildungsstipendien zu gewinnen. Dieses Konzept setzt die Stadt bereits vielversprechend um. „Wir wollen es noch auf die privaten und kirchlichen Träger ausbauen.“ Nicht vergessen werde dürfe der vermutlich bald vorliegende gesetzliche Anspruch auf eine Kinderbetreuung bis zur weiterführenden Schule. Auch hier müsse geplant werden. „Das ist gefühlt übermorgen!“, so Fröhlich.

Radwegenetz

Das Radwegenetz wollen die Liberalen so auszubauen, dass es „seinen Namen verdient“. Deshalb sei der Fokus auf das Schließen vorhandener Lücken zu legen. Wo möglich, soll mit eigenen Fahrradwegen und Markierungen gearbeitet werden. „Ist die Straße zu eng dafür, muss mit Kompromissen gearbeitet werden“, so Kiep. Vor allem die Straßenzubringer zu den Schulen sollen, so auch die Friedrichstraße, für ein zusammenhängendes Fahrradnetz sorgen, das Schüler*innen ermöglicht, sicher per Rad zur Schule zu gelangen.

Naturnaher Wald

Nachhaltig planen lautet für die FDP das Gebot der Stunde, das sei die neue Lebensrealität. Dabei setzt die FDP auf die Regenerationsfähigkeit des stark gebeutelten Waldes. Sie verweist auf den aktuellen ASU-Vortrag des Königsteiner Forstamtsleiters. Sebastian Gräf warb dafür, ruhig abzuwarten, was sich aus den Waldflächen entwickelt, die jetzt aufgrund von Trockenheit und Borkenkäferbefall (vorrangig Fichten) gerodet werden mussten. „Wir verfolgen nicht den radikalen Ansatz der Grünen, möglichst viel Wild abzuschießen, damit das Grün sprießen kann“, so Walther Kiep. „Wir differenzieren hier mehr, hatten deshalb auch drei Experten mit ganz unterschiedlichen Konzepten vor Ort“, erinnert Fröhlich. Es gelte, eine neues Konzept für den Umgang mit der Ressource Wald zu finden. Holger Grupe erklärte: „Es muss definiert werden, wozu er in Zukunft dienen soll: Ob er nur noch Erholfunktion und C02-Speicher sein soll, oder auch weiter wirtschaftlich zu nutzen ist.“ „Es muss ein ausgewogenes Konzept werden“, so Kiep, bei dem berücksichtigt werden sollte, dass die Fauna und Flora sich eben auch selbst regenerieren und Samen selbst gezüchtet werden können. Bezüglich der Anpflanzung anderen Baumarten seien ebenfalls noch viele Fragen offen. „Wir sind uns dieser Komplexität des Themas bewusst und deshalb gegen Aktionismus“, so Grupe. Es gelte in immer mehr Bereichen der Stadt, systemisch zu denken, befand er und leitete damit sogleich zum nächsten wichtigen Thema für die Liberalen über, der klimaneutralen Stadt:

Klimaneutrale Stadt

Dieses Ziel sei anzustreben und der Wald sei ebenfalls ein Teil davon zu diskutieren: Der naturnahe Wald setze schließlich irgendwann wieder C02 frei. Außerdem sei das Holz der einzige nachwachsende Baustoff, über den man verfüge und aus dem man in einem regionalen Kreislauf selbst Möbel etc. herstellen kann, erläuterte Grupe. Also sei ein Stück Wirtschaftswald ebenfalls nachhaltig und mit in die Überlegungen einzubeziehen. „Das muss sich alles nicht widersprechen“, so Kiep.

Zu der Entwicklung einer klimaneutralen Stadt gehören für die Liberalen unter anderem ganz neue bauliche Lösungen. Statt Betonkulissen gäbe es bereits heute nicht nur Passivhäuser und Dachbegrünungen, sondern vielfältig Lösungen wie beispielsweise spannenden Holzbauten. Hier sei man ambitioniert, in den neuen Baufeldern herausragende Beispiele zu zeigen, um auch auf diesem Gebiet „Leuchttürme zu setzen“. Außerdem denkt die FDP über eine wasserbewusste Gartengestaltung nach. Ob Fotovoltaik oder ein Elektro- oder Wasserstoffbus, die Liberalen sind offen für innovative und klimaneutrale Projekte und freuen sich bei der Umsetzung auf die Fachkompetenz des Klimaschutzmanagers.

Kultur für alle

Die Kultur ist für Kronberg von erheblicher Bedeutung, wissen die Liberalen. Für die Kronberger selbst, als Inspiration für die Bürger oder durch die wertvolle Jugendarbeit. Die Kultur ist auch ein wichtiger Faktor für Kronberg als Magnet von überregionalem, teils internationalem Interesse, finden sie. Daher sollte die Stadt auch im Rahmen des Stadtmarketings eine weitere Unterstützung der Kultureinrichtungen mit finanziellen und personellen Ressourcen prüfen. „Aufgrund der hohen Bedeutung von Kultur für unsere Stadt haben wir uns auf städtischer, Kreis-, Landes- und Bundesebene konsequent für die Kronberg Academy eingesetzt“, betonten die Drei, die sich kontinuierlich für das vielfältige kulturelle Angebot genauso wie die vielfältige Vereinsarbeit in Kronberg stark machen wollen.

Digitale und zügigere Umsetzung

Dass ohne die Digitalisierung „alles nichts ist“, hätten die letzten Monate bereits gezeigt. Es muss weiter an digitalen Lösungen, an schnellen Internetverbindungen für die Arbeit im Homeoffice, am Ausbau des Glasfasernetzes innerhalb der Stadt genauso wie an digitalen Serviceangeboten der Stadt gearbeitet werden. Personaleinsparungen, wie ursprünglich angedacht, sieht die FDP aktuell leider nicht mehr. „Wir hoffen eher, dass durch die Optimierung von Prozessen Personalkapazitäten frei werden.“ Es würden leider kaum noch Beschlüsse zeitnah umgesetzt, die von den Stadtverordneten einmal getroffen wurden. „Das sind in den letzten Jahren einfach zu viele Themen geworden, die zu lange in der Warteschleife hängen“, fasste Kiep zusammen, was ihnen unter den Nägeln brennt und nahm als Beispiel die Bebauung im Waldhof, die aktuell nach § 34 erfolgt, da es nach drei Jahren immer noch keinen abgeschlossenen B-Plan für das Wohngebiet gibt. „Durch diese langsame Untersuchungsgeschwindigkeit haben wir jetzt weiteren Wildwuchs.“ So könne das zukünftig nicht weitergehen. Die Digitalisierung könne in diesem Punkt bei anhaltendem Personalmangel (weil Fachkräftemangel) vielleicht ein bisschen helfen. Die drei Liberalen betonten in diesem Zusammenhang, dass die Stadt durchaus viele engagierte Mitarbeiter habe „Wir hegen kein Grundmisstrauen in die städtischen Mitarbeiter“, erklärten sie unmissverständlich. Ohnehin liege die Verantwortung für den Output bei der politischen Spitze und nicht bei den Mitarbeitern.

Ein Blick auf das Wahlprogramm, das auf der Homepage der Liberalen zu finden ist, eröffnet umfassende Einblicke auf weitere, FDP-eigene Innovationen für Kronberg.



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