Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge wird gebaut

Kronberg (kb) – Gut ein Jahr ist vergangen, seitdem sich eine Mehrheit im Stadtparlament für den Bau der Gemeinschaftsunterkunft (GU) Grüner Weg ausgesprochen hatte. Mit allen Mitteln kämpften damals wie vergangenen Donnerstag wieder die CDU und KfB in der Stadtverordnetenversammlung gegen diese Entscheidung der SPD, UBG, Grünen und FDP. Zunächst wurde einstimmig über die ersten zwei Teile des KfB-Antrags entschieden, der vorsieht, für die Unterbringung anerkannter Flüchtlinge, Obdachloser oder Asylbewerber nach Bedarf temporäre Wohnunterkünfte auf dem Grundstück Frankfurter Straße 46/46a zu errichten. Auf dem vorderen Teil stehende baufällige Gebäude sollen zu diesem Zweck abgerissen werden. Die sogenannten „mobile homes“ seien „preisgünstig“ und von den Flüchtlingen und anderen Bewohnern in Oberursel „positiv bewertet“ worden, argumentierte die Co-Fraktionsvorsitzende der KfB, Alexa Börner. Doch die SPD hatte nicht ohne Grund auf eine getrennte Abstimmung der drei Antragsteile gedrungen. Denn der dritte Absatz des Antrags sah vor, die Deckung der Kosten über die Investitionsnummer I-616-022, den Neubau Flüchtlingsunterkunft im Grünen Weg, vorzunehmen. „Die aufwendigen Pläne für den Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 95 Personen am Grünen Weg werden bis auf Weiteres nicht weiter verfolgt“, heißt es darin. KfB und auch CDU ließen sich von ihrem Ziel, die GU doch noch zu stoppen, auch nach den Informationen aus dem Baudezernat vom Ersten Stadtrat Robert Siedler nicht abbringen. Siedler bestätigte, dass bereits mit Erdaushubarbeiten im Grünen Weg begonnen worden sei und erläuterte, dass auf dem Gelände in der Frankfurter Straße maximal acht „mobile homes“ Platz finden könnten, die maximal mit sechs Personen belegt werden könnten. Damit könne nicht einmal der aktuelle Bedarf an Wohnraum von anerkannten Flüchtlingen und Obdachlosen gedeckt werden, gab er zu bedenken. Man könne sich nicht vor dem Sachstand verschließen, dass mit Ende nächsten Jahres die Container an der Altkönigschule abgebaut würden und auch das Religionspädagogische Zentrum im Ortsteil Schönberg mit seinen 60 Plätzen langfristig nicht als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung stehe. Das untermauerte auch Rathauschef Klaus Temmen. Er betonte, dass der Mietvertrag mit dem RPZ, das einen Großteil der Flüchtlinge beherberge, zeitlich begrenzt seit. Und der SPD-Stadtverordnete Christoph König erinnerte daran, dass Kronberg seinen Verteilungsschlüssel, der festlege, dass die Stadt Kronberg im Bedarfsfalle 150 Flüchtlinge aufzunehmen habe, sich zu keinem Zeitpunkt platztechnisch auf städtischem Gelände habe umsetzen lassen. „Wir haben uns schön auf dem Rücken der anderen Kommunen ausgeruht.“ Es sei nun an der Zeit, auch gegenüber den Nachbarkommen, ein gewisses Maß an Solidarität zu zeigen. Man habe mit der Gemeinschaftsunterkunft im Grünen Weg eine „ haushaltärisch vertretbare Lösung“ gefunden und nicht nur eine temporäre Lösung, da die Immobilie nach Bedarf für normale Wohnungen weiterentwickelt werden könne. Derzeit schon würde die Hälfte der Flüchtlinge, die Kronberg aufzunehmen habe, von anderen Kommunen aufgenommen. „Aber wir müssen hier auch gar nicht über Zahlen diskutieren, sondern sollten uns überlegen, was uns moralisch eigentlich auferlegt ist“, sagte er. Das untermauerte der FDP-Stadtverordnete und Kreistagsabgeordnete Holger Grupe. „Es geht hier doch nicht nur um Kronberg, die Kommunen sind auch eine Familie“, sagte er. „Unsere Kollegen im Kreis sehen das genauso, dass jeder seinen Beitrag leisten muss.“ Kronberg habe sich über Jahre aus der Verantwortung gestohlen und „Oberursel hat unsere Flüchtlinge aufgenommen“, nun sei Kronberg an der Reihe.

Zuvor hatte die CDU und mit ihr der CDU-Stadtverordnete Helfried Moosbrugger argumentiert, dass Kronberg nicht die zweifelsohne „insgesamt schreckliche Situation“ der Flüchtlinge auf der Welt „mildert“. Die Stadt Kronberg habe keinen Einfluss auf die Krisenherde dieser Welt, indem sie eine „überdimensionierte Flüchtlingsunterkunft“ im Grünen Weg für 95 Personen baue. Er erinnerte daran, das einzelne Personen innerhalb der Christdemokraten sich jedoch sehr wohl über Hilfsprojekte, Stiftungsarbeit und vieles mehr sozial engagierten und dafür Sorge tragen würden, dass Menschen in ihrer Heimat bessere Bedingungen zum Leben vorfinden würden.

Kronberg ist bunt

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Fischer-Thöns machte es kurz und bündig: „Akzeptieren Sie endlich, dass die Gemeinschaftsunterkunft Grüner Weg gebaut wird. Kronberg ist bunt, denn zusammen geht mehr!“, sagte sie.

Damit allerdings ließen sich CDU und KfB nicht von ihrem Ansinnen abbringen, den Bau der Gemeinschaftsunterkunft doch noch zu stoppen. Es sollte sich vor der endgültigen Abstimmung derselbe Streit über mögliche Befangenheiten der Stadtverordneten, ähnlich dem vor einem Jahr, wiederholen. Als Außenstehender fragte man sich, warum rechtliche Unklarheiten nicht im Vorfeld geklärt worden waren. Bei einer Abstimmung, bei der am Ende die Stimme eines Abgeordneten das Zünglein an der Waage sein könnte, war abzusehen, dass die CDU wiederholt mit allen ihren verfügbaren Möglichkeiten für eine Verhinderung der GU kämpfen würde. Für Außenstehende allerdings blieb unklar, wie mit der Frage der Befangenheit umgegangen wird. Ist derjenige befangen, der im Grünen Weg ein Grundstück in der Nähe des Geländes der GU hat? Oder auch derjenige, dessen Kinder ein Grundstück dort besitzen? Oder auch diejenigen, die im Grünen Weg in weiterer Nachbarschaft wohnen? So gab es denn verärgertes Gemurmel von allen Seiten, in das der Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche hinein verkündete, dass er den CDU-Stadtverordneten Max-Werner Kahl (dessen Sohn im Grünen Weg ein Grundstück besitzt) „als befangen“ einordne. Kahl erläuterte, dass er sich bezüglich des KfB-Antrags, in dem es „vorrangig“ um „städtebauliche Fragen“ und um eine Planung in der Frankfurter Straße ginge und nicht im Grünen Weg, als „nicht befangen“ einschätze. Max-Werner Kahl, vom Kronberger Boten dazu befragt, störte sich in dem Zusammenhang auch an der Tatsache, dass eine Grünen-Stadtverordnete im Haupt- und Finanzausschuss zum selben Thema ihre Meinung kundtun und mit abstimmen durfte, die ihrerseits ein Grundstück im Grünen Weg besitze, weil das dem HFA-Vorsitzenden Christoph König, wie dieser erklärt hatte, „einfach durch die Lappen gegangen“ sei.

Umgang mit Befangenheiten ungeklärt

Zunächst also forderte der Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche (CDU) die Stadtverordneten wieder auf, über die Befangenheit von Max-Werner Kahl abzustimmen. Das sorgte für sichtbaren Ärger unter diesen. Teilweise war man der Ansicht, rechtlich könne Kahl selbst entscheiden, ob er nun befangen sei oder nicht. Während Kahl noch sitzen blieb, begannen Vertreter der FDP und der Grünen bereits, ihre E-Pads demonstrativ einzupacken, um die Sitzung zu verlassen. Man hatte sich parteiübergreifend vor der Sitzung darüber verständigt, im Falle von Kahls Verbleiben im Sitzungssaal die Stadtverordnetensammlung zu verlassen. Damit wäre eine gültige Abstimmung zu diesem Punkt zumindest für diesen Abend gänzlich vereitelt worden.

Bremer verlässt FDP

Letzten Endes war es dann doch Max-Werner Kahl, der sich entschied, den Saal für den Punkt der Abstimmung des KfB-Antrags, die Pläne für den Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft für im Grünen Weg nicht weiter zu verfolgen, als befangen zu verlassen. Ein Stopp des Baus der Gemeinschaftsunterkunft im Grünen Weg wurde danach ohne sein Beisein bei Stimmengleichheit mit 15:15 abgelehnt. Die Patt-Situation hatte sich unter anderem eingestellt, weil die Stadtverordnete Brigitte Bremer ebenfalls mit der CDU für den Stopp des Baus abstimmte. Brigitte Bremer war bereits vor der Sitzung von ihrem stellvertretenden Fraktionsvorsitz bei den Liberalen zurückgetreten (siehe weiterer Bericht in dieser Ausgabe).



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