Genuss, Kultur und Tradition – Kronberg lebt und hat einen neuen „Kronberjer Äppelwoimaster“

Thomas Heiermann aus Oberhöchstadt ist der diesjährige „Kronberjer Äppelwoimaster“(Zweiter von links). Das zweitbeste „Stöffche“ hat Christian Buss im Keller (Thorsten Buss, links, nahm die Urkunde für seinen Bruder entgegen). Herbert Krieger (links neben „Miss Bembel (Saskia Schleifer) holte sich den dritten Platz. Am Apfelbaum OGV-Vorsitzender Heiko Fischer, links neben ihm Hans Willi Schmidt vom ALA. Die Erlebnisobstwiese bot eine wunderschöne Kulisse für die Prämierung zum 26. „Kronberjer Äppelwoimaster“. Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Genuss, Kultur und Tradition. Davon gab es am vergangenen Spätsommer-Wochenende reichlich in Kronberg. Nachdem öffentliche Veranstaltungen in den vergangenen Monaten, aber auch ein Besuch beim Lieblingsgastronomen, aufgrund des Corona-Lockdowns lange gar nicht mehr möglich waren, bot Kronberg nun nach Kabarett im Kino und mehreren Open-Air-Konzerten wiederholt eine große Auswahl an kulturellen Veranstaltungen. Zwar bleibt die Lage angespannt, nachdem mit den Urlaubsrückkehrern und gelockerten Versammlungsregeln die Zahl der Corona-Neuinfektionen hessenweit wieder zunimmt, doch unter freiem Himmel unter Einhaltung der Corona-Regeln ließ sich der Endsommer allemal noch genießen. Dass das möglich ist, dafür stehen die Kronberger Vereine und deren Mitstreiter, die trotz aufwendiger organisatorischer Vorgaben keinen Aufwand scheuten, den Kronberger Bürgern Vergnügen und Abwechslung in angespannten Zeiten zu ermöglichen. So pulsierte Samstag und Sonntag rund um die Bühne im Victoriapark das kulturelle Leben: Am Samstag mit der Kronberger Theatergruppe „die hannemanns (siehe weiteren Bericht in dieser Ausgabe) und am Sonntag mit dem Kronberger Kulturkreis und seinem kleinen „Da Capo“.

Traditionsbewusstsein

Für die Traditionsbewussten, die Umwelt- und Apfelweinfreunde (die bei eingeschränkter Öffentlichkeit kommen durften) führte Samstag kein Weg an der Erlebnisobstwiese des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) vorbei. Dieser hatte sich nach coronabedingter Absage des beliebten Apfelmarktes in der Altstadt ein Konzept überlegt, um der 26. Prämierung des „Kronberjer Äppelwoimaster“ trotzdem einen gebührenden Rahmen zu geben.

Unter blauem Himmel mit Schönwetterwolken, von dem sich die rotbäckigen Äpfel der Erlebnisobstwiese des OGV optisch besonders gut abhoben, hatten sich die Teilnehmer (27 Gruppen und Einzelpersonen insgesamt hatten eine Probe ihres selbstgekelterten Apfelweins eingereicht), die Jury und geladene Gäste versammelt und lauschten mit Spannung den Worten des ersten Vorsitzenden des Obst- und Gartenbauvereins, Heiko Fischer zur Begrüßung der Gäste. Wie zum Apfelmarkt sonst Tradition, gab Heiko Fischer zunächst einen kurzen Überblick zur Apfelsaison: Unter den auf den Tischen liebevoll drapierten Kronberger Apfelsorten sei bestimmt der eine oder andere Wurm darunter, erklärte er. Denn nunmehr schon im zweiten Jahr halte der „Apfelwickler“ als Schädling die Obstbauern auf Trab. „Frisst sich der Wurm bis zum Kern durch und frisst ihn auf, fehlt dem Apfel sein genetischer Stempel und der Baum wirft ihn ab“, erklärte er den Anwesenden. Dieses Jahr sei rund die Hälfte der Ernte davon betroffen. Für weitere Einbußen sorgten neben anhaltender Trockenheit auch die Sonnenbrand-Schäden auf den Früchten, die es früher in der Form gar nicht gab. „Die Äpfel verbrennen am Baum, die Schale weist braune Verfärbungen auf und der Apfel fault.“ Nach diesem eher zum Nachdenken anregenden Resümee übergab Fischer das Wort an Bürgermeister Klaus Temmen. Dieser lobte das Engagement des OGV und Aktionskreises Lebenswerte Altstadt (ALA), die seit 1995 gemeinsam den „Kronberjer Äppelwoimaster“ prämieren. „Der Apfelmarkt musste ausfallen, aber die Tradition nicht“, sagte er und dankte den beiden Vereinen für die Organisation auf „dieser tollen Wiese“. Auch die Fragen nach dem möglichen Weihnachtsmarkt (noch ist nichts entschieden, aber es gibt viele Ideen für Alternativen) begegnete er, doch schließlich übergab er das Wort an Hans Willi Schmidt vom ALA, der ebenfalls verstand, die Spannung zu steigern. Er stellte seinen Gästen zunächst einmal die Jury, bestehend aus Michael Stöckl, Hennes Peter, Stephan Herberth und Stephan Schmidt, vor. Anschließend verriet er seinen Gästen, dass die Hessen für 70 Prozent des deutschlandweiten Apfelweinkonsums zuständig sind. Was ein gutes „Stöffche“ ausmacht, wusste Stephan Herberth als Jurymitglied, der gemeinsam mit seinen Kollegen die guten von den schlechten Schoppen zu trennen hatte. Vieles habe bei der Herstellung des Apfelweins Einfluss auf die Qualität des Schoppens: die Wahl der Äpfel, die Temperatur beim Vergärungsprozess, die Art der Lagerung und einige Faktoren mehr. Deshalb gibt es am Ende auch ganz viele verschiedene Apfelweine: Zu einem gelungenen Stöffche gehören laut Herberth eine möglichst gold-gelbe Färbung, ein angenehmer Apfelgeruch und beim Geschmack das richtige Verhältnis von Säure und Gerbstoffen. Aber auch der Alkoholgehalt trage zum Geschmackserlebnis bei. „Nach dem Verkosten sind doch einige der Proben gleich neben unserem Tisch gelandet“, verriet er schmunzelnd. Die übrigen habe man miteinander verglichen und sei schnell zu einem Ergebnis gekommen.

Die Gewinner

Als „Dauerbrenner“ unter den Gewinnern gilt der Kronberger Helmut Krieger. Man munkelt, sein Gewölbekeller eigne sich von der Temperatur besonders gut zur Herstellung eines gelungenen Apfelweins. So war die Verwunderung gar nicht groß, dass er auch dieses Jahr wieder mit dem dritten Platz unter den ersten drei Gewinnern war. Den zweiten Platz holte sich Christian Buss, der aus beruflichen Gründen nicht anwesend sein konnte. Sein Bruder Thorsten Buss, erster Vorsitzender des ALA, übernahm dessen Urkunde stellvertretend für ihn. „Und jetzt, das gab es noch nie, gibt es einen Neuen als Sieger“, so Hans Willi Schmidt. Enttäuschung auf den Gesichtern der Teilnehmer, die alle schon einmal unter den Gewinnern waren. „Der erste Preis geht dieses Jahr an Thomas Heiermann aus Oberhöchstadt“, verkündete er und übergab diesem gemeinsam mit „Miss Bembel 2019“, Saskia Schneider, den begehrten Preis zusammen mit dem Apfelweinbembel. Heiermann war selbst ziemlich überrascht. Wer ihn kenne, wisse, dass er es eigentlich mehr mit der Schnapsherstellung hätte, meinte er schmunzelnd. Aber das ist nun Geschichte: Denn Heiermann ist „Kronberjer Äppelwoimaster 2020“! Nach diesem offiziellen Teil wurde herrlich erfrischender Apfelwein und der beliebte „Riwwelkuche“ – beides fand dankbare Abnehmer – ausgeteilt und die Freude über den ungezwungenen Austausch unter Wahrung der Abstandsregeln an der frischen Luft war allgegenwärtig.

Schräge Comedy und akrobatische Höhepunkte

Beim „Da Capo“ schließlich einen Tag später, dargeboten vom Kronberger Kulturkreis, konnten nach erfolgreicher coronabedingter Anmeldung alle Bürger kostenfrei zwei Kleinkunstgruppen genießen. Das Duo Strange Comedy alias Shelly Mia Kastner aus Montreal und Jason McPerson aus San Francisco boten in schneller Folge eine ziemlich verrückte Mischung aus Comedy, Slapstick und Akrobatik. Erst mimten sie die Ungeschickten, die ihr einstudiertes Duett gänzlich verpatzen, um danach völlig schräge Einzeldarbietungen zu liefern, bei denen sich das Publikum ob der optischen Täuschungen und Jasons Körperbeherrschung mehrmals die Augen rieb: Wie können seine Beine hier und sein Kopf dort sein? Wie kann ein Mensch uns glauben machen, er werde von einem Kleiderständer mit Hut und Jacke angegriffen? Und seit wann tanzt Frau spanischen Flamenco auf drei Beinen?, waren nur einige der Fragen, die sich die Zuschauer stellten. Als Höhepunkt der Darbietung folgte ihre „Strange Airline“, in der Shelly als grotesk-komische Flugbegleiterin für Lacher sorgte, während er als Pilot und Flugzeug in einem seine Akrobatik-Nummer auf Rollen und Brettern präsentierte.

Liebevoll inszeniert war die zweite Darbietung, eine Artistik-Nummer von Mr. & Mrs. Twistly, die über den Tanz an ihren Tanzschritten und an ihrer Beziehung feilten. Nachdem das Grammophon den Geist aufgab, wurde mit Wohnzimmergegenständen improvisiert, bis das Ehepaar auf dem chinesischen Mast landete. Ihre artistische Darbietung mit Höchstleistungen, voller Poetik und Leichtigkeit, mit der sie am Mast entlang zu tanzen schienen, sich als Paar aufeinander einlassend, ergänzend und sich aufeinander verlassend, ließ das Publikum beinahe andachtsvoll verstummen. Wer diesen gelungenen Nachmittag, durch den die beim Da Capo schon allseits bekannten und beliebten „WC-Perlen“ vom Theater Pikante führten, verpasst hat, kann sich auf das kommende Wochenende freuen:

30. August, Da Capo-Abschluss

Zum Abschluss des kleinen „Da Capo“ kommenden Sonntag, 30. August um 15 Uhr beginnen Mlle Prrr und ihr Miststück den Nachmittag im Park auf einem Misthaufen, auf dem sich ein gefallener Engel findet... Hier stolpert er über einen Korb, der alles enthält, was er, um wieder ein Engel sein zu können, braucht. Bis auf die Liebe. Ein Strohhaufen, anmutend wie ein Misthaufen, ist das Bühnenbild für die Heldin des Stückes, Mlle Prrrr… Es ärgert sie zutiefst, dieses verdammte Scheitern. Sie ist verzweifelt darüber, dass sie es immer wieder ist – wütend. Wenn diese schreckliche Wut nicht wäre, wäre sie ein Engel, das denkt sie sich. Mit Slapstick, Puppen- und Objektspiel, magischen Elementen und poetischer Komik wirbelt Mlle Prrrr ....durch das Stück. Nimmt das Publikum mit in ihre Welt. Unbewusst sucht sie die Liebe und sieht sie erst zum Schluss in sich. Musikalisch geht es im zweiten Teil weiter mit „SummaSummarum“ – einer Freiluft-Theaterinszenierung mit Bien & Blum. Blum, in der Blüte ihrer selbst, verströmt gern dufte Melodien. Bien liebt es, wild herumzusummen. Gemeinsam ziehen und blasen die zwei Unzertrennlichen mit Tuba und Akkordeon kreuz und quer durch den Garten Eden, wirbeln Blütenstaub auf und jonglieren Pollen ins „Universummm“.

Die Überraschung ist perfekt, als die Arbeiterbiene pompös zur Königin gekrönt wird. Wäre da nicht das Insektensterben, hätte der Hochzeitsflug zum grandiosen Spektakel werden können. Mit unerschütterlichem Lebensmut aber trotzen Bien & Blum ihrem Untergang und stecken rundum vergnügt alle an. Beflügelndes Musiktheater für Überlebenslustige. Art’n‘ Vielfalt garantiert!

Einlass ist ab 14 Uhr. Es gibt keine Bewirtung – daher bitte alles für das leibliche Wohl mitbringen. Der Eintritt ist frei, Spenden werden gerne entgegengenommen. Reservierungen sind jedoch erforderlich per E-Mail an info[at]kronberger-kulturkreis[dot]de. Unter kronberger-kulturkreis.de finden sich bei den Kulturhäppchen Informationen zu den aktuellsten Regeln und Bedingungen für den Besuch. Außerdem das Nachverfolgungsformular zum Ausdrucken und Vorabausfüllen, damit es beim Einlass schneller geht.

Weitere Artikelbilder



X