Handelswege und Fernreisen in früheren Zeiten –Geschichtsverein legte eindrucksvoll nach

Historische Hünerstraße oberhalb Seelenbergs Fotos: privat

Kronberg (kb) – Am 8. November fand ein weiterer Vortrag, vielmehr der zweite Teil von „Alte Wege und Straßen um Kronberg und Königstein“ statt. Im voll besetzten Saal hörten und sahen Mitglieder und Gäste des Geschichtsvereines der Präsentation von Professor Bruno Streit interessiert zu. Fünf frühere Routen über die gezeigten Höhen von Kronberg und Königstein stellte er anhand von Bildern, historischen und neuen Karten der in der Nähe liegenden damaligen Handelswege vor. Dabei wurden auch die Umstände und Bedingungen zu solchen Fernreisen verdeutlicht.

Da wäre zunächst der erste Fernweg, als Hünerstraße oder Rennstraße noch bekannt. Heute noch ist eine alte, etwa 25 km lange Altstraßenstrecke aus dem Frühmittelalter begehbar. Vom „Roten Kreuz“ beim römischen Feldbergkastell unterhalb des Kleinen Feldbergs bis nach Weilmünster. Sicherlich wurde er auch in der Zeit der Kronberger Ritter und ihrer damaligen Bürgerschaft genutzt.

Daneben führte nahe Kronberg die Handels- oder Geleitstraße zwischen Frankfurt über Königstein, Limburg und Köln bis nach Holland.

Aus der Römerzeit stammt als dritte Route die Elisabethenstraße, die um ca. 90 n.Chr. erstellt wurde. Früher Heerweg, diente sie im Spätmittelalter als Pilgerweg und erlaubt auch heute noch beschauliche Wanderungen. Der Verlauf führte von Mainz-Kastell bis Nida, dem heutigen Heddernheim und weiter nach Friedberg, im Mittelalter dann bis nach Marburg zur Heiligen Elisabeth, die im Alter von nur 24 Jahren verstarb. Dann folgte eine große Pilgerreise über die Alpen nach Venedig und dann sogar per venezianischer Galeere ins Heilige Land. Eine länger währende Kreuzzug-Unternehmung von Oppenheim bis nach Jerusalem. Als fünfte und letzte Route, etwa von Mainz bis Eisenach, unterwegs auf der „Kurzen“ und „Langen Hessen“. Wobei letztere auch als „Weinstraße“ bekannt ist, stellenweise wohl von Martin Luther mitbenutzt, weshalb sie teilweise auch als „Luther-Pilger-Weg 1521“ beworben wird. Überall verband Prof. Streit heutige Zeugnisse mit historischen Befunden und kulturgeschichtlichen Zusammenhängen. An vielen Einzelstellen findet man z.B. noch alte Wegespuren neben dem heutigen Weg, an anderen sind die modernen Wege- oder Straßenzüge direkt über die ehemaligen Altstraßen und Altwege verbaut, so z.B. zwischen Hofheim und Frankfurt, wo die moderne A66 genau über der historischen römischen Militärstraße verläuft und deswegen dort auch so schnurgerade ist.

Die entsprechenden Altstraßen sind dadurch überwiegend nicht mehr zu sehen, aber wo sie noch vorhanden sind, bieten sie vielfach phänomenale Aussicht und lohnen jede Wanderung, denn die alten Wege sind – teilweise schon vor Jahrtausenden – weitgehend über die Wasserscheiden geführt worden und öffnen dadurch nach links und rechts Fernblicke in die Landschaft, wie man sie von modernen Straßen und Wegen aus meist nicht mehr hat.

Eindrücklich waren die erheblichen Reisezeiten und Beschwernisse früherer Reisen, aber andererseits auch die Möglichkeiten, schon ab Spätmittelalter gleichsam sogar gecharterte Besichtigungs- und Bildungsreisen bis nach Jerusalem und zum Katharinenkloster buchen zu können. Allerdings brauchte es hierzu außer viel Geld auch gute Nerven, um mit der Mentalität und den Gepflogenheiten ferner Kulturen zurechtzukommen. Nicht ungefährlich waren die Wege: Diebe und Betrüger lauerten überall. Ohne bewaffneten Geleitschutz sollte man nicht losziehen. Dies erläuterte Prof. Streit äußerst eindrücklich am Beispiel einer kombinierten Pilger- und Bildungsreise einer kleinen Reisegruppe im Jahre 1483.

Rolf Gilgen/Verein für Geschichte

Kronberg

Historische Hünerstraße auf der Wasserscheide zwischen der Weil und dem Emsbach

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