Kronberg (aks) – Der Teufel, wie angekündigt, ist sie nicht, eher die junge Frau von nebenan, nett und adrett mit ordentlich zurückgeclipsten Haaren. Inka Meyer trägt Parka und verkörpert den Birkenstock-Typ, der dialektisch korrekt die Dinge hinterfragt und die Hauptsache-Bio-Muttis lieber meidet. Sie sei mit einem sehr kleinen Mann verheiratet und habe immer Angst um ihn, wenn sie gemeinsam vor dem Jacuzzi-Whirlpool stehen und schwupps sei er auch schon mal davongeflutscht. Inka Meyer hat ein flottes Mundwerk und nennt sich „performing artist“, also eine schauspielende Künstlerin, auf jeden Fall ist sie eine talentierte Schauspielerin, vielen bekannt vom Stalburg Theater in Frankfurt, das für Satire vom Feinsten steht. Gemein und bissig wird sie an diesem Kabarettabend im Kino Kronberg selten, obwohl es ihre gut recherchierten Sketche in sich haben und auch wenn das Publikum nicht immer sofort klatscht, bedankt sie sich artig mit einem Hauch Ironie: „Danke, Dankeschön“. Manches ergänzt sie in witzigen Reimen, die ganz locker klingen, aber den Finger in die Wunde legen. Wer einen kleineren Mann hat, so wie sie, verzichte lieber auf Highheels. Diese Vorliebe der Frauen verstehe sie sowieso nicht. Wozu einen Hallux Valgus oder Steißbeinbruch riskieren, wenn doch „fette Beine fette Beine“ blieben – auch in „geilen“ hohen Schuhen. Das bestätigte auch kürzlich ihr Orthopäde, die Frauen wechselten lieber die Orthopäden als die Schuhe! Ihrer Meinung nach müsse ein Schuh nur sitzen: „Der Pumps kann nicht sitzen, wenn die Schraube locker ist.“
Dresscode und Diäten
Der Dresscode sei ein klares Klamotten-Statement und stehe für die Gesinnung: Hochwasserhosen für Salafisten, Hemden im Zebralook seien auf Safaris gefährlich und die prominenten Vertreterinnen der Me Too-Bewegung schwebten in schwarzen Kleidern beim Golden Globe über den roten Teppich, als Zeichen der Solidarität! Da grinst sie: Aus der Debatte gegen sexuelle Belästigung sei in Deutschland ein „Anbaggerstreik“ geworden. Sogar bei einer Reanimation würden Männer lieber nicht Hand an die Brust einer Frau legen, „da zieht Ihr den Schwanz ein“. Einen Dresscode für Wahlen gebe es nicht, da ginge es immer noch um die Frage wen man wählt und nicht wie. Beim Thema Pelz wird Inka Meyer zornig, „das geht gar nicht!“. Jeder sollte sich mal fragen, woher denn der Pelz stamme, denn manchmal stehe Kunststoff drauf und es sei doch echtes Fell: „Katzenfell, vom einzigen Tier aus Kunststoff“. Den Unterschied erkenne man, wenn man die Faser anzündet – und „bei echtem Pelz gleich den ganzen Laden abfackeln“, rät die Meyer. Melania Trump könne ja das Toupet ihres Gatten für den nächsten Ausflug im Parka in Katastrophengebiete tragen. Pelz sei für alle, die den Verlust im Schritt mit Pelz auf dem Kopf kompensieren möchten. Beim ersten Date zähle das Kleidungsstück besonders: Was ziehe ich an? Bei Inka Meyer ein krasses Problem, denn jedes Kleidungsstück erinnert sie an einen anderen Mann. Dabei sieht sie gar nicht so männermordend aus... Der weibliche Kaufrausch sei sowieso den Östrogenen geschuldet. Der ist Männern völlig unbekannt, die nähmen einfach das Shirt, das oben liegt – oder fragen Mutti. Sogar Manager in Chefetagen überraschten seit einiger Zeit mit Turnschuhen und Hemden ohne Krawatte, immer öfter auch mal mit einer „Match“, einer „male clutch“. Barbecue sei gerade total angesagt bei den Herren der Schöpfung, Playboy war gestern: „Der Trend geht vom nackten Fleisch zu totem Fleisch!“
Wer einen BMI von über 25 hat, gilt als übergewichtig, ab 45 als adipös, „eine lebende Hüpfburg“, da müsse dringend eine Diät her. Von der Kohlsuppe bis zum Kettenrauchen, inklusive Raucherbein, gibt es alles in den Medien, nicht umsonst bestehe das typische Frauenmagazin aus Diäten und Tortenrezepten. Dabei steige die Zahl der Dicken ständig, wegen des Jo-Jo-Effekts: „Wir hungern uns tot wie die Made im Speck!“. Dabei sei doch ein wenig Übergewicht eher gesund. Für Sport sei im Übrigen auch nie der richtige Zeitpunkt: „Im Winter ist es zu kalt, im Sommer zu heiß und dazwischen regnet es“. Meyer, die gertenschlank ist, fühlt sich mit Kleidergröße 40 wohl, bei Kritik, kontert sie: „Ich bin nicht zu dick, bei dir ist was zu kurz!“ Manches Mal sei eine Trennung eben die beste Diät.
Geschlechter und Gesundheit
Die gendergerechte Sprache findet sie wenig erbaulich und stänkert: „Ist die Sprache endlich fair, versteht sie keiner mehr“. Die Kunstworte Salzstreuerin, Gästin, und Heimatland statt Vaterland in der Deutschland-Hymne führten in die Sackgasse: A propos 90 Prozent der Straßennamen seien männlich und die Bibel in geschlechtergerechter Sprache eine Katastrophe – die Apostel waren nun mal alle Männer, da könne man nichts umschreiben.
Superfood sei wegen der Gesundheit ein Riesenthema. Aber wieso essen wir Amaranth-Taler, obwohl die Inkas ausgestorben sind? Oder Smoothies, die ideale Ernährung für Alete-Gourmets? Hauptsache natürlich? „Dann mixen Sie sich doch mal einen Tollkirsche-Stechapfel-Smoothie, der wirkt sofort –tödlich“. Lachhaft findet Inka Meyer auch die vielen Ampullen und Säfte zum Entgiften, Detox wie es fachsprachlich heißt, „die sind komplett wirkungsfrei“. Da gebe es keinen einzigen medizinischen Beweis. Da würden beispielsweise Kollagen-Trink-Ampullen für straffe Haut angeboten, dabei wisse doch jeder, dass das absurd ist, denn Proteine werden schlicht verdaut, da komme gar nichts bei der Haut an. „Ich bin ja auch nicht nach dem Genuss von Salat zur Fotosynthese fähig, und ein Tigerpenis mache Männer noch lange nicht potent – hierzulande schon eher ein Porsche. „Wir merken nicht, wie sie uns veräppeln – und keiner tut etwas“. Auch Männer seien schon Opfer, da werde auf einem teuren Duschgel in fünf Schritten erklärt wie Mann duscht: Dabei seien Männer nicht zu dumm zum Duschen, nur zu faul.
Ewige Jugend
Gegen Falten gebe es kein Mittel. Nie wieder zu lachen sei schließlich keine Lösung. „Älter werden und jung aussehen geht nicht“. Beim Alter schummle sie immer, 43 statt 39 und freut sich über alle möglichen Komplimente. Panik sei nicht nötig: „Wir sind immer noch heiß, es kommt jetzt nur in Wellen.“ Dabei zählten doch die inneren Werte, Liebe und Aufmerksamkeit. 85 Prozent der Frauen seien unzufrieden mit sich, kein Wunder in Zeiten von Fake Foto-Apps. „Das Perfekte wird normal und der Makel anormal“. Dabei seien Makel doch einfach göttlich, Zeichen unserer Einmaligkeit – riesig vergrößert zeigt die Kabarettistin daraufhin ein Foto ihrer Nase mit zwei unterschiedlich großen Nasenlöchern, entweder ist sie unerschrocken mutig oder einfach nicht eitel. „Lasst uns den Makel zurückerobern“, lautet ihre beherzte Botschaft, denn das zwinge uns tiefer zu blicken. Ihr kleiner Mann scheint Größe zu haben, denn er findet sie wirklich schön, auch ihre Nase und so ist der tröstliche Abschied an diesem Abend:
„Man sieht nur mit dem Herzen gut, denn die Liebe ist blind!“. Den Satz nimmt jeder der vielen Zuschauer mit vielen unterschiedlichen Makeln an diesem Abend gern mit nach hause.
Inka Meyer hat den Zeitgeist intelligent pointiert heraufbeschworen und charmant, aber schlagfertig auf das Kronberger Publikum losgelassen, das dankte mit lautem Applaus für den unterhaltsamen Abend.
Inka Meyer trug Parka und malte den virtuellen Teufel an die Wand.
Foto: Sura