Zum Internationalen Frauentag: Kunst verbindet – Mathilde von Rothschild und Kaiserin Friedrich

Kronberger Geschichtssplitter

Von Rothschild und Kaiserin Friedrich

Kronberg (war) – Sie zählte zu den vermögendsten Frauen im Deutschen Reich: Hannah Mathilde von Rothschild. Laut Rostocker Anzeiger vom 1. März 1914 belief sich ihr Vermögen vor 110 Jahren auf 163 Millionen Mark und machte sie so zur sechstreichsten Frau im Deutschen Reich. Vor 100 Jahren, am 8. März 1924, verstarb sie in Frankfurt am Main. Von 1887 bis 1894 ließ sich Mathilde von Rothschild mit ihrem Mann, Wilhelm Carl von Rothschild, die heute noch existierende Villa Rothschild in Königstein erbauen, um diese vor allem während der Sommermonate zu bewohnen, wenn es in Frankfurt sehr schwül werden kann. Das Ehepaar stand in engem Kontakt mit Kaiserin Friedrich, die sich zur fast selben Zeit ihren Witwensitz, Schloss Friedrichshof, in Kronberg errichten ließ, den sie 1894 bezog. Zur Einweihung des Rothschildschen Anwesens waren die Kaiserin und ihr Bruder, der spätere englische König Edward VII, zugegen, wie die damalige Presse zu berichten wusste. Die Freundschaft soll sogar so weit gegangen sein, dass die Rothschilds einen direkten Weg – die heute noch existierende Sonnenhofstraße – von ihrer Villa zu der Residenz der Kaiserwitwe in Kronberg anlegen ließ. Die beiden Damen verband insbesondere ihr Faible für die darstellende Kunst. Mathilde von Rothschild, die über weit größere finanzielle Mittel als Kaiserin Friedrich verfügte, war es vergönnt sich in ihren 92 Lebensjahren eine exquisite Gemäldesammlung anzulegen, die genauso Werke bedeutender englischer und französischer Meister des 18. und 19. Jahrhunderts umfasste wie Bilder der damals modernen französischen Malerei. Zudem interessierte sich Mathilde leidenschaftlich für die Musik und komponierte selbst Lieder. Renommierte Musiker und Musikerinnen wie Clara Schumann gingen bei ihr in Frankfurt und Königstein ein und aus. So soll sie schon als junges Mädchen Klavierunterricht bei Frederic Chopin erhalten haben. Auch die Liebe zur Gartenkunst verband die beiden Adligen, sichtbar daran, dass beide Anwesen bis heute von großen Parks umgeben sind. Den der Villa Rothschild, der früher größer war als heute, hatte der bekannte Gartenarchitekt Heinrich Siesmayer aus Frankfurt angelegt, während die Kaiserin sowohl Hofgärtner aus Potsdam zu Rate zog als auch die Grünanlagen selbst aktiv mit plante.

Mathilde kam 1832 in Frankfurt am Main zur Welt. Ihr Vater war der Bankier Anselm Salomon von Rothschild aus dem Wiener Zweig der Familie. Ihre Mutter, ebenfalls eine Rothschild, entstammte der nach London übergesiedelten Verwandtschaft. Mathilde folgte dieser Tradition innerhalb der Familie zu heiraten, als sie 1849 ihren Vetter Wilhelm Carl von Rothschild ehelichte. Das Ehepaar rief eine Vielzahl von Stiftungen in Frankfurt und Königstein ins Leben. Zunächst wohnte das junge Paar im Rothschild-Haus auf der Zeil in Frankfurt. In den Jahren 1869 bezogen sie dann ein repräsentatives Haus in der Bockenheimer Landstraße inmitten des heute noch bestehenden Rothschildparks. 1877 erbte Wilhelm Carl zusätzlich den seit 1839 in Familienbesitz befindlichen Grüneburgpark samt des darin 1844/45 erbauten Palais Grüneburg, in dem Mathilde von Rothschild laut Frankfurter Zeitung am 8. März 1924 verstarb. Das von den Nazis im Jahr 1935 zwangsenteignete Anwesen wurde im Zweiten Weltkrieg 1944 stark beschädigt und nach dem Krieg abgerissen. Auch die Villa Rothschild in Königstein wurde 1938 von den Nazis requiriert, nachdem es den Nachfahren von Mathilde gerade noch in quasi letzter Sekunde gelungen war, von Königstein aus in die Schweiz zu exilieren. Das Anwesen ging danach übergangsweise in den Besitz von Georg von Opel, dem Opelzoo-Gründer in Kronberg. Im Krieg übernahm dann die Reichsgruppe Banken das Objekt. 1948/49 spielte die Villa Rothschild als „Haus der Länder“ eine wichtige Rolle im politischen Leben der jungen Bundesrepublik und gilt gemeinhin als eine der Geburtsstätten des deutschen Grundgesetzes.



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