Die Lieblingsmusik der Ohrwürmer-Familien

Blumen, die sich öffnen, imitierten mit ihren Händen Christoph Gotthardt, Mädchen und Jungen beim Kinderkonzert in der Zehntscheune, während Geigerin Hagit Halaf musikalisch die Geschichte von Ferdinand, dem friedlichen Stier, weitererzählte, der lieber den Duft der Blumen genießt als in der Stierkampfarena zu kämpfen.
Foto: A. Malkmus

Kronberg (pf) – Familien-Lieblingsmusik stellten Musikerzähler Christoph Gotthardt und seine beiden Buntringel- und Gelbschwanz-Ohrwürmer Theophil und Theolina den Mädchen und Jungen Sonntagnachmittag beim Classic for Kids-Konzert in der Zehntscheune vor und machten dabei gleichzeitig zwei Reisen, eine Zeitreise vom 17. bis zum 20. Jahrhundert und eine Reise durch einige Länder Europas bis nach Ägypten. Dabei zur Seite stand Christoph Gotthardt, der bei diesem Kinderkonzert der Kronberg Academy nicht nur Wissenswertes und eine spannende Geschichte erzählte, sondern auch Klavier spielte, die ebenso virtuose wie temperamentvolle Geigerin Hagit Halaf.

Wie wird eigentlich bei einem Klavier und bei einer Geige der Ton hergestellt, so lautete die Frage, die er im Auftrag von Theophil zu Beginn den Kindern stellte. Beim Klavier, erfuhren sie, werden die Saiten im Inneren des Instruments mit einem Klavierhammer angeschlagen, der sich nach Meinung eines der Kinder „hart-weich“ anfühlt. Nägel kann man damit natürlich nicht in die Wand schlagen, wohl aber sehr vorsichtig eine Geigensaite zum Klingen bringen. Aber üblicherweise ist es ein mit rauen Pferdehaaren bespannter Bogen, mit dem die Töne einer Geige hervorgerufen werden.

Mit Musik für Violine und Klavier von Georg Friedrich Händel, der im 17. Jahrhundert zunächst in Deutschland, später in England lebte, begann das Kinderkonzert. Die Lieblingsmusik von Theophils 248 Jahre alter Mutter – Europäische Buntringel-Ohrwürmer können nämlich mehrere hundert Jahre alt werden, erzählte Christoph Gotthardt – ist allerdings der Frühling aus den Vier Jahreszeiten des italienischen Händel-Zeitgenossen Antonio Vivaldi mit Vogelgezwitscher, Bachrauschen, Blitz, Donner und dem Gesang einer Nachtigall, der eine zweite antwortet.

Ein ungarischer Tanz, der Csárdás des italienischen Violinisten und Komponisten Vittorio Monti, der von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis ins erste Viertel des 20. Jahrhunderts lebte, ist das mitreißend-schwungvolle Lieblingsstück von Theophils 311 Jahre altem Vater. Dann ging die Reise nach Ägypten, wo Theolinas Großvater Tempelwächter war. Bei der orientalisch anmutenden Musik durften die Kinder die Bewegungen von Schlangen, das Reiten auf einem auch Wüstenschiff genannten Kamel nachmachen und hinter Schleiern ihre Gesichter bis zu den Augen verstecken. Beim letzten Gongschlag, bei dem einer der Jungen assistieren durfte, horchten alle im Publikum dem Ton bis zu seinem Verklingen nach, führt er doch angeblich bis in die Ewigkeit und zum Pharao. Mit Klezmermusik, die Theolinas Großvater besonders schätzte, wollten Christoph Gotthardt mit einer Melodica und Hagit Halaf mit ihrer Violine danach den Mädchen und Jungen Lust machen, selbst ein Instrument zu erlernen.

Krönender Abschluss des Konzerts war die bezaubernde Geschichte von Ferdinand, dem Stier, der lieber unter einem Baum sitzt und den Duft der Blumen genießt, als in der Stierkampfarena zu kämpfen. Auch dabei spielten Kinder und Eltern mit, ließen Fahnen im Wind flattern, imitierten mit ihren Fingern das Spielen auf einer Trompete und begrüßten mit Klatschen, Jubeln und herzhaften Olé-Rufen die Stierkämpfer in der Arena. Ferdinand aber konnten sie damit nicht zum Kämpfen animieren. Er sog den berauschenden Duft der Blumen ein, die sich die Senoritas als Schmuck ins Haar gesteckt hatten, und ließ sich friedlich mitten in der Arena nieder, bis die enttäuschten Picadores, Matadores und Torreros, die vergeblich auf einen Kampf gehofft hatten, ihn schließlich wieder zurück auf seine Wiese brachten.



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