Helene Bäcker und Allegra van der Heijden sind Jugendwarte im Verein und versierte Reiterinnen.
Fotos: Muth-Ziebe
Kronberg (hmz) – Die Adresse lautet „Frankfurter Straße“, der Weg selbst ist eine Sackgasse, an deren unterem Ende sich ein urwüchsiges Pferdeparadies öffnet: Es ist die Heimat von dreizehn Pferden, die zum Reitclub Kronberg gehören, der in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen feiert. Bianka Bäcker und Gaby Wandjo führen sehr erfolgreich das Konzept der Gründerin, Barbara Würtz, fort, den Kindern und Jugendlichen den verantwortungsvollen Umgang mit Tier und Natur nahezubringen. Spezialisiert hat sich der Verein von Anfang an auf die Ausbildung von Reitanfängern, die, wenn sie weiter fortgeschritten sind, auch Dressur- und Springstunden nehmen können.
„Bei uns geht es nicht nur ums Reiten, sondern um alles, was zum Pferdealltag dazu gehört“, so die beiden Frauen, die den gemeinnützigen Verein, der sich über Mitgliedsbeiträge, die Reitstunden und Spenden finanziert, leiten. Alles andere organisieren derzeit 30 Mädchen – noch fehlen engagierte Jungs – frei nach dem selbstgewählten Motto: „Wir sind eigentlich ein ganz normaler Reitclub, wäre da nicht unser außergewöhnliches Konzept.“ Hierbei geht es um das so genannte „Peergroup-Prinzip“, das beinhaltet, dass sich Jugendliche der gleichen Altersgruppe alles Wissenswerte rund um die Pferde gegenseitig beibringen. „Unsere Reitlehrerinnen sind größtenteils zwischen 16 und 18 Jahren alt, allerdings müssen sie eine Prüfung abgelegt und ihren Reitpass erworben haben.“ Das bedeutet zudem auch, dass die Kinder und Jugendlichen „Handlungsspielräume bekommen und lernen, verantwortungsvolle Entscheidungen rund um die Pferde und das Reiten selbst zu treffen“. Ziel sei es, „aus unseren Schülern und Schülerinnen mündige Reiterinnen und Reiter, also ,Pferdemenschen‘, zu machen“, so Gaby Wandjo und Bianka Bäcker. Jedes der Pferde habe zwei bis drei Pflegerinnen, eben jene Schülerinnen, auf die es sich verlassen kann. „Sie müssen diese Verantwortung sehr ernst nehmen und ihre Aufgaben zuverlässig erfüllen. Zwischen ihnen und den Pferden entsteht eine intensive Bindung, eine Grundvoraussetzung für das psychische Wohl der Tiere.“ Angeleitet und weitergebildet werden sie durch Marina Wroblowski, Reitlehrerin und verantwortlich für den Reitbetrieb. Sie ist Trainerin für Gangreiten und hat ein abgeschlossenes Pädagogik-Studium. Durch den geringen Altersunterschied zwischen den meisten Reitlehrerinnen und ihren Schülerinnen werde das Vertrauen der Kinder gestärkt, denn die typischen Schüler-Lehrer-Situationen würden gar nicht erst entstehen. „Den Kindern fällt das Lernen auf diesem Weg so viel leichter.“ Mit dem Effekt des Peer-to-Peer würden sie sich im sozialen Umfeld des Reitclubs wohl fühlen.
Die Gründerin Barbara Würtz hatte jedoch nicht nur ein Herz für Tiere, sondern auch ein großes für Kinder. Für besonders unterstützenswert hielt sie sozial benachteiligte Kinder und jene mit körperlichen und geistigen Einschränkungen. Schon früh erkannte sie die Vorteile der so genannten Hippotherapie. Der Wortursprung leitet sich von den griechischen Wörtern „Pferd“ (hippos) und „Behandlung“ (therapeia) ab.
Sie ist eine physiotherapeutische Einzelbehandlung mit, am und auf dem Pferd und stellt für motorisch beeinträchtigte Menschen eine wertvolle Ergänzung zu anderen krankengymnastischen Behandlungen dar. „Unsere Therapie-Kinder können anschließend oft in den regulären Reitbetrieb integriert werden.“ Unabhängig davon, ob sich Probleme im sozialen Umgang mit anderen zeigen würden, ob Lernschwierigkeiten vorliegen oder traumatische Erlebnisse verarbeitet werden müssten. „Der bewusste Umgang mit dem Pferd und der Natur liefert die so oft dringend benötigte heilende Unterstützung.“ Der Reitclub hofft darauf, von einer wie auch immer gearteten Bebauung im Grünen Weg so wenig wie möglich betroffen zu sein. Die beiden Vorsitzenden haben bei allen zugestandenen Freiheiten und Möglichkeiten größtes Interesse daran, dass ihr Reitbetrieb weiterhin ungestört bleibt und genau im bisherigen Stil fortgeführt werden kann. Es gibt eine lange Warteliste und ginge es nach ihnen, müssten die Grasflächen erweitert und noch mehr Pferde angeschafft werden. Unter ihnen sind so genannte Rettungspferde vom Tierschutz, die teilweise schlimme Erfahrungen mit Menschen machen mussten. „Die Kinder und Jugendlichen kümmern sich liebevoll um diese Tiere und schaffen es, aus jedem Pferd die freundliche Seite hervorzubringen.“
Davon können sich die vielen Besucher und Besucherinnen, die zum „Pferdefest“ anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Reitclubs am Sonntag, den 18. Juni, von 13 bis 17 Uhr eingeladen sind, selbst ein Bild machen.
Diese Pferde werden auch für die Hippo-Therapie eingesetzt.