Naturwald statt Holzproduktion: Ideen zur Rettung des Stadtwaldes

Referenten Jörg Nitsch, Landesvorsitzender BUND Hessen, informierte auf Einladung von Bürgermeisterkandidat Christoph König auf dem Obsthof Krieger darüber, was zu tun ist, damit der Kronberger Stadtwald überlebt. Foto: privat

Kronberg. – Mehr als 70 Kronbergerinnen und Kronberger kamen auf den Obsthof Krieger: Sie wollten vom Bürgermeisterkandidaten Christoph König und dem Waldexperten Jörg Nitsch, Landesvorsitzender des BUND Hessen, wissen, ob unser Wald noch zu retten ist und wie. Die Zeit drängt: Von 500 Hektar Stadtwald sind 5 Prozent bereits tot.

Den Wald in Ruhe lassen

„So wenig wie möglich und so viel wie nötig“ in den Wald eingreifen ist für Jörg Nitsch die Faustregel. Konkret bedeutet das: Den Wald sich selbst regulieren lassen: Das geht nur mit trockenresistenteren heimischen Bäumen wie Eichen statt Fichten, als Mischwald mit mindestens fünf Baumarten und als sogenannter Dauerwald, dessen Kronendach immer geschlossen ist – so bleibt die Feuchtigkeit im Wald, wie Nitsch berichtete. Er empfiehlt: Keine oder eine sehr nachhaltige Bewirtschaftung mit deutlich weniger Einschlag und 10 bis 20 Jahren Wartezeit zwischen zwei Einschlägen in geschädigten Bereichen. Je mehr Festmeter Holz im Wald stehen, desto mehr CO2 bindet der Wald. Der BUND empfiehlt, dass zehn Prozent des Waldes bewirtschaftungsfrei gehalten werden sollen. Christoph König, der im Falle seiner Wahl damit wirbt, Umwelt und Klima zur Chefsache machen zu wollen, will die Holzproduktion erheblich reduzieren oder ganz aufgeben: „Sie kostet die Stadt derzeit ohnehin mehr, als sie einbringt“, erläutert er.

Wie die interessierten Bürger lernten, ist es außerdem hilfreich, Totholz im Wald lassen: Denn tote Bäume sind alles andere als tot – sie sind wertvoller Lebensraum für viele Insekten und Kleintiere, die ausschließlich in abgestorbenen Bäumen leben. Totholz im Wald erhält die Biodiversität und hält die Feuchtigkeit. Statt Neupflanzungen mit gekauftem Saatgut sollen die Bäume sich vorrangig selbst vermehren. Der Nachwuchs aus der eigenen Familie heimischer Baumarten ist an die lokalen Bedingungen angepasst und dadurch widerstandsfähiger als etwa Fichten, die erheblich unter Trockenheit leiden – und die es bis vor 100 Jahren in Hessen gar nicht gab, so klärte Nitsch auf. Ein weiteres Problem sei die Regulation des Wildbestandes: „Zu viele Rehe im Wald fressen den Wald auf, gerade die jungen Bäume. Kontrollierter Abschuss durch Jäger ist also eine der wichtigsten lebenserhaltenden Maßnahmen für den Wald und seine Bewohner“, so lernten die Besucher.

Viel zu groß seien derzeit die Flächen, die ein einziger Förster im Blick haben und pflegen müsse. Deshalb will Christoph König prüfen, ob die Beförsterung weiterhin durch Hessen-Forst erfolgt, oder ob Kronberg dies – alleine oder mit Nachbarkommunen – künftig selbst übernimmt.

Eine weitere wichtige Botschaft, die der BUND übermittelte, war, dass ähnlich einer menschlichen Gesellschaft auch ein gesunder Wald vom Miteinander aller Generationen lebt, von den jüngsten Bäumen bis zu den ältesten: Statt nach Wirtschaftskriterien gezogenen Altersklassenbeständen mit gleichaltrigen Bäumen, die gleichzeitig gefällt werden, braucht der Wald ein Habitatbaumkonzept.

Wasserspeicher, Luftfilter, Klimaanlage, Lebensraum – all das ist ein gesunder Wald. Nach drei Trockensommern und im spürbaren Klimawandel droht er, diese lebenswichtigen Funktionen zu verlieren.

Christoph König betont nach diesen Erkenntnissen und Ideen für einen widerstandsfähigen, den Klimaveränderungen trotzenden Kronberger Wald: „Der Wald ist für uns und die folgenden Generationen lebenswichtig. Die Folgen der Fehler der letzten Jahrzehnte sehen wir jetzt. Und jetzt müssen wir auch handeln. Dann können wir den Wald retten und ihn sich zu einem Naturwald entwickeln lassen, den wir in Ruhe lassen, der sich regenerieren kann, der Erholung im Ballungsraum bietet.“ (mw)



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