Royales Pack schlägt sich! Doch verträgt es sich auch?

Kronberg
(war) – Im Hause Winsor geht‘s mal wieder rund. Shakespeare hätte seine wahre Freude daran. Sein „Romeo and Juliet“ ist dagegen eine harmlose Posse und würde die gerade verstorbene Lisbeth noch leben, hätte sie bestimmt ihren zwei rotzfrechen Enkeln ihre berühmte Handtasche um die Ohren gehauen, um die beiden Streithähne so wieder zur (Staats-)Raison zu bringen. Das ist jetzt der Job von Charles III., der sich aber lieber mit den Blumen, wie Matricaria Chamomilla, unterhält. Ob diese väterliche Memme überhaupt den Mumm dazu hätte, diesen Streit zwischen seinen von ihm in die Welt gesetzten Kain und Abel zu schlichten, ist mehr als fraglich. Weiß Charlyboy doch nichts Besseres, als wie ein getretener Gassenköter zu winseln und zu jammern, dass seine missratene Brut ihm wohl die nur noch wenigen vergönnten Regierungsjahre zur Hölle machen werden. Ist ja auch mehr als doof, erst als Opa König werden zu dürfen. So fängt er jetzt zum Arbeiten an, wo andere längst ihren Ruhestand genießen. Andererseits empfiehlt die Gerontologie eine sinnstiftende Beschäftigung bis in hohe Alter als gute Prävention gegen Altersdemenz.

Doch wenden wir jetzt endlich den Fokus auf Harry, der eigentlich Henry heißt. Das „Prinzerl“ weiß selbst nicht, wie dieser Namenstausch zustande kam. Da muss man doch geradezu verrückt bis schizophren werden, oder? Spaß beiseite, widmen wir uns jetzt den ernsten Fragen des Lebens zu: Wie ist des Adelsmannes Verhalten zu bewerten? Die einen sehen in ihm einen übermäßig gepamperten Narzissten mit Hang zur geschäftstüchtigen Profilneurose, der so den Umsatz seiner neuen Biographie geschickt zu boostern weiß. Die anderen meinen eher, dass die „Firma“, wie die Windsor sich intern nennen, den armen Kerl, der bislang primär als eventueller Ersatz-William – eben als „Spare“ – durchgefüttert wurde und seinen ersten Koitus eigenen Aussagen nach ganz volksnah mit einer älteren Dame hinter einer Hecke eines Pubs ausübte, samt seiner Ami-Mieze vorsätzlich weggebissen hat. Da bleibt den beiden armen Sussexes nichts anderes übrig, als nunmehr im schönen Kalifornien ihre psychischen Traumata in einer 16-Zimmer-Hütte mit nur sechs Bädern, die angeblich zuvor einem russischen Oligarchen gehört hat, coram publico auszukurieren

Doch auch schon unsere hochverehrte Vicky, die sich bekanntlich als Kaiserwitwe ab 1888 auf Kronberger Gemarkung mit Schloss Friedrichshof ihren Ruhesitz erbauen ließ, hatte mit dem Nachwuchs einigen Stress. Über viele Jahre rebellierte ihr ältester Sohn Willy während der Pubertät und auch noch später teilweise heftigst gegen seine aus England stammende Mom. Den Kronbergern konnte das damals nur recht sein, denn so flüchtete die „Hohe Dame“ von Berlin in unser wunderbares Burgstädtchen, um in hiesigen Esskastanienwäldern sowie dank Bowle, mit köstlich-saftigen örtlichen Erdbeeren angereichert, wieder zur inneren Ruhe zu finden, maltherapeutisch unterstützt von der hiesigen Künstlerkolonie. Und siehe da, Mutter und Sohn – dieser jetzt selbst stolzer Kaiser – fanden wieder zueinander. Was für ein Happy End – weit schöner als in jedem Julia-Liebesroman! Sollten da nicht auch Harry und Meghan zu uns nach Kronberg ziehen?

Weniger bekannt dürfte hingegen sein, dass sich Vickys Tochter Victoria Amalia ähnlich rebellisch zeigte wie unser Harry. Wegen ihrer recht dunklen Haut und Haare wurde sie Moretta genannt. Frei übersetzt heißt das „Kleine Mohrin“. Nun ja, im Zeitalter von „Wokeness“ und „People of color“ wäre heute so ein Kosename ein Ding der Unmöglichkeit. Nennen sie wird daher ab sofort nur noch M.. Ein Schelm, der dabei nicht automatisch an Meghans afroamerikanischen Vorfahren mütterlicherseits denkt.

1866 in Potsdam geboren und wohlbehütet aufgewachsen, war M. Vickys Darling. Später folgte sie als junge Dame brav ihrer Frau Mama nach Kronberg. Doch dummerweise setzte sie sich im heiratsfähigen Alter in ihren Dickschädel, Alexander von Battenberg, kurz Sandro genannt, zu heiraten. Der und kein anderer – basta! Dieser durchaus hübsche Bursche hatte aber einen großen Makel, denn er war das „Ergebnis“ einer morganatischen Ehe zwischen Alexander von Hessen-Darmstadt und bei Rhein und der polnischen Gräfin Julia Hauke. Da nutzte es auch nichts, dass das Pärchen zügig zu Graf und Gräfin von Battenberg erhoben worden waren. Solch ein Bastard kam für ein direktes Mitglied der Kaiserlichen Familie niemals in Frage. Nein, nein und nochmals nein! Obendrein wären bei einer Eheschließung der beiden schwerwiegende Konflikte mit dem russischen Zarenhaus vorprogrammiert gewesen. Das lag daran, dass Sandro einst vom russischen Zaren Alexander II., dessen Neffe er war, zum Fürsten von Bulgarien ernannt worden war. Doch statt ab sofort Russlands Interessen engagiert vor Ort als treuer Vasall zu vertreten, betrieb dieser hinterlistige battenbergische Lump schon bald eine eigenständige, teils russophobe Politik. Zar Alexander III. setzte ihn kurzerhand ab. Für Russland war er damit zur persona non grata geworden. Und ausgerechnet diesem Russlandnichtversteher wollte sich unsere M. angeln. „Oh dear, oh dear!“ hätte da sicherlich der jetzige König Karl III. gerufen, wenn er damals schon gelebt hätte. Kaiser Wilhelm I. war aus genannten Gründen sowieso strikt dagegen. Vicky, damals noch Kronprinzessin, befürwortete hingegen die Verbindung. Ihr Mann Fritz, der spätere Kaiser Friedrich III., sah das Ganze eher als postpubertäre, temporäre Schwärmerei seiner Tochter und hielt sich ansonsten zurück. Reichskanzler Otto von Bismarck tobte, sah er doch seine prorussische Politik in höchster Gefahr und den nächsten Krieg bereits aufziehen. Er drohte folglich mit sofortigem Rücktritt bei Zustandekommen der Ehe. Ein ähnliches Verhalten legt derzeit unser Kanzler Scholz, der Zauderer, an den Tag. Nur ja keine stählernen Metall-Leoparden an die Ukraine schicken, könnte ja den russischen Bären zu sehr reizen. Eine veritable Staatskrise war damals im Anzug sowie die Battenberg-Affäre, die sich über mehrere Jahre hinzog, war perfekt. Erst Bruder Willy, ab 1888 Kaiser Wilhelm II., machte dem Spuk dann in seiner berüchtigt forschen Art schnell ein Ende, denn auch er verbot seiner Schwester die Heirat. Vicky schrieb daraufhin entrüstet an ihren Sohn: „Du hast dich, unter ganz und gar herzloser Missachtung der Gefühle Deiner Schwester, und genau entgegengesetzt zum Willen Deiner Eltern, geweigert, Deine Einwilligung zu ihrer Vermählung mit Pr. Alexander zu geben.“ Sandro, inzwischen des langen Wartens wohl müde und vielleicht doch nicht mehr so verliebt in M. wie umgekehrt, heiratete schließlich schon 1889 die österreichische Sängerin Johanna Loisinger und nannte sich fortan Graf von Hartenau.

Nachdem ein weiterer Ehevermittlungsversuch auf Initiative des englischen Hofs, der einen Bund zwischen M. und dem jüngsten Sohn des schwedischen Königs Oskar II. forcierte, ebenfalls voll in die Hose gegangen war, suchte Willy 1890 kurzerhand für sein Schwesterlein den sehr vermögenden Prinz Adolf zu Schaumburg-Lippe als künftigen Gatten aus, den er von seiner Studienzeit in Bonn her kannte. Der und kein anderer – wieder basta! Es ist nicht überliefert, ob M. darüber sehr begeistert war. Auf jeden Fall hielt die kinderlose Ehe (No Sex? ist hier die Frage) bis zu Adolfs Tod im Jahr 1916. Danach ging es mit M. nur noch bergab. Sie lebte selbst in den Nachkriegsjahren, die von einer Hyperinflation geprägt waren, weiterhin in Saus und Braus.

Den finanziellen Rest gab ihr schließlich ein russischer Heiratsschwindler, der sich als verarmter, von der Revolution gebeutelter Exbaron ausgab. Diesem ging die nunmehr über 60-jährige M. auf den Leim und heiratete 1927 ihren „Sascha“, wie sie ihren geschickten Augenverdreher inzwischen liebevoll nannte. Ihr Kommentar zu dieser ungewöhnlichen Verbindung: „Ich denke nicht daran, mein und meines Bräutigams Glück der Kritik der Welt zu opfern.“ Nebenbei: Dieser Spruch könnte durchaus auch aus Harrys Mund stammen. Es kam, wie es kommen musste: Die Ehe scheiterte kurze Zeit später. Ihr Sascha-Schatzi hatte sich nach Luxemburg abgesetzt und war damit für die deutsche Justiz unerreichbar. Die traurige Geschichte endete damit, dass M. völlig mittellos Ende 1929 in einem Bonner Hospital einsam verstarb. Ihre letzte Ruhe fand sie schließlich in der Kronberger Burgkapelle auf Veranlassung ihrer jüngsten Schwester, der Landgräfin Margarethe von Hessen. Da bleibt nur zu hoffen, dass Harry und Meghan trotz aller Querelen solch ein trauriges Schicksal einmal erspart bleiben wird, das meint zumindest Ihr Hofberichterstatter über längst vergangene Zeiten.

Walter A. Ried



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