Kronberg (mw) – Nach einer Demonstration in Frankfurt gegen den Krieg Russlands in der Ukraine stand für die Ukrainerin Marianna Haus, die seit 2000 in Deutschland lebt, fest, dem Elend in der Ukraine tatenlos zuzusehen, das kann sie nicht. „Es gibt genügend zu tun, es fehlt an Medikamenten und Verbandsmaterial für das ukrainische Militär und für die Bevölkerung“, sagt sie, die Freunde und Familie in ihrer Heimat hat. Täglich erhält sie Nachrichten aus der Ukraine, erfährt von den Schrecken und dem Elend der Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit nunmehr zwei Wochen angegriffen werden, von Rücksicht auf die Zivilbevölkerung kann schon lange keine Rede mehr sein. „Meine Familie hat selbst nicht geglaubt, dass Putin so weit gehen würde, sie waren völlig überrascht“, berichtet die Musikpädagogin und Lehrerin. Ihr Bruder liegt schwer krank in einer Klinik 180 Kilometer von Kiew entfernt, ihre Mutter ist geblieben, um sich um ihn zu kümmern. Unter Beschuss ist die Region, in der sich ihre Familie aufhält, aktuell noch nicht, da sich die Gefechte auf andere Gebiete konzentrieren, aber abgeschnitten von der Außenwelt sind sie schon, erzählt sie. Marianna Haus hat bei der Zusammenkunft in Frankfurt einen ukrainischen Verein aus Mainz kennengelernt und Kontakt aufgenommen. Für ihn sammelt sie seit einer Woche Medizin (nicht verschreibungspflichtige Schmerzmittel wie Medikamente gegen Grippe/Erkältung (Fieberzäpfchen, Hustensaft, Nasenspray, Lutschtabletten), Erste-Hilfe-Sets, Kompressen, aber auch Eiweiß-Power-Nahrung, Funktionswäsche für die Soldaten, Schlafsäcke, Babynahrung, Hygienesets und leicht zu öffnende Nahrungsmittel in kleinen Portionen. „Wer helfen möchte, kann gern zwischen Montag und Freitag, 13 bis 18 Uhr, am ehemaligen AKS-Flüchtlingsheim in der Schönberger Straße neben dem SGO-Sportplatz, weitere Spenden vorbeibringen.“
Gerne beantwortet sie vor Ort weitere Fragen und erklärt, was genau noch gebraucht wird. „Besser ist, von einer Sache eine große Menge zu spenden, als viele verschiedene Sachspenden, die zunächst alle sortiert werden müssen“, erklärt sie. Die Mainzer ukrainische Gemeinschaft bringt die sortierten, beschrifteten Spenden zu den polnischen und ukrainischen Grenzen. Die Kontakte zur Ukraine seien eng, sodass man durchaus ein Feedback bekomme, was genau noch gebraucht würde. Deshalb könnten Bürgerinnen und Bürger, die helfen wollen, gerne auch Speziallieferungen übernehmen. Beispielsweise habe man auf diese Weise schon Sets zum Blutstillen für Soldaten bestellt. Sie weiß, dass das Leid und Elend der Bevölkerung vor Ort mit jedem Tag noch größer wird. Deshalb steht für Marianna Haus fest, dass momentan Spendensammeln eine gute Möglichkeit der Hilfe ist. Weitere Taten werden folgen, verspricht sie, doch jetzt, mitten im Beschuss der Ukraine, sei es elementar, diese Hilfen auf allen erdenklichen Wegen zu den eingekesselten Ukrainern zu bringen und da sei jede helfende Hand wichtig. „Das können die großen Hilfsorganisationen allein gar nicht stemmen, hier ist jeder gefordert.“
Unterstützung hat sie von den Kronberger Bürgerinnen und Bürger schon mannigfaltig erfahren. Von der Elterninitiative KEK bis zu vielen spendenwilligen Familien und Einzelpersonen – da gibt es beispielsweise einen Frankfurter Unternehmer, der die Spenden selbst auch an die Grenze bringt – hat sie schon sehr viel Engagement und Solidarität erlebt. Dank des Hochtaunuskreises, der ihr nun den Schlüssel für die ehemaligen Flüchtlingscontainer zur Verfügung gestellt hat, können die Sachspenden weiterhin zwischengelagert werden – denn das erste Lager ist schon voll. „In den nächsten zwei Tagen kommt ein Lkw und holt die Kisten für den Weitertransport ab.“ Ihre Freude darüber, wie voll die Lager nach vier Tagen Spendensammlung und tatkräftiger Hilfe einiger Bürgerinnen und Bürgern beim Aus-, Umpacken und Beschriften jetzt schon sind, steht ihr ins Gesicht geschrieben. Nun hofft sie, dass die Spendenwilligkeit für ihre Landsleute lange anhält. „Wir sorgen auf jeden Fall dafür, dass die Spenden auch ankommen“, verspricht sie.
Wenn die Flüchtlinge vermehrt auch den Weg nach Kronberg finden, wird es weitere Aufgaben für die Bürger geben, dann will sie natürlich auch als Übersetzerin helfen.
Hans-Willi Schmidt, der bei Marianne Haus in der Flüchtlingsunterkunft am Montagmittag auch vorbeischaute, um sich ein Bild von ihrer Sachspenden-Aktion zu machen, weiß von der ersten Teilfamilie, die inzwischen in Kronberg eingetroffen ist. Stadt und Kreis bereiten sich auf die Vermittlung der Flüchtlinge und ihre Unterstützung vor Ort vor. Für Hans-Willi Schmidt keine neue Aufgabe, denn er war beim Flüchtlingsstrom 2014 ehrenamtlicher Leiter der Projektgruppe zur Integration der Flüchtlinge und Kontaktmann zur „Flüchtlingshilfe Kronberg“ und zum Hochtaunuskreis. „Die Koordination privater Unterkünfte in Kronberg übernimmt die Stadt“, so Schmidt. „Die Stadt hat sich jedoch entschieden, selbst keine Sammlung von Hilfsgütern durchführen.“
Wer private Unterkünfte für mögliche Flüchtlinge aus der Ukraine hat, wird gebeten, sich unter der E-Mail-Adresse kronberghilft[at]kronberg[dot]de bei der Stadt Kronberg zu melden.