Der Kronberger hatte sich das anspruchsvolle Buch „Die Bücherdiebin“ von Markus Zsusak, das zur Zeit des Nationalsozialismus spielt, ausgewählt und überzeugte durch sein lebendiges, betontes und ausdrucksstarkes Vorlesen sichtlich.
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Kronberg (kb) – Wie berichtet, hatte sich der Kronberger Vincent Marco Carbonare für den Landesentscheid Hessen des 60. Vorlesewettbewerbs qualifiziert. Er schlug sich dabei ganz hervorragend und finishte als Zweiter.
Der traditionsreiche Vorlesewettbewerb für die sechsten Klassen der weiterführenden Schulen, den es seit 1959 gibt und der unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten steht, zählt zu den größten und populärsten Schülerwettbewerben. In diesem Jahr beteiligten sich in Hessen 514 Schulen mit 53.812 Schüler/innen. Bundesweit nahmen 563.000 Schüler/innen teil.
Acht Teilnehmer
Um beim Landesentscheid teilnehmen zu können, müssen die Schülerinnen und Schüler bereits siegreich aus den Klassen-, Schul-, Stadt- beziehungsweise Kreis- sowie den Bezirksentscheiden hervorgegangen sein – ein zeitaufwendiges und intensives Wettbewerbsverfahren, das im Herbst 2018 begann. Diese zahlreichen Hürden hatten von den insgesamt knapp 54.000 in Hessen teilnehmenden Schülerinnen und Schülern nur 8 Schülerinnen und Schüler, darunter auch der junge Kronberger Vincent Marco Carbonare, der die Bischof-Neumann-Schule in Königstein besucht, erfolgreich genommen, weswegen sie beim Landesentscheid erneut ihre Vorlesekünste unter Beweis stellen durften. In zwei Durchgängen lasen die Kinder einen Text ihrer Wahl und einen unbekannten Text vor und kämpften um den Einzug ins Finale nach Berlin, in dem schließlich am 26. Juni die beste Vorleserin oder der beste Vorleser Deutschlands gekürt werden wird.
Der Saal war voll besetzt, denn schließlich ist der Erfolg, bis hierher gekommen zu sein, auch eine Teamleistung von Tipps gebenden Lehrerinnen und Buchhändlern, unterstützenden Freunden, Mut machenden Familienmitgliedern und vielen anderen mehr. Publikum und Jury waren sehr angetan von der Auswahl der vielen verschiedenen Bücher, die alle zum Schmunzeln oder zum Nachdenken anregten. Jedes Buch und die Interpretation durch die Finalistinnen und Finalisten machte Lust auf mehr, und so bekam das Publikum des Öfteren Herzklopfen, feuchte Hände und Gänsehaut.
Die Bücherdiebin
Auch der Textausschnitt von Vincent Marco Carbonare ging unter die Haut. Er hatte sich das anspruchsvolle Buch „Die Bücherdiebin“ von Markus Zsusak, das zur Zeit des Nationalsozialismus spielt, ausgewählt und überzeugte durch sein lebendiges, betontes und ausdrucksstarkes Vorlesen sichtlich.
Nach einer Pause fand die entscheidende Phase des Wettbewerbs statt, für die alle acht Finalistinnen und Finalisten des Landesentscheids den Raum verlassen mussten. Nacheinander wurden sie aufgerufen und lasen dieselbe Stelle aus einem ihnen fremden Text vor. Die Jury hörte auf diese Weise acht Mal dieselbe Textstelle und hatte dadurch eine gute und faire Vergleichbarkeit.
Nuancen entscheiden
Der Reiz bestand darin, sofort den Charakter, die Situation, die Stimmung und die Tonlage zu treffen und so den unbekannten Text „authentisch“ zu gestalten. Allzu große Theatralik musste da ebenso unangemessen wirken wie zu viel Zurückhaltung. Hier gab es heftige Wortgefechte, aber auch feine Nuancen der Ironie gaben der Lesung ihre Würze. Oft hielt das Publikum den Atem an oder lachte verhalten, wenn komische Szenen geschildert wurden.
Die siebenköpfige hochkarätige Jury, bestehend aus Vertretern aus Rundfunk und Literatur, einem Schauspieler und der Vorjahressiegerin, hatte es wahrhaftig nicht leicht, bei den ausgeglichenen Leistungen eine Entscheidung zu fällen, wessen Vorleseleistung die beste war, wessen Intonation und Textverständnis am meisten zu überzeugen vermochte.
Wie die Jury selbst meinte: „Auf dieser Ebene geht es um Nuancen“. Siegerin wurde nach einer intensiven Beratung der Jury schlussendlich die aus Kassel kommende Gymnasiastin Tamina Fohrmann, die nun zum Bundesentscheid nach Berlin fahren wird. Allen Finalistinnen und Finalisten wurde der gebührende Beifall gezollt, Urkunden, Bücher und Gutscheine überreicht und am Schluss gar mehrmals kräftig mit den Füßen getrommelt.
Und das Wichtigste: Alle im Raum erfuhren hautnah, dass sich Lesen lohnt und Vorlesen eine großartige Sache ist, nicht nur für den, der vorliest und spürt, wie er das Publikum in seinen Bann ziehen kann, sondern auch ein magischer Moment für die Zuhörer, die für eine Weile gebannt lauschen und deren Fantasie angeregt wird. Gerade in Zeiten von allgegenwärtigen Smartphones, Apps, Konsolen und Bildschirmen ist es umso wichtiger, das Lesen, den Zugang zu der Welt der Bücher, zu fördern und auch an andere durch das Vorlesen weiterzugeben. Dazu trägt auch dieser Wettbewerb als Vorbild bei.
So bleibt zu hoffen, dass auch beim 61. Vorlesewettbewerb wieder eine junge Kronbergerin oder ein junger Kronberger unter den besten Vorlesern Hessens beziehungsweise Deutschlands sein wird!