Winkelbach – ein teures Rinnsal plätschert in seinem neuen Bett

Kronberg
(hmz) – Die Frage muss erlaubt sein: Wurde die Verhältnismäßigkeit in der Abwägung von Nutzen und Kosten beim Ausbau des Winkelbachs noch gewahrt? Er fließt nun offengelegt in seinem neuen Bett, zum großen Teil in einer 40 Zentimeter breiten, geraden Betonrinne zwischen Straße und Bürgersteig, für Zufahrten muss das Rinnsal an mehreren Stellen überdeckt werden. Auch wenn der Winkelbach mit Steinen und Uferpflanzen angelegt wird, dürfte der ökologische Mehrwert des insgesamt 2,5 Millionen Euro teuren Projektes eher mäßig ausfallen. Trockenheit und Hitzeperioden dürften den Winkelbach ganz zum Versiegen bringen, so wie andere Bachläufe im Stadtgebiet auch. Vor wenigen Wochen hat der Bund der Steuerzahler moniert, dass die angegebenen Kosten für die Maßnahme um das 33-fache überstiegen worden seien.

Der Stadt Kronberg das alleine anzulasten wäre in diesem Fall nicht begründet, das hatte eine Vorgeschichte. Ausgangspunkt war, dass der ökologische Zustand der Gewässer in Deutschland verbessert und die europäische Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt werden sollte. Vielerorts bislang unterirdisch in Rohren verlaufende Bachläufe wurden wieder offengelegt. Kronberg musste dies im Zuge der Bebauung des Bahnhofsquartiers ebenfalls umsetzen.

Dort verlief der Winkelbach bis dahin in einem unterirdischen Rohr. Die Offenlegung des Bachs auf einer Länge von rund 400 Metern war eine Auflage des Regierungspräsidenten Darmstadt als Obere Wasserbehörde, damit die Bebauung des Viertels genehmigt wurde. In einer Beschlussvorlage aus dem Jahr 2015 wurden für die Offenlegung Kosten in Höhe von 75.000 Euro berechnet. Die Kritik des Bundes der Steuerzahler: Die Summe sei deutlich zu niedrig angesetzt worden. Bereits in den Jahren 2016 und 2017 habe eine erste detaillierte Kostenaufstellung für die Offenlegung mit mehr als 613.000 Euro schon mehr als eine Verachtfachung des ursprünglich genannten Betrags vorgesehen. Im Sommer 2021 legte Bürgermeister König dem Stadtparlament neue Zahlen zur Beschlussfassung vor. Darin vorgesehen: 1.897.211 Euro allein für einen ersten Bauabschnitt. Die Kosten eines zweiten Abschnitts waren da noch nicht enthalten und hätten sich – Stand Sommer 2022 – auf weitere 650.000 Euro belaufen.

Die städtischen Gremien taten sich mit einer Zustimmung trotz einer in Aussicht gestellten Förderung von 95 Prozent schwer und es wurde nach Argumenten gesucht, um das Kostenvolumen noch nachvollziehbar zu machen. Technische Anforderungen oder Baunebenkosten etwa waren solche Begründungen. Das Regierungspräsidium erinnerte die Stadt jedoch daran, dass sie zur Offenlegung des Winkelbachs verpflichtet sei, damit war die Entscheidung gefallen.

Ein Rückzug der Stadt Kronberg hätte gegebenenfalls große baurechtliche Konsequenzen nach sich gezogen.

Die Kosten für den Winkelbach sind aus dem Ruder gelaufen.
Foto: Privat



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