Wohnzimmer, soziale Anlaufstelle, Spiel- und Spaßgelegenheit – das Jugendzentrum in Oberhöchstadt ist eine „echte Perle“

Britta Markloff und River Exner beim Spiel mit einer „Stammbesucherin“ des „Juze Ohö“ v.l.n.r.Fotos: Göllner

Oberhöchstadt (mg) – Am Sportfeld Hausnummer 3 unterhalb der Sportplätze und dem Haus Altkönig steht in Oberhöchstadt am Hang - etwas von der Straße abgelegen - ein Haus, das es „in sich hat“. Die Bandbreite an Aktivitäten und Emotionen ist enorm groß, denn es handelt sich um das Jugendzentrum Oberhöchstadt, kurz auch „Juze“ genannt. Aus der Natur der Sache heraus entdeckt man dort einen Platz im Herzen vieler Kinder und Jugendlicher, die vor Ort ein Stück Struktur, Geborgenheit und Akzeptanz erfahren – eine Notwendigkeit, wenn man dabei ist, sich auch biologisch zu einem Erwachsenen zu entwickeln, mit jedem dazugehörigen Entwicklungsmoment, der zwangsläufig geschieht. Jugendzentren haben eine soziale Funktion, die bedauerlicherweise viel zu selten in der Gesellschaft wahrgenommen und wertgeschätzt wird. Womöglich passt es nicht in schwarz-weiß gemalte Weltbilder, dass es Orte geben muss und soll, die gesellschaftliche Defizite auffangen. Vielleicht passt es dem einen oder anderen elterlichen Ego nicht so recht, dass es einen Ort gibt, an dem sich Kinder und Jugendliche in der einen oder anderen Entwicklungsphase wohler fühlen als zu Hause. Eventuell sind Bezugspersonen, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage, sich ausreichend und angemessen um die jungen Mitglieder der Gesellschaft zu kümmern. Es ist ein guter Ort, das Juz Oberhöchstadt. Ein vertrauenserweckender, ein gemütlicher und auch ein schützender. Das spürt man mit dem ersten Schritt über die Türschwelle. Ein sehr großer Raum, mit Tageslicht durchflutet, wird unterteilt durch eine Sofa- und Sesselecke, einen großen Tisch zum Spielen, neben dem ein „Tischfußball“ steht, einen prominent platzierten Billardtisch als Blickfang und eine offene Küche mit einer Theke zum Unterhalten. Direkt neben dem Eingang befindet sich der „Gaming-Room“, ein Ort, der aus dem Alltag der aktuellen Jugend kaum mehr wegzudenken ist. Selbst zusammengestellte Personalcomputer stehen zur Verfügung, um Computerspiele zu „zocken“, und zwar in der dafür angemessenen Einrichtung und Beleuchtung. Viele der Jugendlichen können überhaupt nur auf diese Art und Weise an diesen durchaus mittlerweile kulturell etablierten jugendlichen Zeitgeist gelangen, da sich ihre Eltern einen „Gaming-PC“ schlichtweg nicht leisten können. Um 14 Uhr öffnet freitags das Juz, um 15.30 Uhr kommt an diesem Freitag die Redaktion zu Besuch. Es sind schon einige Kinder und Jugendliche vor Ort. Man hört den Stoß eines Queues an eine Billardkugel, an verschiedenen Ecken des wirklich „sehr großen Wohnzimmers“ beschäftigen sich Jugendliche mit sich selbst. An der Küchentheke wird erzählt und gelacht.

Gesprächspartner und Anlaufstelle

Aktuell steht und fällt der engagierte und soziale Tagesbetrieb, das bestehende Refugium für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ab der fünften Klasse bis etwa zum 22. Lebensjahr, mit den Mitarbeitenden River Exner, Alexander Brandt und David Seele, der zurzeit in seiner Rolle als Werkstudent neben den beiden Festangestellten in der Jugendeinrichtung tätig ist. Das Ganze steht unter der Leitung des Fachreferats 32, „Kinder und Jugend“, Britta Markloff, die seit dem Jahr 2022 für die Stadtverwaltung Kronberg arbeitet und zuvor über 20 Jahre in den Bereichen „Schule und Betreuung“ und „Kinder und Jugend“ beim Hochtaunuskreis leitend tätig war. Zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn arbeitete sie auch für viele Jahre „direkt an der Basis“ beim Evangelischen Jugendwerk. Tagesbetrieb trifft es nicht so ganz, denn auch in den Abendstunden bis 22 Uhr ist das Jugendzentrum Oberhöchstadt geöffnet. Das bedeutet mehr als Arbeit. Überzeugung, Haltung und Leidenschaft für den eigenen Beruf als sozialarbeitende Person sind Voraussetzung. So verkörpert es auch Diplom-Sozialpädagoge Alexander Brandt, dem auch niederschwellige Angebote für Gesellschaftspolitisches leidenschaftich am Herzen liegen. Am Tisch sitzt er mit zwei Kindern und spielt ein Brettspiel. Brandt liefert eine Struktur, lässt beiden Mitspielenden gleichzeitig ihren Raum. Von links kommt ein Jugendlicher und fragt ihn etwas wegen des Billardspiels, ein wenig später ist seine Person gefragt, als es um das Thema „Ferienprogramm“ geht. Ständige Aufmerksamkeit und Zugewandtheit zu liefern, davon können seine Kollegin River Exner und er „ein Lied singen“.

Mobile Jugendarbeit

Neben den Tätigkeiten vor Ort im Jugendzentrum mit dem E-Bike durch Kronberger Straßen und Gegenden zu fahren oder beispielsweise einmal pro Woche mit einem Stand in der Altkönigschule vor Ort zu sein – das sind nur zwei Beispiele, die aufzeigen, dass in puncto Jugendarbeit „der Berg auch zum Propheten“ kommen muss, um Erfolg zu haben. Nicht jede und jeder Jugendliche weiß um die Existenz des „Juze Ohö“ oder es ist nicht vertraut genug, und so schwingen sich River Exner und Alexander Brandt auch häufig auf das E-Bike und fahren die Stellen und Ecken wie den Victoria-Park der ihnen gut bekannten Kommune am Taunushang ab, die in Frage kommen, um Jugendlichen ein Angebot zu machen, das sie annehmen dürfen, gleichzeitig nicht müssen. Gewiss sind nicht alle Kinder und Jugendlichen zu erreichen, gleichzeitig kann das auch nicht der Ansatz von Jugendpflege sein. „Hilfe zur Selbsthilfe“ ist nach wie vor die Prämisse in der Jugendarbeit. Oftmals ein schmaler Grat, der jedoch stets beschritten werden muss. „Beziehung existiert hier zwischen Augenhöhe und Autorität. Natürlich wird auch mal „Mist gebaut“, aber dann sagt man uns gleichzeitig Bescheid, ein wichtiger Vertrauensmoment.“, formuliert es die studierte Erziehungswissenschaftlerin und „Koordinationsstelle für alles Mögliche“ River Exner. „Schwarze Löcher soll es im Juze“ nicht geben“, ergänzt sie.

Zielgruppe

Ein 11-jähriger Junge und ein 13-jähriges Mädchen antworten, während sie weiterhin am Tisch sitzend ein Brettspiel verfolgen, auf die Frage der Redaktion, warum sie denn hier seien: „Man ist nicht so oft am Handy, kann sich hier zurückziehen – auch mal ausruhen.“ Draußen spielen junge Erwachsene Basketball und kommen ab und zu herein, um etwas zu trinken. Zwei in etwa 16-Jährige sitzen an der Küchentheke und lassen sich ein Eis aus dem „Juze-Kühlschrank“ schmecken. Ein Vorgang wie „zu Hause“. Diese Atmosphäre entsteht nicht automatisch, sondern muss geschaffen werden. Das gelingt River Exner und Alexander Brandt auf erstaunlich subtile Art und Weise bei gleichzeitiger permanenter Bereitschaft, auch proaktiv zu gestalten. Dazu gehört auch, dass Exner und Brandt ihre „Belegschaft“ kennen. Sie wissen oft mehr über die schulischen und außerschulischen Themen und Probleme, die die Kinder und Jugendlichen mit ins Jugendzentrum bringen. So wird auch bei Hausaufgaben unterstützt oder auch bei Vorbereitungen für Arbeiten, die anstehen. Auch Berufs- und Ausbildungsberatung kann ein Themenfeld sein, das bedient wird. In letzter Konsequenz kann jedes Thema zumindest angesprochen werden. Unterstützung findet so weit möglich dann statt. Die Werkstatt des Jugendzentrums, in der auch mal Schwerter und Schilde gebaut und gebastelt werden, Gitarrenworkshops, Halloweenpartys, Weihnachtsfeiern, einmal im Jahr eine Übernachtung im „Juze“ am Ende der Sommerferien, die Produktion von „Bubble-Tea“ – all das sind weitere Dinge, die das Jugendzentrum auch neben dem „normalen Betrieb“ anbietet und damit einen kreativen Rahmen für die Entwicklung von Persönlichkeit in einem ohnehin nicht ganz leichten Abschnitt des Lebens für Kinder und Jugendliche ermöglicht. Ergänzt wird die Praxis-Agenda des „Juze“ durch sogenannte „Juz-Meetings“. Dort kommen kontinuierlich die Betreuenden mit den Besuchenden zusammen, um über die jeweiligen Bedürnisse und Thematiken der Jugendlichen zu sprechen, kurzum,sich produktiv auszutauschen.

Social-Media-Kanäle

Es steht außer Frage, dass die Jugendarbeit ebenso in den ab und an gar nicht mal so sehr sozialen Netzwerken wie Instagram, TikTok und Facebook unterwegs sein muss; schließlich sind das die Kommunikationsfelder, auf denen die Zielgruppe „herumtollt“, sich Informationen beschafft und auch miteinander kommuniziert. „Kommt alle vorbei, es gibt Eis“ sind Aufrufe auf dem Instagramprofil des „Juze“, die sehr schnell digital viral gehen und rasche Kommunikation innerhalb von Minuten ermöglichen. Ganz klassisch digital kann man jedoch mit sämtlichen Fragen und Anliegen, die „man“ so hat, auch jederzeit eine „old school“-E-Mail an juz[at]kronberg[dot]de senden, und wer es richtig „historisch“ schätzt, ruft einfach unter der Telefonnummer auf dem tatsächlich noch existierenden Festnetz unter 06173-323751 an.

Ferien, Ausflüge und Öffnungszeiten

Die Belegschaft und Leitung des Jugendzentrums der Stadt Kronberg in Oberhöchstadt bietet auch jenseits des „klassischen Betriebs“ vieles andere an, beispielsweise auch ein „Himmelfahrtswochenende“ vom 9. bis 12. Mai. Übernachtet wird in der Jugendherberge Büdingen. Maximal 14 junge Menschen im Alter zwischen 14 und 23 Jahren können teilnehmen. Auf der Agenda stehen unter anderem Lagerfeuer, Walderkundung, eine Nachtwanderung und „erlebte Geschichte“ beim Besuch der Ronneburg und der „Keltenwelt“. Weitere Informationen hierzu können direkt beim Team des „Juze“ erfragt oder bei der Stadt Kronberg über die zuvor genannten Kommunikationskanäle in Erfahrung gebracht werden. Während der aktuellen Osterferien findet auch ein buntes Programm im Jugendzentrum vor Ort selbst statt. Vom 25. bis 28. März lag der Fokus auf dem Brettspiel „Die Siedler von Catan“, den Höhepunkt hierzu gibt es am 10. und 11. April mit einem passenden Turnier. Weiterhin wird ein Graffitiworkshop mit einem professionellen Künstler angeboten, und vom 8. bis 13. April findet die „OneShotWeek“ statt.

Während dieses Zeitraums wird täglich ein anderes „Fantasy-Rollenspiel“ angeboten („Pen & Paper“). Geöffnet wird montags bis donnerstags zwischen 13.30 Uhr und 21.30 Uhr und freitags von 14 bis 22 Uhr. Von Karfreitag bis Ostermontag durften die Menschen, die das „Juze“ am Laufen halten, auch mal „verschnaufen“ – in diesem Zeitraum war geschlossen. Die regulären Öffnungszeiten im „Juze“ jenseits von Ferienprogrammen sind grundsätzlich montags bis donnerstags zwischen 14 und 20 Uhr und freitags bis samstags von 14 bis 21.30 Uhr.

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