Wo Kühe noch Namen haben und Schweine sich sauwohl fühlen – Neuer Stall ist bald bezugsfertig

Oberhöchstadt
(hmz) – Im Hofladen der Familie Hildmann ist der Bau des neuen „Stalls“ in der verlängerten „Schneithohl“ schon länger ein Gesprächsthema. Jetzt, kurz vor der Fertigstellung, lohnte sich ein kleiner Rundgang durch die beiden Hallen, die nach den heutigen Erfordernissen artgerechter Tierhaltung errichtet wurden. Jungbauer Steffen Hildmann, gerade einmal 24 Jahre alt, hat sich durch den Dschungel gesetzlicher Auflagen, Verordnungen und Bestimmungen gearbeitet und hält ein großes Fachwissen über seinen Beruf als Landwirt vor. Er weiß um die Verantwortung für diesen konventionellen Betrieb, den er zusammen mit seinen Eltern, Anette und Thomas Hildmann, und mit der Unterstützung seiner Schwester Laura weiter ausbaut. Er wird den Hof in die Zukunft führen und dafür „braucht es eine hohe Bereitschaft, auf eine geregelte Arbeitszeit zu verzichten“, so Steffen Hildmann. Die Nutztierhaltung ist durch wachsende Kritik an der Massentierhaltung in den Fokus der Gesellschaft gerückt und auch kleinere Betriebe bleiben bei diesem Thema nicht außen vor. Steffen Hildmann ist Bauer in der vierten Generation, sein Urgroßvater Josef vermachte seinem Sohn, Karl-Josef Hildmann, den Hof, der dann wiederum auf dessen Sohn Thomas überging. Der Umzug der Schweine und Rinder aus den Ställen im Ortskern von Oberhöchstadt soll Anfang des kommenden Jahres abgeschlossen sein. Die acht Mutterkühe und ihre Kälber stehen bereits übergangsweise in der sogenannten „Miste“, bis sie in ihre neue Behausung einziehen können. „Die alten Ställe mit unseren Tieren wurden jahrelang von vielen Kindern besucht. Die direkte Begegnung war wie Unterricht auf unserem Bauernhof. Das alles fällt jetzt weg“, bedauert Anette Hildmann. Sie hat allerdings schon Pläne, was stattdessen künftig hier Platz finden soll.

Zweckbau für Agrartechnik

Das Areal „In der Schneithohl“ mit den beiden bereits seit 30 und 15 Jahren bestehenden Hallen ist nun also um die beiden Neubauten erweitert worden. In einem davon sind die Futtersilos und die gesamte Agrartechnik untergebracht: Traktoren, Transportfahrzeuge und Anbaugeräte, die für einen modernen Ackerbau unerlässlich sind. Seit Jahren befindet sich auch die Landtechnik in einem immer schneller fortschreitenden Wandel. „Wir haben uns darauf eingestellt und produzieren unser Futter, zum Beispiel für unsere 1.000 Hühner, in eigenem Anbau und wir mischen es auch selbst. Überschüsse liefern wir an eine Getreidemühle“, so Steffen Hildmann. Es werde auch Gras zugefüttert, das überwiegend von Naturschutzwiesen stamme. Das Problem: Die Erträge auf Naturschutzwiesen würden inzwischen gegen null gehen, weil den Böden seit 25 Jahren laut Naturschutzverordnung keine Nährstoffe wie Mineralien und Phosphor mehr zugeführt werden dürften. Die Folge: Giftige Pflanzen wie Jakobskreuzkraut und Wasser-Greiskraut breiten sich aus. Zusätzliche Probleme seien der Hundekot auf den Wiesen und natürlich auch die Trockenheit. „Wenn wir das Gras mähen, müssen wir die Giftpflanzen aussortieren, eine mühsame Arbeit“, so der Jungbauer. Insgesamt 60 Hektar Wiese – davon sind 30 Hektar Naturschutzwiesen – und weitere 89 Hektar Ackerfläche werden von den Hildmanns bewirtschaftet und abgeerntet. Das alles in einer fünfgliedrigen Ackerbaukultur, das heißt, ein erforderlicher Anbau von mindestens fünf Hauptfruchtarten auf der Ackerfläche des Betriebes. Ziel dabei sei natürlich auch, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf ein Minimum zu reduzieren. Übrigens: Vor der Mahd im Frühjahr werden mit der Unterstützung von Jägern die Wiesen nach abgelegten Rehkitzen mithilfe einer Drohne abgesucht.

Artgerechte Haltung

Mit der Umsetzung des Stallkonzeptes und des Neubaus hat die Familie Hildmann einen Fachmann betraut, der alle erforderlichen Standards berücksichtigt hat. Etwa ein gutes Stallklima, „das maßgebend für das Wohlbefinden der Tiere ist“. So sei besonders auf eine gute Luftzirkulation und möglichst viel einfallendes Tageslicht geachtet worden. Um einer Überhitzung vorzubeugen, sei der Stall an der Vorder- und Rückseite offen. „Hier werden lediglich Windschutznetze angebracht, die, je nach Witterung, flexibel geöffnet und geschlossen werden können. Auch der Dachfirst des Stalls ist offen und sorgt damit für noch mehr Tageslicht und Luftabzug“, erklärt Steffen Hildmann. Zur Stalleinrichtung gehören auch sogenannte Fressgitter: Während der Nahrungsaufnahme werden sie mit einfachen Nackenriegeln verschlossen. Dies ermöglicht die individuelle Futterzuteilung. Auch der Wasserbedarf muss jederzeit und in ausreichendem Maße gedeckt werden können.

Die Rinder hätten großzügige Laufflächen zur Verfügung, um deren Bewegungsdrang gerecht zu werden. Und sie könnten in den Außenbereich auf die angrenzende Wiese wechseln. Auch sei eine ausreichend große Liegefläche vorhanden: Pro Kuh seien es sechs Quadratmeter, bei einer Mutterkuh acht. „Uns ist ein besonders schonender Umgang mit angehenden Mutterkühen und deren Nachwuchs wichtig“, so Anette Hildmann. Zu den natürlichen Verhaltensweisen von Kühen gehöre es, dass sie sich vor der Geburt von der Herde absondern wollen. Um dies auch im Stall zu ermöglichen, sei ein gesonderter Bereich vorgesehen. Für die Kälber stehe ein weiterer abgetrennter Bereich im Stall zur Verfügung – der sogenannte Kälberschlupf. Zu diesem haben nur die Kälber ohne die Mütter eine Zugangsmöglichkeit. Die Rinder stehen auf einer ausreichend hohen Stroheindeckung und die Entmistung „muss nicht wie jetzt mühsam mit der Hand erfolgen, sondern auch das geht mit Hilfe der Technik viel leichter“.

Den Rindern gegenüber werden im Laufe der Zeit 80 Schweine in artgerechten Boxen eine neue Behausung finden. Auch sie werden mit entsprechend großer Bewegungsfreiheit gehalten, damit sie sich im wahrsten Sinne des Wortes „sauwohl“ fühlen können.

Besonders Anette Hildmann hat zu den Tieren ein enges Verhältnis, viele tragen einen Namen und eine Kuh liegt ihr besonders am Herzen, die auf dem Hof fast schon ihr „Gnadenbrot“ erhält. Wenn eines ihrer Tiere geschlachtet wird, ist das jedes Mal ein kleiner Abschied für sie. Der Trost: Bis zu dem Tag X „ist es unseren Tieren gut gegangen. Das wissen unsere Kunden und Kundinnen, wenn sie in unseren Hofladen kommen. Wir waren schon auf das Tierwohl bedacht, da war das Wort noch nicht in aller Munde“, so Anette Hildmann. Der Stall-Neubau und eine Idee davon, wie es sich mit der artgerechten Tierhaltung verhält, wird sicher noch Gesprächsstoff im „Hofladen“ werden und im kommenden Frühjahr wird sich der eine oder andere auch ein persönliches Bild machen können. Der Hildmann-Hof ist auf dem Weg zu einem Ausbildungsbetrieb und Interessenten haben sich bereits gemeldet.

In der sogenannten „Miste“ sind die Mutterkühe vorübergehend untergebracht.

Im kommenden Frühjahr ist der neue Stall bezugsfertig. Fotos: privat

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