„Die neue Völkerwanderung“ – Prinz Asserate stellte sein neues Buch vor

Nach der Vorstellung seines Buches „Die neue Völkerwanderung“ signierte Prinz Asfa-Wossen Asserate im Foyer des Altkönig-Stifts seine Bücher. Foto: Wittkopf

Oberhöchstadt (pf) – Bereits zum zweiten Mal war Prinz Asfa-Wossen Asserate, Großneffe des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie und Sohn des letzten Präsidenten des kaiserlichen Kronrates Oberst Leul Ras (Herzog) Asserate Kassa, am Dienstag vergangener Woche zu Gast im Altkönig-Stift. Bei seinem ersten Besuch las er aus seinem amüsanten Anekdotenbuch „Draußen nur Kännchen“, in dem er die deutsche Kaffeehaus- und Straßencafékultur aufs Korn nimmt. Dieses Mal stellte er sein im August vergangenen Jahres erschienenes Buch „Die neue Völkerwanderung: Wer Europa bewahren will, muss Afrika retten“ vor.

Ein ebenso ernstes wie aktuelles Thema, das nicht nur in Politik und Medien breiten Raum einnimmt, sondern auch viele Bewohnerinnen und Bewohner des Altkönig-Stifts veranlasste, ins Cafe-Restaurant des Stifts zu kommen, wo der in Frankfurt lebende Unternehmensberater, Bestsellerautor und politische Analyst mit seit 1974 deutscher Staatsbürgerschaft die Ursachen und Gründe darlegte, warum Tag für Tag 34 000 Menschen aus ihren Heimatländern flüchten, 24 in jeder Minute.

In Afrika sind dem Bericht des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen zufolge inzwischen über 4,4 Millionen Menschen, über die Hälfte von ihnen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, auf der Flucht. Das sind 20 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor, Tendenz steigend. Sie fliehen aus Angst um Leib und Leben, aufgrund persönlicher Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen, akuter Gewalt, aber auch aus Hunger und Armut.

Dabei stand in Ostafrika die Wiege der Menschheit. Im Afar-Gebiet im Norden Äthiopiens entdeckte ein äthiopischer Palöontologe 2001 das Skelett eines fast sechs Millionen Jahre alten Hominiden mit aufrechtem Gang. Der „homo sapiens“ entwickelte sich vor rund 200 000 Jahren. Vor rund 100 000 Jahren verließen die ersten Menschen Afrika und gerade einmal 40 000 Jahre ist es her, dass die Ersten von ihnen Europa erreichten. „Die Menschheit ist eine große Familie mit afrikanischen Wurzeln“, so drückte es Prinz Asfa-Wossen Asserate aus. „Auch wenn sich viele Europäer heute nicht mehr daran erinnern – sie haben alle einen afrikanischen ,Migrationshintergrund‘ “.

Als einen der Gründe für die neue afrikanische Völkerwanderung nannte der Autor die skandalöse europäische Agrarpolitik. Sie unterstützt mit beträchtlichen Subventionen die Landwirtschaft in den EU-Ländern, die ihrerseits ihre Überschüsse nach Afrika exportieren und dort die einheimische Landwirtschaft ruinieren. Das machte er am Beispiel Hähnchenfleisch deutlich. Während in Westafrika ein Bauer ein Kilo Hähnchenfleisch nicht unter 1,80 Euro produzieren und anbieten kann, werden die Geflügelreste aus Europa für weniger als die Hälfte auf den Märkten angeboten. Die Kleinbauern in Ghana, die Tomaten angebaut haben, wurden durch den Import preiswerten Tomatenmarks aus Italien arbeitslos. Heute arbeiten viele von ihnen als Flüchtlinge für einen Hungerlohn auf den Tomatenfeldern in Süditalien. „Sie sind Italiens neue Sklaven“, so drückte es Prinz Asfa-Wossen Asserate aus.

Das Konzept der Entwicklungshilfe nannte er trotz manch sinnvoller Projekte, insbesondere der Kirchen, total verfehlt. In vielen Ländern funktioniere sie nach dem Motto: „Ihr tut so, als würdet ihr uns helfen, wir tun so, als würden wir uns entwickeln.“ Dabei komme es darauf an, die Eigeninitiative in den afrikanischen Ländern zu fördern. Scharf kritisierte er die Politik Europas gegenüber den afrikanischen korrupten Gewaltherrschern und Diktatoren, die nur ihren eigenen Vorteil im Blick haben und ihre Völker unterdrücken und ausbeuten. Statt diese Machthaber zu hofieren, sollte Europa gute Regierungen fordern.

Und die Ausbildung der Frauen fördern, insbesondere auch hinsichtlich Gesundheit und Hygiene. Denn je länger eine Frau zur Schule geht, desto geringer sei später die Zahl ihrer Kinder. Derzeit bringt noch jede Frau in Afrika in ihrem Leben fünf bis sieben Kinder zur Welt. Die hohe Bevölkerungsvermehrung aber sei einer der Fluchtgründe. Außerdem das Ausbildungssystem in vielen afrikanischen Ländern. Dort gebe es ein akademisches Proletariat, denn nur rund fünf Prozent der Universitätsabsolventen bekämen später auch einen Job. Stattdessen sollte das in Deutschland so erfolgreiche duale Ausbildungssystem exportiert werden, denn in vielen afrikanischen Ländern gäbe es keine Handwerker.

„Wir Afrikaner müssen wieder Zuversicht in die eigene Stärke gewinnen und unser Schicksal selbst in die Hand nehmen, damit Afrika wieder ein Kontinent der Zukunft wird“, so schloss er seinen Vortrag. Und später beim Signieren seiner Bücher fügte er hinzu: „Ich setze meine Zuversicht in die Frauen.“ Im neugewählten Parlament in Äthiopien seien mehr als Hälfte der Abgeordneten weiblich. „Das gibt es in keinem Land in Europa.“



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